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Graphen - ein Hauch von Kohlenstoff

Das Molekül dieser Woche heißt:Graphen, und wir erleben gerade einen Riesenhype um dieses Material, das aus nichts als Kohlenstoff besteht. Graphen ist hauchdünn und doch extrem reißfest, dicht gewebt und dennoch durchsichtig. Erst im vorigen Jahr erhielten die beiden gebürtigen Russen Andre Geim und Konstantin Novoselov den Physik-Nobelpreis für ihre Forschung über das neue Wundermolekül.

Von Volker Mrasek | 11.05.2011
    In vielen Labors wird mittlerweile mit Graphen gearbeitet. So auch in dem von Experimentalphysikern an der Universität Köln.

    "Wir haben hier eine Ultrahochvakuumanlage. Ein rundes Edelstahlrohr, 30 Zentimeter Durchmesser. Da sind dann zum Teil so Sichtfenster, wie Bullaugen vom U-Boot."

    Tim Gerber, Doktorand am Institut, hat die Materialproben dadurch immer im Blick:

    "Wir können hier Graphen herstellen. Also, wir haben das Graphen schon hergestellt. Wir haben's nachträglich präpariert, indem wir Platin darauf gedampft haben. Man kriegt dann wohlangeordnete Häufchen von Platin-Atomen."

    Graphen ist gewissermaßen nur ein Hauch von Kohlenstoff. Thomas Michely, Professor für Experimentalphysik an der Kölner Uni:

    "Das Besondere am Graphen ist, dass es nur eine einatomar dicke Lage ist. Stellen Sie sich das vor wie Kaninchendraht. Und in jeder Ecke sitzt dann ein Kohlenstoff-Atom, das drei Ärmchen hat und sich mit den Nachbarn verbindet."

    Unsereiner denkt zunächst vielleicht an Graphit, wenn er von Graphen hört.

    "Nicht umsonst. Graphit entsteht, wenn man viele Lagen Graphen aufeinanderstapelt."

    Für einen Millimeter Graphit braucht es dabei drei Millionen Schichten Graphen.

    "Oder umgekehrt. Ein Produktionsverfahren für Graphen - das, was also auch Herr Geim und Herr Novoselov entwickelt haben - ist: Man zieht mit Tesa-Film einfach von einem Graphit-Kristall einige Lagen von Graphen ab. Und dann drückt man das mal auf eine Unterlage. Und dann hat man dann irgendwann eine einzelne Lage."

    Die Nobelpreisträger konnten außerdem zeigen, dass Graphen interessante Eigenschaften als Stromleiter besitzt.

    "Sie sind in der Lage, sozusagen den Strom in dieser atomar dünnen Schicht zu steuern. Und das gibt dann 'ne Perspektive auch Richtung Elektronik."

    "Wenn ich so einen Touchscreen habe, dann muss dieser Touchscreen immer eine transparente leitfähige Elektrode haben, um zu funktionieren. Auch bei einem Flachbildschirm sind transparente leitfähige Elektroden im Einsatz."

    "Die werden zurzeit aus Indium-Zinnoxid gemacht. Ein sehr teures Material. Wenn ich da eine atomare Lage Graphen hinmachen kann, dann ist das wunderbar. Kohlenstoff ist billig."

    "Und es gibt ein Forscherteam bei der Firma Samsung, die bereits gezeigt haben, dass also Graphen auch großflächig als Elektrode verwendet werden kann. Und die Firma IBM beispielsweise, die bauen bereits Höchstfrequenz-Transistoren auf Basis von Graphen."

    Breite praktische Anwendungen für das Molekül mit der Kaninchendraht-Struktur sind damit bereits in Reichweite. Vielleicht werden wir über Graphen als Elektronik-Material bald so selbstverständlich sprechen wie über Silizium.

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    Deutschlandfunk-Reihe zum UN-Jahr der Chemie 2011