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Greta Thunberg
Ist #HowDareYou das neue "I Have a Dream"?

"Wie könnt Ihr es wagen!" - auf englisch: "How dare You" - war der zentrale Satz Greta Thunbergs auf dem UNO-Klimagipfel gestern in New York. Er zieht sich wie ein Leitmotiv durch ihre Rede, vier Mal kommt er darin vor - und auf Twitter hat er eine weitere Karriere als Hashtag begonnen. Allein in Deutschland gibt es bis zum Nachmittag knapp 120.000 Tweets zu #HowDareYou.

    Wird das der neue Slogan der Klimaschutzbewegung? Zumindest setzt Thunberg diese drei kleinen Worte geschickt als rhetorisches Mittel ein, um ihrer Kritik an den Staats- und Regierungschefs Ausdruck zu verleihen. Vielen Menschen fallen Vergleiche zu ähnlich wirksamen Sätzen von Martin Luther King ("I have a dream.") oder Barack Obama ("Yes, we can.") ein. "Ein Satz, der Geschichte schreiben wird", ist sich deshalb das Magazin "Stern" ganz sicher.
    Inzwischen verlässt #HowDareYou schon seinen eigentlichen Kontext und wird ganz allgemein zum Ausdruck von Empörung (nicht nur) in Sachen Umweltschutz verwendet, hier etwa vom Linken-Vorsitzenden Bernd Riexinger, der sich über den VW-Diesel-Skandal empört:
    Wie stets ist Twitter aber auch wieder voll von kritischen und auch bösartigen Kommentaren zu Thunbergs Auftritt. Besonders viel Aufmerksamkeit erhielt US-Präsident Trump, der angesichts der während ihrer Rede mit den Tränen kämpfenden 16-Jährigen spottete: "Sie scheint ein glückliches junges Mädchen zu sein." Trumps Anhänger stimmten in diesen Tonfall ein, aber zahlreiche Kritiker zeigten sich empört. Diese Empörung ist vielleicht am besten zusammengefasst in dem Tweet der ehemaligen schottischen Unterhaus-Abgeordneten Kirsten Oswald: "Sie hat mehr Klasse in ihrem kleinen Finger ..."
    Die deutsche Satire-Seite "Der Postillon" twittert unter #HowDareYou: "Trotziges weinerliches Kind versucht Welt davon zu überzeugen, dass es keinen Klimawandel gibt" - und verlinkt zu einem satirischen Text über Trump, der bekanntlich aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen ist.
    Der "Postillon"-Text persifliert auch all die Tweets und sonstigen Äußerungen von Menschen, die sich an dem emotionalen Auftritt Thunbergs stören. In Deutschland hat in dieser Hinsicht das Magazin "Cicero" das meiste Aufsehen erregt, das fragt, ob die Aktivistin den Bezug zur Realität verloren habe.
    Eine Antwort darauf: "Ich würde (...) sagen, dass ihre Wahrnehmung in Bezug auf die globale Erwärmung ganz und gar nicht verzerrt, sondern sehr klar ist. Große Teile der Wissenschaft sehen das übrigens auch so."
    Kritische Worte gibt es auch im SWR, aber nicht gegen Greta Thunberg, sondern gegen die Medien und den weltweiten Hype um ihre Person:
    "Klimaschutz darf nicht davon abhängen, ob Greta Thunberg Tränen in den Augen hat. Die Medien sollten sie nicht wie einen Popstar, sondern wie eine junge, ernstzunehmende politische Aktivistin behandeln."