Zeppeline sind imposante Luftschiffe. Sie fliegen nicht, sondern fahren durch die Lüfte ähnlich wie ein Kreuzfahrtschiff. In den 1930er-Jahren boten sie eine Alternative zur Schiffsreise, um nach Amerika zu kommen. Sie waren Meisterwerke der Ingenieurskunst, Luxusliner für Wohlhabende - und im Dritten Reich auch ein Propagandamittel für die Nazis. Ein Zeppelin ist mit Wasserstoff gefüllt und damit leichter als die Elemente drumherum. Er schwebt am Himmel und sobald einer auftaucht wird er bestaunt.
Der Kölner Illustrator Thorwald Spangenberg hat eine lange Leidenschaft für Zeppeline. Sie waren das Thema seiner Diplomarbeit und nun erzählt er die Geschichte des Zeppelins Hindenburg. Gemeinsam mit dem Autor Stephan Martin Meyer ist ein Sachbilderbuch entstanden im Stil der Graphic Novel. Es gibt Text, Illustrationen und Grafiken.
"Die Graphic Novel Ebene ist die Geschichte des Jungen. Natürlich gibt es auch Text da drunter. Aber an den Stellen, an denen die Graphic Novel vorkommt, liegt der Fluss der Geschichte auf dem Bild und nicht so sehr auf dem Text. Die nächste Ebene sind die Illustrationen, die auch ganz viel Gefühl vermitteln sollen, die Größe der Hindenburg, die Wärme eines Sonnenuntergangs über New York, diese Begeisterung auch, die Werner Franz für New York hat und das dritte sind die technischen Zeichnungen, die fast eine reine Erklärfunktion haben."
Kabinenjunge auf einem Zeppelin
Die Bleistiftzeichnungen, mit einem Stich ins Dunkelbraune wirken altertümlich, die Figuren sind reduziert dargestellt, die Räume des Luftschiffs zeigen das mit dem Inventar der 30er-Jahre. Der 14-jährige Werner Franz bewirbt sich auf die Stelle des Kabinenjungen. Eine kleine Figur steht vor einem riesigen Schreibtisch des Kapitäns. Man sieht, dass sich der Junge klein und ängstlich fühlt. Er ist noch jung, hat gerade die achte Klasse beendet und muss arbeiten, um seine Eltern finanziell zu unterstützen. Als er die Stelle bekommt, geht sein Traum in Erfüllung.
Aber Franz ist auch abenteuerlustig. Gemeinsam mit seinem Freund Wilhelm erkundet der Junge das Innere des Zeppelins. Infografiken vermitteln das Wissen zu Technik und Aufbau eines Zeppelins. Als die Hindenburg abhebt, sieht man die Reisenden, im Stil der 30er-Jahre gekleidet, mit blassen Farben koloriert. Mit der Gouache-Technik fließen die Farben ineinander, sie leuchten nicht. Dadurch wirkt alles altertümlich, auch das Stadtbild, aus dem sich das imposante Luftschiff erhebt, ist in Brauntönen gehalten. Es sind nostalgisch anmutende Illustrationen, die die Kunst der Zeit zitieren. Sie erinnern an den populären amerikanischen Maler und Illustrator Norman Rockwell. Seine Illustrationen wurden zu Propagandazwecken im Zweiten Weltkrieg genutzt.
"Ich habe Vorbilder von Illustrationen aus der Zeit. Die sind natürlich schon anders. Norman Rockwell hat in den 30ern gewirkt. Es gibt andere, die auch mit Gouache gearbeitet haben oder auch mit Ölfarben, je nachdem. Das ist das eine. Zum anderen interessiere ich mich natürlich auch für die Plakate aus der Zeit, daher auch dann die Farbigkeit. Und auch Fotografie ist durchaus interessant. Zu sehen, wie haben Fotografen damals Dinge inszeniert. Also da habe ich versucht, ganz breit zu gucken und tatsächlich sind meine Vorbilder auch aus dieser Zeit."
Der eigentliche Protagonist des Buches: der Zeppelin
Im Gegensatz zu den blassen Illustrationen leuchtet der Zeppelin silbern und glänzend. Er wirkt imposant und riesig. Hellrot leuchtet die Sonne und weiß strahlt der Lichteinfall auf das riesige Luftschiff mit der silbernen Aluminiumhaut. Durch Farbe und Größe wird der Zeppelin zum eigentlichen Protagonisten des Buches.
"Die Silberfläche der Hindenburg war die größte Herausforderung an dem ganzen Buch für mich. Weil man natürlich nicht mit Silber malen kann, wenn man Gouache-Technik benutzt. Das kann man nicht auf den Scanner legen und dann in Photoshop weiter verarbeiten und an den Verlag schicken. Da kommt einfach grau raus. Ich musste mir Gedanken darüber machen, von wo kommt die Sonne, von wo kommt das Licht."
Das Sachbilderbuch "Mit dem Zeppelin nach New York" von Stephan Martin Meyer und Thorwald Spangenberg entstand unter anderen in Zusammenarbeit mit dem Zeppelin Museum Friedrichshafen. Das umfangreiche Bildmaterial sowie Literatur und technische Pläne hat der Illustrator Thorwald Spangenberg optimal genutzt. Seine Grafiken im Buch geben detailgenaue Einblicke zur Konstruktion und Ausstattung des 250 Meter langen Luftschiffes. Darüber hinaus informieren Infokästen über die Geschichte des Zeppelins.
Die Hindenburg war das Aushängeschild der Nazis. Sie war Transport- und Propagandamittel. Hakenkreuze mit einer Länge von neun Metern schmückten damals die Flügel. Goebbels hatte Großes mit dem Zeppelin vor. Die Transatlantikroute von Frankfurt nach New York sollte in Sache Geschwindigkeit alle Rekorde brechen. Der Absturz der Hindenburg war nicht nur für die Passagiere ein Drama, es ging auch der Stolz einer ganzen Nation zugrunde.
"Die nationalsozialistische Propaganda in dem Buch wird beiläufig erzählt, um einen Erzählanlass zu bieten - zum einen. Zum anderen war es natürlich für uns ein Thema, mit dem es schwierig war, umzugehen, an dem wir aber auch nicht vorbei konnten. Hätten wir es gemieden, hätten wir Geschichtsklitterung betrieben. Wir haben versucht, etwas Alltag aus dieser Zeit zu zeigen, es war ein 14-Jähriger. Es ging uns darum zu zeigen, wie fühlt sich das an, 14-jährig zu sein, wie fühlt sich das auch an, in dieser Zeit 14-jährig zu sein. Und hätten wir das Hakenkreuz, den Nationalsozialismus als ein so großes Thema aufgebaut, dann hätten wir diese Fragestellung zerstört."
Abenteuergeschichte vermittelt zudem umfangreiches Wissen
Getragen wird die Geschichte von den Emotionen des Kabinenjungen Werner Franz. Er führt durch eine gelungen erzählte Abenteuergeschichte, in der zugleich umfangreiches Wissen vermittelt wird. Hier ist ein bemerkenswertes Sachbilderbuch entstanden.