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Gräueltaten in Syrien und Irak
"Die UNO wurde doch gegründet, um Verbrechen zu verhindern"

Hunger als Waffe in Syrien, Hinrichtungen im Irak, Morde im Jemen - der UNO-Sicherheitsrat hat über den Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten beraten. Die Ergebnisse sind mager: kein Beschluss, keine Resolution, nur eine öffentliche Aussprache. Und selbst der stellvertretende UNO-Generalsekretär gibt sich wenig optimistisch.

Von Georg Schwarte | 20.01.2016
    Ein Mann läuft durch eine Straße in der syrischen Stadt Duma, die voller Schutt ist.
    Ein Mann läuft durch eine Straße in der syrischen Stadt Duma, die voller Schutt ist. (picture alliance / dpa / Mohammed Badra)
    10. Juli Mossul, im Norden Iraks. IS-Kämpfer lassen die Bewohner eines Stadtteils antreten. Neun Menschen liegen auf der Straße. Werden vor den Augen der Einwohner von Bulldozern zerquetscht. 23. Juni. IS-Terroristen richten 16 Männer hin. Setzen sie in Autos und beschießen sie mit Granaten, versenken andere in Käfigen im Wasser, enthaupten den Rest mit Sprengstoffgürteln. Es reiche, selbst im Krieg gebe es Regeln, für deren Einhaltung wir sorgen müssen, ruft ein verzweifelter Jan Eliason im UN-Sicherheitsrat in New York. Der stellvertretende UN-Generalsekretär schlicht verzweifelt. "These crimes simply must stop and now!"
    Sicherheitsrat hört sich grauenhafte Berichte an
    19.000 Tote im Irak allein zwischen Januar 2014 und Oktober 2015. IS-Terroristen werfen Menschen, die sie für homosexuell halten, von hohen Gebäuden. Lassen Kinder ihre eigenen Eltern hinrichten. Der Irak einer, beileibe aber nicht der einzige Ort des Grauens. Jemen. 8000 Opfer. Zivilisten. Eveline Roijmanns von der Hilfsorganisation Oxfam sagt an den Sicherheitsrat gewandt: "Ihr habt Regeln aufgestellt. Jetzt sorgt doch dafür, dass sie eingehalten werden." Und sie zitiert eine jemenitische Mutter: "Enough blood, innocent people are dying daily and for what? In the name of what exactly?"
    Im Namen des Krieges. Es waren grauenhafte Berichte, die der Sicherheitsrat hörte. Berichte von Folter, Tod und Hunger. Menschenrechte? "Wo bitte ist die Unantastbarkeit des Lebens. Wo der Respekt für die Menschenwürde?", fragt eine ratlose amerikanische UN-Botschafterin Power die 67 anderen Botschafter, die vor und nach ihr redeten. Jemen, Burundi. Zentralafrikanische Republik, Südsudan. Und Syrien. Immer wieder Syrien. 15 Regionen dort belagert. Menschen werden ausgehungert. "Und das heute, im 21. Jahrhundert mit einer Waffe des Mittelalters. Belagerung", sagt Jan Eliason frustriert.
    Nur öffentliche Aussprache statt Resolution
    Erst am Freitag hatten Helfer im UN-Sicherheitsrat berichtet, wie Kinder, Jugendliche in Madaja in Syrien starben. Vor Hunger. Dort, wo der syrische UN-Botschafter zuvor ungerührt noch jeden Mangel und jede Not bestritten hatte. Madaja und elf andere Regionen. Belagert von Assad-Truppen, empört sich die amerikanische UN-Botschafterin: "12 von 15 Gegenden belagert von einem UN-Mitgliedstaat. Stellt Euch das vor. Die UN wurden doch mal gegründet, um solche Verbrechen zu verhindern."
    Kein Beschluss, keine Resolution. Eine öffentliche Aussprache war es, was der Sicherheitsrat zum Schutz der Zivilisten anzubieten hatte. Und den Rat der Botschafterin Power, sich vorzustellen, was es für Väter und Mütter heißt, wenn das eigene Kind verhungert, ohne dass man helfen kann: "Versetzt Euch in die Lage der Opfer." Draußen vor der Tür des Sicherheitsrates ein stellvertretender UN-Generalsekretär Eliason, der genau das versuchte. Er sagt: "Wir sind nicht die Regierung der Welt, aber wir haben alle Regeln auf dem Tisch." Die Mitgliederstaaten müssten sie nur anwenden. Man sieht ihm da an, dass er selbst nicht sonderlich optimistisch ist.