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Google sucht dich

Internet.- Google hat seine Suchmaschine radikal überarbeitet. Bisher sind die Neuerungen aber erst in den USA zu sehen. Wissenschaftsjournalist Marcus Schuler erklärt im Gespräch mit Manfred Kloiber, was die Suche mit Google persönlicher machen soll und wie die Änderungen bisher angekommen sind.

14.01.2012
    Manfred Kloiber: Google will die Suche persönlicher gestalten. Dazu hat das kalifornische Unternehmen diese Woche seine Suchmaschine einer radikalen Überarbeitung unterzogen. Herausgekommen ist ein Mix an gewohnten Suchergebnissen sowie persönlichen Informationen. Noch ist diese neue Funktionalität nur in den USA freigeschaltet, Marcus Schuler, aber viel Lob hat Google scheinbar nicht dafür erhalten?

    Marcus Schuler: Die Überarbeitung ist auch noch frisch. Ich glaube, man muss einfach noch ein Weilchen abwarten. Am Ende entscheiden natürlich die Nutzer. Auch die Internetwelt kann bisweilen sehr hysterisch sein. Das zeigte sich gerade diese Woche. Richtig ist: Die Kritik an den neuen Funktionalitäten in der Suchmaske fiel ungewöhnlich heftig aus. Sie kam von Datenschützern und von Konkurrenten wie Twitter gleichermaßen. Und die aus Sicht von Google vermutlich schlimmste Hiobsbotschaft traf erst vor wenigen Stunden ein: Vermutlich wird sich die amerikanische Wirtschaftsaufsicht mit der ganzen Geschichte beschäftigen und in sein Kartellverfahren, das ja läuft, gegen Google mit aufnehmen.

    Kloiber: Was hat denn das Suchmaschinenunternehmen so verändert, dass es so viele Reaktionen auslöst?

    Schuler: Search plus your world - Suche plus deine Welt - so heißt das Motto dieser Neuerung. Sprich: Google integriert in seine Suchergebnisse auch die Daten aus seinem noch jungen sozialen Netzwerk Google+, das ja erst Ende Juni vergangenen Jahres gestartet ist. Und ich glaube, die Funktionsweise kann man am einfachsten durch ein Beispiel erklären. Voraussetzung ist allerdings, dass man ein Google-Konto hat und im sozialen Netzwerk Google+ aktiv ist. Gibt man zum Beispiel die Worte "Urlaub” und "Australien” ein, dann werden einem nicht nur Links zu Reisebüros angezeigt, sondern relativ prominent weit oben eben auch Ergebnisse von meinen Freunden, mit denen ich im sozialen Netzwerk Google+ verbunden bin und die schon einmal Urlaub in Australien gemacht haben - wenn sie das natürlich auch entsprechend in Form von Einträgen in diesem Netzwerk hinterlassen haben.

    Kloiber: Und was wird konkret daran kritisiert?

    Schuler: Zum einen sagt der Kurznachrichtendienst Twitter, die Google-Ergebnisse verlören an Relevanz. Datenschützer wie Marc Rotenberg von der Verbraucherschutzorganisation Epic in Washington befürchten gar, dass auch private Daten, wie Fotos, Videos und bei Google+ hinterlassene Einträge versehentlich veröffentlicht werden könnten. Und Juristen sind der Ansicht - und ich glaube, das ist eigentlich das schwerwiegendste Argument, der schwerwiegendste Vorwurf - Google bevorzuge sein eigenes soziales Netzwerk, und zwar zu Ungunsten von vor allem Facebook und Twitter.

    Kloiber: Ist dieser Vorwurf stichhaltig? Facebook schottet sich ja auch sehr ab und mit Twitter hatte Google ein Abkommen über den Austausch von Daten.

    Schuler: Bei Facebook ist das so eine Sache. Das Unternehmen ist mit Microsoft verbunden, das wiederum mit Bing eine eigene Suchmaschine unterhält. Außerdem steht das größte soziale Netzwerk ja auch unter ständiger Beobachtung. Würde es sich für Google weiter öffnen, müsste es sich vermutlich wieder Vorwürfe von Datenschützern gefallen lassen, es gehe allzu freigiebig mit seinen Daten um. Und mit Twitter ist das so eine Sache: Da scheint nicht klar zu sein, wer den Vertrag über die Integration des Kurznachrichtendienstes in die Google-Suche im vergangenen Sommer hat auslaufen lassen. Da schieben sich beide Unternehmen den Schwarzen Peter gegenseitig zu.

    Kloiber: Welches Ziel verfolgt denn Larry Page, die Unternehmensführung von Google? Welche Strategie steckt dahinter?

    Schuler: Ich glaube – und das hat ja diese Woche am meisten verwundert: Es scheint wohl keine geheimen Beta-Tests gegeben zu haben. Denn dann wäre ein paar Tage vorher schon etwas nach außen gedrungen. Man hätte davon etwas erfahren. Gar nichts dergleichen ist dieses Mal passiert. Google versucht natürlich sein eigenes soziales Netzwerk, das jetzt auf geschätzt 62 Millionen Benutzer weltweit kommt, pushen zu wollen, in den Markt drücken zu wollen. Und es funktioniert natürlich jetzt so besser. Zum Vergleich: Facebook dürfte dieses Jahr vermutlich eine Milliarde Nutzer erreichen. In Mountain View weiß man, dass der nächste große Schritt beim Thema Suche "Personalisierbarkeit” lautet. Innerhalb von Facebook ist es Realität. Und deshalb zieht hier Google, vielleicht etwas brachial und überraschend, mit solch einer Funktionalität nach.

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