Anfang der 90er-Jahren hatte eine Gruppe junger, radikaler Autoren - Jorge Volpi, Ignacio Padilla und Eloy Urroz - die literarische Bewegung Crack gegründet, die sich, wie Jorge Volpi erklärt, vom magischen Realismus abgrenzt und urban und global sein will.
"Wir haben als Crack stets gefordert: Ein lateinamerikanischer Schriftsteller sollte über alle möglichen Themen schreiben können, ohne dass der Ort von Belang wäre. Ich habe mehrere Bücher über Mexiko geschrieben, doch auch solche, die überhaupt nichts mit Mexiko zu tun haben."
Jorge Volpi gelang 1999 der internationale Durchbruch mit "Das Klingsor-Paradox", einem packenden Roman über die Atomforschung im Dritten Reich und Atomphysiker wie Werner von Heisenberg, Otto Hahn und Niels Bohr.
"Ich bin ein großer Verfechter der Wissenschaft, um die man nicht herumkommt, wenn man den Menschen und seine Kultur verstehen will. Die Kultur muss auch eine wissenschaftliche Kultur sein. Daher spielt in dem Roman 'Das Klingsor-Paradox' die Physik eine wichtige Rolle."
"Das Klingsor-Paradox" ist der erste Band einer breit angelegten Romantrilogie
über die prägenden Ereignisse des 20. Jahrhunderts. Der zweite, 2004 erschienene Band "Elfin de la locura" blieb unübersetzt, im Gegensatz zum letzten Band der Trilogie "Zeit der Asche", der dieses Jahr erschien.
"Hier geht es um zwei verschiedene wissenschaftliche Fachgebiete: Ökonomie und Entwicklungsbiologie. Und obwohl der Erzähler vorgibt, von der Biologie nichts zu halten, analysiert er im Verlauf des Romans die Ereignisse rigoros aus einer biologischen Perspektive, als ob der Mensch von egoistischen Genen beherrscht würde."
In "Zeit der Asche" wird aus der Sicht von drei Frauen - einer russischen Biologin, einer ungarischen Informatikingenieurin und einer nordamerikanischen, für den Internationalen Währungsfonds tätigen Wirtschaftswissenschaftlerin - das 20. Jahrhundert ins Blickfeld gerückt, mit dem Weitwinkelobjektiv, im Schnelldurchgang: 1929 Börsenkrach in New York und Weltwirtschaftskrise, 1985 Reaktorunfall in Tschernobyl, 1989 Berliner Mauerfall und der Zerfall der Sowjetunion, wirtschaftliche Strukturanpassungsmaßnahmen im Kongo und in Mexiko, Krieg zwischen Palästina und Israel, die Entschlüsselung der DNS, die Vermarktung der Gentechnologie, Umweltbewegung und Globalisierungsgegner et cetera.
Wie man das alles in einen Roman packt? Indem man auf Tiefenschärfe verzichtet, das große Ganze im Auge behält und sich nicht sonderlich um die psychologische Ausgestaltung der Romanfiguren kümmert.
Ähnlich ambitioniert und allumfassend ist der posthum erschienene Roman 2666 des chilenischen Schriftstellers Roberto Bolano. Der hatte in den 70er-Jahren in Mexiko im Exil gelebt, den Roman jedoch in Spanien geschrieben. Bei seinen Reflexionen über das Böse war er ausführlich auf die Frauenmorde in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez eingegangen. Namentlich erwähnte Bolano in 2666 seinen engen Freund, den Schriftsteller Sergio González Rodríguez. Der hatte in den 90er-Jahren für die Zeitung "Reforma" über die brutalen Frauenmorde geschrieben, denen überwiegend junge Frauen zum Opfer fallen, die in Billiglohnfabriken arbeiten. Diese Artikel sind die Grundlage seines 2001 erschienenen Romans "Huesos en el desierto"/ "Knochen in der Wüste".
Neben Gabriel Trujillo Munoz, Elmer Mendoza, Daniel Sada und Eduardo Antonio Parra zählt Sergio González Rodriguez zu der in Grenzstädten wie Ciudad Juárez, Tijuana oder El Paso entstandenen "Narcoliteratur". In der geht es um einflussreiche Drogenkartelle, illegale Waffenschieber, institutionalisierte Korruption und Gewalt, ohne den bluttriefenden Realismus billiger Krimis, wie der Schriftsteller David Toscana betont.
"Eduardo Antonio Parra ist ein ungewöhnlicher, kraftvoller Erzähler, der zwar viel über Gewalt schreibt, jedoch für die Gewalt eine literarische Sprache schuf, kein purer Realismus mit jeder Menge Blut."
Diesseits und jenseits der 3500 Kilometer langen Grenze zwischen Mexiko und den
USA entsteht gegenwärtig eine quicklebendige, fantasievolle Literatur über Migration,
die vom ungebrochenen Glauben ans Erzählen lebt. Dazu gehören Romane wie Salvador Plascencias "Menschen aus Papier" oder Maria Amparo Escandóns "Gonzalez und Tochter, Trucking Company", ein umwerfend komischer Roman über eine Vater-Tochter-Beziehung.
Joaquín González war Professor für Literatur an der UNAM in Mexiko-Stadt, bis er sich infolge der 68er-Studentenunruhen in die USA absetzte, Lastwagenfahrer wurde und nach dem Tod seiner Ehefrau mit seiner Tochter Libertad kreuz und quer durch die USA tourte, wobei er Liberdad mit spannenden Erzählungen bei Laune hielt. Später wird Liberdad im Frauengefängnis von Mexikali - dort sitzt sie in Untersuchungshaft wegen des Verdachts fahrlässiger Tötung - ihre Mitinsassinnen zum Erzählen ihrer Lebensgeschichten animieren. Und da geht es um Liebe und Enttäuschung, Drogenschmuggel und Gewalt.
Elena Poniatowskas Chroniken sind ein Seismograf der politischen Entwicklung Mexikos. "Amanecer en el Zocalo" ("Erwachen auf dem Zocalo") nannte sie eine 2007 erschienene Chronik über die massiven Proteste auf dem Zocalo von Mexiko-Stadt, wo Anhänger von López Obrador, dem nur knapp unterlegenen Präsidentschaftskandidaten der Linken, eine Neuauszählung der Stimmzettel forderten. Seit "Die Nacht von Tlatelolco", international viel beachteten Chroniken über die brutale Repression der Studentenbewegung im Oktober 1968, zählt Elena Poniatowska zu den Autoren, die unerbittlich soziale und politische Missstände kritisieren.
"Von der UNAM sind viele soziale Bewegungen ausgegangen.1994 haben Jugendliche von dort aus die ersten Brigaden nach Chiapas geschickt und den Subcomandante Marcos unterstützt. Die Zapatisten haben lang und breit über die elf Millionen Indígenas diskutiert, die man in unserem Land völlig übersieht und die unter unmenschlichen Bedingungen leben. Das war ganz wichtig. Unser Land ist heute politisierter als früher. Meines Erachtens ist da etwas ganz Wichtiges am Entstehen, eine Art ziviler Widerstand, der intelligenter, stärker, ja sogar viel couragierter als die mexikanische Revolution ist."
Im Sog der politischen Proteste der Indios in Chiapas und Oaxaca wurde auch die indigene Literatur Mexikos sichtbarer. Juan Gregorio Regino ist der Vorsitzende des indigenen Schriftstellerverbandes, in dem sich all die Autoren zusammengeschlossen haben, die in einer der über sechzig indigenen Sprachen Mexikos wie Zapotekisch, Triqui, Maya et cetera schreiben. Juan Gregorio Regino verfasst seine von der Kosmovision der Indios inspirierten Gedichte auf Mazatekisch und übersetzt sie selbst ins Spanische.
"Wir sind heute zweisprachig und brauchen uns nicht mehr zu schämen, ganz im Gegenteil. Wir sind im Begriff, uns intellektuell zu dekolonisieren und auf eine ganze neue Art mit dem Eigenen und dem Fremden zu leben."
"Los puentes de Königsberg"/ "Die Königsberger Brücken" hat David Toscana - er wurde 1961 in Monterrey geboren und war 2003 DAAD-Stipendiat - seinen vor kurzem erschienenen Roman genannt, der zwar im mexikanischen Monterrey angesiedelt ist, jedoch vom ostpreußischen Königsberg handelt.
"Nachdem ich schon ein bisschen Deutsch konnte, habe ich entdeckt, dass Monterrey ins Deutsche übersetzt Königsberg heißt. Daher habe ich versucht, diese beiden Städte gefühlsmäßig miteinander zu verbinden, obwohl sie anscheinend nichts miteinander zu tun haben. Ich habe mir einen Roman ausgedacht, der im Zweiten Weltkrieg spielt. Königsberg hat mich auch deshalb interessiert, weil diese Stadt total zerstört, einem anderen Land mit einer anderen Sprache zugeschlagen wurde und ein grässliches Monument des Kommunismus war. Meine Romanfiguren halten es mit Kant und verlassen ihren Heimatort nie. Falls sie doch einmal auf Reisen gehen, nach Paris oder wie hier nach Königsberg, dann nur in ihrer Vorstellung. Der Roman spielt durchweg in Monterrey, allerdings glauben sie in ihrem Wahn und in ihrer geistigen Verwirrung, an einem anderen Ort, das heißt in Königsberg, zu sein, über den Adolf-Hitler-Platz zu gehen. Ich versuche in diesem Roman, den Zeitgeist wiederzugeben, Meines Erachtens muss der Roman die unbequemen Orte der Geschichte aufsuchen, das kann Mexiko im Jahr 1968 sein oder Deutschland zwischen 1939 und 1945 oder die kommunistische Sowjetunion. Der Roman ist für mich nach wie vor das Territorium des unbequemen Ortes."
Bibliografie:
Roberto Bolano: 2666
München, Hanser, 2009
Mario Bellatin: Damas chinas
Anagrama, Barcelona, 2006
Maria Amparo Escandón: González und Tochter, Trucking Company
Edition Köln, 2009
Guillermo Fadanelli: Das andere Gesicht Rock Hudsons
Berlin, 2007
Carlos Fuentes: Alle glücklichen Familien
Frankfurt, 2008
Carlos Fuentes: La voluntad y la fortuna
Madrid, 2008
Cristina Rivera Garza: Nadie me verá llorar
Barcelona, 1999
Cristina Rivera Garza: Lo que la muerte me da
Barcelona, 2008
Margot Glantz: Genealogías
Valencia, 2006
Heiderose Hack-Bouillet: Nezahualcóyotl, Blumen und Gesänge,
Leben und Werk eines mexikanischen Dichterkönigs des 15. Jahrhunderts
Scaneg Verlag, München, 2005
Angeles Maestretta: Ehemänner
Frankfurt, 2009
Elmer Mendoza: Efecto Tequila
Barcelona, 2001
Ignacio Padilla: Schatten ohne Namen
Stuttgart, 2008
Sergio Pitol: Die Kunst der Flucht
Berlin, 2007
Salvador Plascencia: Menschen aus Papier
Hamburg, 2009
Eduardo Antonio Parra: Parábolas del silencio
Mexiko, 2007
Elena Poniatowska: Amanecer en el Zocálo
Mexiko, 2007
Sergio González Rodriguez: Huesos en el desierto
Barcelona, 2001
Juan Gregorio Regino: No es eterna la muerte
Mexiko, 1993
Juan Rulfo: Pedro Páramo
München, 2008
Daniel Sada: Casi nunca
Barcelona, 2008
David Toscana: El último lector
Mexiko, 2004
David Toscana: Los puentes de Königsberg
Mexiko, 2009
Jorge Volpi: Das Klingsor-Paradox
Stuttgart, 2001
Jorge Volpi: Zeit der Asche
Stuttgart, 2009
Jorge Volpi: El jardin desvastado
Mexiko, 2008
Jorge Volpi: Mentiras contagiosas
Mexiko, 2008
Jorge Volpi: El insomnio de Bolivar
Mexiko, 2009
"Wir haben als Crack stets gefordert: Ein lateinamerikanischer Schriftsteller sollte über alle möglichen Themen schreiben können, ohne dass der Ort von Belang wäre. Ich habe mehrere Bücher über Mexiko geschrieben, doch auch solche, die überhaupt nichts mit Mexiko zu tun haben."
Jorge Volpi gelang 1999 der internationale Durchbruch mit "Das Klingsor-Paradox", einem packenden Roman über die Atomforschung im Dritten Reich und Atomphysiker wie Werner von Heisenberg, Otto Hahn und Niels Bohr.
"Ich bin ein großer Verfechter der Wissenschaft, um die man nicht herumkommt, wenn man den Menschen und seine Kultur verstehen will. Die Kultur muss auch eine wissenschaftliche Kultur sein. Daher spielt in dem Roman 'Das Klingsor-Paradox' die Physik eine wichtige Rolle."
"Das Klingsor-Paradox" ist der erste Band einer breit angelegten Romantrilogie
über die prägenden Ereignisse des 20. Jahrhunderts. Der zweite, 2004 erschienene Band "Elfin de la locura" blieb unübersetzt, im Gegensatz zum letzten Band der Trilogie "Zeit der Asche", der dieses Jahr erschien.
"Hier geht es um zwei verschiedene wissenschaftliche Fachgebiete: Ökonomie und Entwicklungsbiologie. Und obwohl der Erzähler vorgibt, von der Biologie nichts zu halten, analysiert er im Verlauf des Romans die Ereignisse rigoros aus einer biologischen Perspektive, als ob der Mensch von egoistischen Genen beherrscht würde."
In "Zeit der Asche" wird aus der Sicht von drei Frauen - einer russischen Biologin, einer ungarischen Informatikingenieurin und einer nordamerikanischen, für den Internationalen Währungsfonds tätigen Wirtschaftswissenschaftlerin - das 20. Jahrhundert ins Blickfeld gerückt, mit dem Weitwinkelobjektiv, im Schnelldurchgang: 1929 Börsenkrach in New York und Weltwirtschaftskrise, 1985 Reaktorunfall in Tschernobyl, 1989 Berliner Mauerfall und der Zerfall der Sowjetunion, wirtschaftliche Strukturanpassungsmaßnahmen im Kongo und in Mexiko, Krieg zwischen Palästina und Israel, die Entschlüsselung der DNS, die Vermarktung der Gentechnologie, Umweltbewegung und Globalisierungsgegner et cetera.
Wie man das alles in einen Roman packt? Indem man auf Tiefenschärfe verzichtet, das große Ganze im Auge behält und sich nicht sonderlich um die psychologische Ausgestaltung der Romanfiguren kümmert.
Ähnlich ambitioniert und allumfassend ist der posthum erschienene Roman 2666 des chilenischen Schriftstellers Roberto Bolano. Der hatte in den 70er-Jahren in Mexiko im Exil gelebt, den Roman jedoch in Spanien geschrieben. Bei seinen Reflexionen über das Böse war er ausführlich auf die Frauenmorde in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez eingegangen. Namentlich erwähnte Bolano in 2666 seinen engen Freund, den Schriftsteller Sergio González Rodríguez. Der hatte in den 90er-Jahren für die Zeitung "Reforma" über die brutalen Frauenmorde geschrieben, denen überwiegend junge Frauen zum Opfer fallen, die in Billiglohnfabriken arbeiten. Diese Artikel sind die Grundlage seines 2001 erschienenen Romans "Huesos en el desierto"/ "Knochen in der Wüste".
Neben Gabriel Trujillo Munoz, Elmer Mendoza, Daniel Sada und Eduardo Antonio Parra zählt Sergio González Rodriguez zu der in Grenzstädten wie Ciudad Juárez, Tijuana oder El Paso entstandenen "Narcoliteratur". In der geht es um einflussreiche Drogenkartelle, illegale Waffenschieber, institutionalisierte Korruption und Gewalt, ohne den bluttriefenden Realismus billiger Krimis, wie der Schriftsteller David Toscana betont.
"Eduardo Antonio Parra ist ein ungewöhnlicher, kraftvoller Erzähler, der zwar viel über Gewalt schreibt, jedoch für die Gewalt eine literarische Sprache schuf, kein purer Realismus mit jeder Menge Blut."
Diesseits und jenseits der 3500 Kilometer langen Grenze zwischen Mexiko und den
USA entsteht gegenwärtig eine quicklebendige, fantasievolle Literatur über Migration,
die vom ungebrochenen Glauben ans Erzählen lebt. Dazu gehören Romane wie Salvador Plascencias "Menschen aus Papier" oder Maria Amparo Escandóns "Gonzalez und Tochter, Trucking Company", ein umwerfend komischer Roman über eine Vater-Tochter-Beziehung.
Joaquín González war Professor für Literatur an der UNAM in Mexiko-Stadt, bis er sich infolge der 68er-Studentenunruhen in die USA absetzte, Lastwagenfahrer wurde und nach dem Tod seiner Ehefrau mit seiner Tochter Libertad kreuz und quer durch die USA tourte, wobei er Liberdad mit spannenden Erzählungen bei Laune hielt. Später wird Liberdad im Frauengefängnis von Mexikali - dort sitzt sie in Untersuchungshaft wegen des Verdachts fahrlässiger Tötung - ihre Mitinsassinnen zum Erzählen ihrer Lebensgeschichten animieren. Und da geht es um Liebe und Enttäuschung, Drogenschmuggel und Gewalt.
Elena Poniatowskas Chroniken sind ein Seismograf der politischen Entwicklung Mexikos. "Amanecer en el Zocalo" ("Erwachen auf dem Zocalo") nannte sie eine 2007 erschienene Chronik über die massiven Proteste auf dem Zocalo von Mexiko-Stadt, wo Anhänger von López Obrador, dem nur knapp unterlegenen Präsidentschaftskandidaten der Linken, eine Neuauszählung der Stimmzettel forderten. Seit "Die Nacht von Tlatelolco", international viel beachteten Chroniken über die brutale Repression der Studentenbewegung im Oktober 1968, zählt Elena Poniatowska zu den Autoren, die unerbittlich soziale und politische Missstände kritisieren.
"Von der UNAM sind viele soziale Bewegungen ausgegangen.1994 haben Jugendliche von dort aus die ersten Brigaden nach Chiapas geschickt und den Subcomandante Marcos unterstützt. Die Zapatisten haben lang und breit über die elf Millionen Indígenas diskutiert, die man in unserem Land völlig übersieht und die unter unmenschlichen Bedingungen leben. Das war ganz wichtig. Unser Land ist heute politisierter als früher. Meines Erachtens ist da etwas ganz Wichtiges am Entstehen, eine Art ziviler Widerstand, der intelligenter, stärker, ja sogar viel couragierter als die mexikanische Revolution ist."
Im Sog der politischen Proteste der Indios in Chiapas und Oaxaca wurde auch die indigene Literatur Mexikos sichtbarer. Juan Gregorio Regino ist der Vorsitzende des indigenen Schriftstellerverbandes, in dem sich all die Autoren zusammengeschlossen haben, die in einer der über sechzig indigenen Sprachen Mexikos wie Zapotekisch, Triqui, Maya et cetera schreiben. Juan Gregorio Regino verfasst seine von der Kosmovision der Indios inspirierten Gedichte auf Mazatekisch und übersetzt sie selbst ins Spanische.
"Wir sind heute zweisprachig und brauchen uns nicht mehr zu schämen, ganz im Gegenteil. Wir sind im Begriff, uns intellektuell zu dekolonisieren und auf eine ganze neue Art mit dem Eigenen und dem Fremden zu leben."
"Los puentes de Königsberg"/ "Die Königsberger Brücken" hat David Toscana - er wurde 1961 in Monterrey geboren und war 2003 DAAD-Stipendiat - seinen vor kurzem erschienenen Roman genannt, der zwar im mexikanischen Monterrey angesiedelt ist, jedoch vom ostpreußischen Königsberg handelt.
"Nachdem ich schon ein bisschen Deutsch konnte, habe ich entdeckt, dass Monterrey ins Deutsche übersetzt Königsberg heißt. Daher habe ich versucht, diese beiden Städte gefühlsmäßig miteinander zu verbinden, obwohl sie anscheinend nichts miteinander zu tun haben. Ich habe mir einen Roman ausgedacht, der im Zweiten Weltkrieg spielt. Königsberg hat mich auch deshalb interessiert, weil diese Stadt total zerstört, einem anderen Land mit einer anderen Sprache zugeschlagen wurde und ein grässliches Monument des Kommunismus war. Meine Romanfiguren halten es mit Kant und verlassen ihren Heimatort nie. Falls sie doch einmal auf Reisen gehen, nach Paris oder wie hier nach Königsberg, dann nur in ihrer Vorstellung. Der Roman spielt durchweg in Monterrey, allerdings glauben sie in ihrem Wahn und in ihrer geistigen Verwirrung, an einem anderen Ort, das heißt in Königsberg, zu sein, über den Adolf-Hitler-Platz zu gehen. Ich versuche in diesem Roman, den Zeitgeist wiederzugeben, Meines Erachtens muss der Roman die unbequemen Orte der Geschichte aufsuchen, das kann Mexiko im Jahr 1968 sein oder Deutschland zwischen 1939 und 1945 oder die kommunistische Sowjetunion. Der Roman ist für mich nach wie vor das Territorium des unbequemen Ortes."
Bibliografie:
Roberto Bolano: 2666
München, Hanser, 2009
Mario Bellatin: Damas chinas
Anagrama, Barcelona, 2006
Maria Amparo Escandón: González und Tochter, Trucking Company
Edition Köln, 2009
Guillermo Fadanelli: Das andere Gesicht Rock Hudsons
Berlin, 2007
Carlos Fuentes: Alle glücklichen Familien
Frankfurt, 2008
Carlos Fuentes: La voluntad y la fortuna
Madrid, 2008
Cristina Rivera Garza: Nadie me verá llorar
Barcelona, 1999
Cristina Rivera Garza: Lo que la muerte me da
Barcelona, 2008
Margot Glantz: Genealogías
Valencia, 2006
Heiderose Hack-Bouillet: Nezahualcóyotl, Blumen und Gesänge,
Leben und Werk eines mexikanischen Dichterkönigs des 15. Jahrhunderts
Scaneg Verlag, München, 2005
Angeles Maestretta: Ehemänner
Frankfurt, 2009
Elmer Mendoza: Efecto Tequila
Barcelona, 2001
Ignacio Padilla: Schatten ohne Namen
Stuttgart, 2008
Sergio Pitol: Die Kunst der Flucht
Berlin, 2007
Salvador Plascencia: Menschen aus Papier
Hamburg, 2009
Eduardo Antonio Parra: Parábolas del silencio
Mexiko, 2007
Elena Poniatowska: Amanecer en el Zocálo
Mexiko, 2007
Sergio González Rodriguez: Huesos en el desierto
Barcelona, 2001
Juan Gregorio Regino: No es eterna la muerte
Mexiko, 1993
Juan Rulfo: Pedro Páramo
München, 2008
Daniel Sada: Casi nunca
Barcelona, 2008
David Toscana: El último lector
Mexiko, 2004
David Toscana: Los puentes de Königsberg
Mexiko, 2009
Jorge Volpi: Das Klingsor-Paradox
Stuttgart, 2001
Jorge Volpi: Zeit der Asche
Stuttgart, 2009
Jorge Volpi: El jardin desvastado
Mexiko, 2008
Jorge Volpi: Mentiras contagiosas
Mexiko, 2008
Jorge Volpi: El insomnio de Bolivar
Mexiko, 2009