Archiv


Google und Co im Datensumpf

Suchmaschinen sind heute die unentbehrlichen Führer durch das Dickicht im Internet. Doch nicht nur ehrbare Inhalte gelangen sicher auf die Ergebnislisten, sondern auch Web-Fallen, auf denen Dialerprogramme und Viren lauern, oder etwa Jugend gefährdende Internetangebote. In Berlin trafen sich jetzt Mathematiker, Programmierer und Forscher, um Suchmaschinen effizienter und sicherer zu machen. Helfen soll dabei ein neuer Verhaltenskodex.

Von Jürgen Bischoff |
    Zwei Jahre lang hat sich der Leipziger Journalistikprofessor Marcell Machill im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung mit der Rolle von Suchmaschinen im Internet befasst. Als Ergebnis präsentierte er am Montag vergangener Woche auf der Fachtagung "Suchmaschinen: Neue Herausforderungen für die Medienpolitik" in Berlin einen Verhaltenskodex für die Suchmaschinenbetreiber. Das fünf Punkte umfassende Papier beinhaltet unter anderem die Forderung nach Familienfiltern gegen jugendgefährdende Inhalte, die Löschung von Verweisen auf Seiten, die gegen nationale Gesetze verstoßen, und die Forderung, dass Suchmaschinenbetreiber möglichst über die Kriterien für ihre Rankings aufklären.

    Auf der Berliner Tagung erläuterten Experten etwa, wie es kommt, dass zahlreiche Antifaschisten ihren Teil dazu beitrügen, wenn etwa bei der Suche nach dem Begriff "Nazi" regelmäßig die Homepage des bekannten amerikanischen Rechtsextremisten Gary Lauck an der Spitze der Ergebnisse von Google und Co erschienen. Grund dafür seien die speziellen Suchalgorithmen der Suchmaschinenbetreiber, die jeglichen Verweis auf eine Seite, den sie finden können, als Indiz für deren Relevanz werteten. Wer also in bester Absicht auf die Lauck-Seite als ein warnendes Beispiel verlinkt, trägt dazu bei, dass die Nazipropaganda erst recht auffällt. Dieser Effekt ist insbesondere gemeint, wenn Machills Papier die Transparenz der Ranking-Kriterien verlangt. Darüber hinaus werden die Ergebnisse auch von gutbezahlten Indexoptimierern manipuliert, die ihren Kunden einen möglichst weit vorn liegenden Treffer in den wichtigsten Suchmaschinen versprechen. Längst reichen da keine so genannten "Linkfarmen" mehr, um die Suchmaschinen zu überlisten. Die Methoden werden immer raffinierter. Suchmaschinenbetreiber und Indexoptimierer liefern sich ein Rennen wie Hase und Igel.

    Ein altbekanntes Problem liegt im Jugendschutz. Friedemann Schindler ist Leiter von www.jugendschutz.net, der gemeinsamen Stelle der Länder für Jugendschutz im Internet, organisatorisch angebunden an die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM):

    Es gibt traditionell Probleme bei Begrifflichkeiten, die von Kindern benutzt werden, die aber auch häufig von der Porno-Branche genutzt werden. Ein Begriff wie zum Beispiel "Spiele", der ist für Kinder wichtig, der wird aber häufig im Internet auch im Bereich von erotischen Spielen, Spielzeug, Toys präsentiert. Und wenn man danach sucht, stößt man häufig auch auf den Red Light District im Internet. Und da sind wir einfach daran interessiert, dass diese Trennung sauberer vollzogen wird.

    Es hat sich da schon sehr viel verbessert. Das zeigte Schindler anhand von Screenshots der Suchmaschinen aus dem Jahr 2000 und dem Jahr 2004 auf. Die Ergebnislisten der digitalen Helfer sind heutzutage nur noch selten mit Pornoangeboten auf den ersten Treffern verschmutzt. Anders dagegen die Seitenleisten der Suchmaschinen: trotz jugendfreier Suchergebnisse tummeln sich am Rand des Bildschirms die einschlägigen Anzeigen der Rotlichtindustrie. Umfassenden Schutz vor zweifelhaften Ergebnissen - darüber waren sich alle Teilnehmer der Tagung einig - den gibt es nicht und wird es nicht geben. Es komme darauf an, dass insbesondere die Suchalgorithmen verbessert werden, um Infomüll herauszufiltern. Letztlich war es aber erst einmal eine enttäuschende Zahl, mit der Professor Marcel Machill als Ergebnis seiner zweijährigen Forschungsarbeit aufwartete. Ganze vier Suchmaschinenbetreiber haben seinen Verhaltenscodex bisher unterschrieben, kleine Nischenanbieter, der bekannteste von ihnen vielleicht noch "Abacho.de". Die großen internationalen Suchmaschinen bleiben noch außen vor:

    Ich wünsche mir, dass auch die größeren Suchmaschinen sich einem solchen Verhaltenskodex anschließen können und erwarte da in nächster Zeit, dass sich die Suchmaschinenbetreiber zusammensetzen. Ich hoffe, dass sich dem auch große Anbieter wie Google und Lycos anschließen, denn die Sachen, die wir in diesem Kodex entwickelt haben, sind ja nicht irgendwelche exotischen Dinge, die nur in der Bundesrepublik Deutschland Gültigkeit besäßen.