Montag, 29. April 2024

Archiv

Grenzverkehr
Dänen kritisieren geplante Pkw-Maut in Deutschland

Gerade die steuergeplagten Dänen nutzen gerne die riesigen Grenz-Supermärkte auf der deutschen Seite, um günstig einzukaufen. Das könnte sich durch die geplante Pkw-Maut bald ändern. Sie stößt bei den Dänen auf fraktionsübergreifende Ablehnung.

Von Cornelius von Tiedemann | 08.07.2014
    Ein Hinweisschild für die Mautpflicht vor blauem Himmel.
    Die Pkw-Maut nur für Ausländer widerspräche den EU-Regularien, kritisiert FDM-Geschäftsführer Thomas Møller Thomsen. (Jens Büttner, dpa)
    Die dänischen Sommerferien sind in vollem Gange. Ein Campingwagen nach dem anderen rollt vorbei an Tankstellen, Hot-Dog-Buden, Souvenirgeschäften und den wenigen übrig gebliebenen Erotikläden im Grenzörtchen Krusau, einen Katzensprung nördlich von Flensburg. Erstes Etappenziel auf dem Weg nach Süden: Die riesigen Grenz-Supermärkte auf der deutschen Seite. Für die steuergeplagten Dänen ein Eldorado billiger Süßigkeiten und Bierdosen.
    Kaum etwas erinnert hier noch an die alte Schlagbaum-Grenze. Nur ein karger Parkplatz ist übrig. Auf dem hat Pernille Jensen mit ihrem Sohn und einer Freundin Campingstühle aufgebaut. Eine erste Rast in der Sonne auf dem Weg nach Deutschland.
    "Am Ende nur für Ausländer", fragt sie erstaunt. Das sei doch sehr kleinlich von den Deutschen. Wenn, dann sollten die Deutschen auch in Dänemark Maut bezahlen müssen. Sie selbst kommt von der Insel Fünen und fährt nur selten nach Deutschland. Die Ferienzeit nutzen sie und die Freundin jetzt zur Shoppingtour nach Flensburg und Kiel. Aber, sagt sie, wenn das bald extra kosten soll, würden sie das wohl nicht mehr machen.
    Parlamentarier in Kopenhagen sind sauer
    Das kleine Dänemark hat viele Parteien, die eigentlich nie einer Meinung sind. In der Maut-Frage aber herrscht ungewohnte Einigkeit - fraktionsübergreifend. Die Parlamentarier in Kopenhagen schimpfen. Sie sprechen von "kreativer Diskriminierung". Und die Europa-Abgeordnete der regierenden Sozialdemokraten, Christel Schaldemose, kommentiert aus Brüssel:
    "Eine Autobahnmaut nur für Ausländer gefällt mir gar nicht. Es ist in Ordnung, dass alle, die die Autobahn nutzen, auch zu ihrem Erhalt beitragen," sagt die studierte Historikerin, die selbst zwischen Brüssel und der Familie in Kopenhagen pendelt. Aber etwas einzuführen, das nur für Ausländer gilt, das bedeute, die Freizügigkeit einzugrenzen. Und da sei ihre Grenze. Schaldemose sitzt im Brüsseler Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz.
    Beim Binnenmarkt gehe es doch gerade darum, die Barrieren zwischen den Ländern abzubauen. Die deutschen Maut-Pläne aber würden das Gegenteil bewirken. Viele Dänen, sagt sie, würden sich dann zweimal überlegen, ob sie nach Deutschland fahren oder nicht.
    Sie werde weiterhin Druck auf die EU-Kommission ausüben, damit Dobrindts Pläne verhindert werden.
    "Ikke okay" - gar nicht in Ordnung, finden Dobrindts Pläne auch die meisten Camper an der Grenze bei Krusau. So richtig aufregen will sich hier aber am Ende keiner. Und der Mann, der mit Familie und Hund gerade aus dem Italienurlaub kommt, hat sogar ein bisschen Verständnis für den deutschen Verkehrsminister übrig:
    "Wir sind schon oft quer durch Deutschland bis runter nach Italien gefahren, an den Gardasee oder nach Venedig. Und wir sind ja nicht die Einzigen, die diese langen Fahrten machen und die Straßen abnutzen," sagt er. Vom Campingwagen nebenan kommt Protest.
    Maut nur für Ausländer widerspräche den EU-Regularien
    In Dänemark sei doch auch eine Maut im Gespräch gewesen, doch da habe es Proteste gegeben und es sei nichts draus geworden, sagt die Frau in den Fünfzigern. Für sie ist, wie für die Politiker, vor allem eines nicht einzusehen: Dass letztlich nur Ausländer mehr zahlen sollen.
    Eines ist sicher: Aus Dänemark würde sehr viel Geld in die deutsche Haushaltskasse gespült werden. Der Weg nach Europa führt durch Deutschland - und zwar ausschließlich. Alleine fast 2.000 Dänen fahren jeden Tag über die Grenze zur Arbeit nach Deutschland. Und der südliche Nachbar selbst ist inzwischen wieder ein beliebtes Reiseziel. Nur Spanien ist populärer, zeigen Zahlen der Forenede Danske Motorejer, FDM - dem dänischen Gegenstück zum ADAC. Der Verband weiß: Jeder zweite der knapp 5,5 Millionen Dänen fährt mindestens einmal im Jahr mit dem Auto nach oder durch Deutschland.
    Die Autobahnmaut nur für Ausländer widerspräche den EU-Regularien, kritisiert FDM-Geschäftsführer Thomas Møller Thomsen. Und er rechnet vor: Alleine durch die deutschen Kraftstoffsteuern würden die ausländischen Autofahrer doch schon jetzt doppelt so viel in den deutschen Haushalt einzahlen, wie die Kosten für den Straßenverschleiß hoch sind, den sie verursachen. Noch ist das Thema deutsche Autobahnmaut in Dänemark kein Aufreger. Doch das könnte sich schnell ändern: FDM ruft jetzt zu einer Unterschriftenaktion gegen die deutsche Maut auf.