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Grafik direkt aufs Auge

Längst begleiten uns leistungsfähige Rechner in Auto, Bahn und Flugzeug und ermöglichen uns, lästige Wartezeiten produktiv zu nutzen. Doch richtig angenehm ist solche Arbeit unterwegs nicht, denn vor allem die viel zu kleinen oder dunklen LCD-Schirme machen das Lesen von PDA und Laptop meist zur Qual. Eine neue Idee aus den USA könnte das jedoch ändern.

Heinz Schmitz |
    "Nomad" heißt das System des amerikanischen Herstellers Microvision, mit dem Computerbilder in hoher Auflösung als virtuelles Bild direkt auf die Netzhaut projiziert werden. Wie einen Datenhelm trägt der Anwender das so genannte Head Up Displays (HUD) auf dem Kopf. Bislang erzeugten solche HUDs ihre Bilder zunächst auf einem Monitor oder einer Flüssigkristall-Anzeige, die dann über statische Spiegel ins Auge umgelenkt werden. Anders dagegen bei Nomad, erklärt Microvision Chef Rick Rutkowski: "Wir verwenden dazu einen Lichtstrahl und eine schnelle Ablenkeinheit. In Nomad wird der Lichtstrahl durch einen winzigen, beweglichen Spiegel aus Silizium abgelenkt und die Helligkeit dabei variiert." Ähnlich wie bei Fernsehröhren schreibt der Lichtstahl seine Abbildungen zeilenweise direkt auf die Sehzellen der Netzhaut. Allerdings liefern bei Nomad drei Dioden in den Grundfarben rot, grün und blau das Lichtsignal, das über Linsen auf den Spiegel gebündelt wird. Damit aber eine Auflösung von 800 mal 600 Bildpunkten erreicht wird, sind die Anforderungen an den Spiegel beträchtlich: "Der Spiegel bewegt sich sehr schnell. Um eine Super-VGA-Auflösung zu erreichen, schwingt er horizontal 19000 mal pro Sekunde. In vertikaler Richtung oszilliert er mit etwa 60 Schwingungen pro Sekunde. Nur so können wir die Qualität eines Displays erreichen", erläutert Rutkowski.

    Weil der Spiegel selbst halb durchlässig ist, kann der Benutzer auch weiterhin seine Umwelt wahrnehmen. Auf diese Weise können Mischbilder aus Computer und Realität erzeugt werden, die bei Navigationssystemen, computergestützten Wartungssystemen, in der Medizin oder der Logistik verwendet werden könnten. Die Anforderung an die Software, die bei zukünftigen Anwendungen das computergenerierte Bild mit der Umgebung zur Deckung bringen muss, sind allerdings immens. Eine weitere Besonderheit der Bauart sieht Rutkowski bei der störenden Wärmeentwicklung herkömmlicher Konzepte. So konsumieren die drei Leuchtdioden weniger Energie als ein LCD-Flüssigkristallbildschirm. Außerdem können im Gegensatz zu Nomad die einzelnen Pixel von LCD-Displays nicht beliebig verkleinert werden, wodurch ihre Auflösung stark eingeschränkt wird.

    Bislang waren Head Up Displays vor allem dem Einsatz in der Militärtechnik und hochprofessionellen, virtuellen Computerwelten vorbehalten. Allerdings steht der Markt für individuelle Anzeigesysteme noch in der Entwicklung. So sieht Rick Rutkowski eine Reihe von möglichen Anwendungen für Nomad: "Die ersten Anwendungen für Nomad gibt es in der Industrie, in der Medizin oder der Luftfahrt. Dabei können die Benutzer Informationen wahrnehmen, während ihre Hände anderweitig beschäftigt sind. Das erhöht die Qualität und die Sicherheit, mit der man seine Aufgaben erledigt." Während das US-Militär sowie einige Autohersteller bereits Interesse an dem kompakten Darstellungssystem zeigen, werden Privatanwender noch eine Weile auf Nomad warten müssen, denn erst hohe Stückzahlen werden das bislang einige Tausend US-Dollar teuere System in erschwingliche Dimensionen bringen.