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Griechen zeigen sich in der Krise solidarisch

Im krisengeschüttelten Griechenland hat sich die Arbeitslosigkeit binnen eines Jahres fast verdoppelt. Doch es wächst auch die Solidarität: Dank einer Initiative der griechischen Arbeitsagentur OAED bekommen Arbeitslose jetzt Rabatt - beim Metzger, beim Buchhändler oder beim Frisör. Sogar Telefonkonzerne und Supermarktketten machen inzwischen mit.

Von Steffen Wurzel |
    "Sonderpreise für Arbeitslose" - ein Plakat mit dieser Aufschrift hängt gut sichtbar im Schaufenster einer Metzgerei im Athener Stadtteil Kipséli.

    Ein kleiner Verkaufsraum mit einer Theke und einem Regal mit Wurstspezialitäten. Die Metzgerei von Giorgios Mandalaras ist ein bescheidenes Geschäft. Der 42-jährige Giorgios macht mit seinem Laden zwar keine riesigen Gewinne, trotzdem ist er bei der Initiative "Sonderpreise für Arbeitslose" dabei.

    "Meine arbeitslosen Kunden zeigen mir ihren entsprechenden Ausweis und dann bekommen sie zehn Prozent Rabatt auf den kompletten Einkauf. Jedes Unternehmen kann ja selber entscheiden, wie viel es gibt. Und bei mir sind es eben zehn Prozent."

    Dank der Kampagne können inzwischen in ganz Griechenland Arbeitslose bei den unterschiedlichsten Firmen und Betrieben günstiger einkaufen oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Zehn Prozent Rabatt beim Metzger um die Ecke, 15 Prozent beim Buchhändler, 20 Prozent beim Friseur - das läppert sich. Sogar große Telefonkonzerne, Supermarktketten und Sprachschulen machen inzwischen mit. Der Arbeitslosen Filippos, Kunde von Giorgios, freut sich.

    "Eine super Sache! Jede Hilfe ist willkommen. Gerade jetzt, in Zeiten der Krise!"

    Was vor einigen Wochen klein angefangen hat, ist inzwischen zu einer großen Kampagne geworden. Ausgedacht hat sich das Ganze die griechische Arbeitsagentur OAED. Deren Präsident ist Ilias Kikilias.

    "Mehr als 1.000 Unternehmen und Läden im ganzen Land machen inzwischen mit. Sie bieten eine große Spanne von Produkten und Dienstleistungen billiger an. Und jedes Unternehmen kann selber entscheiden, was für Rabatte es genau anbieten will."

    "Das ist eine gute Art und Weise, wie ich Arbeitslosen konkret helfen kann," sagt der Athener Metzger Giorgios Mandalaras, "denn sie brauchen ja nicht nur Arbeit, sondern auch günstige Preise um über die Runden zu kommen. Deswegen ist das eine gute Sache, bei der wir gerne mitmachen."

    Das, was die Arbeitslosen durch die Aktion sparen, ist die eine Sache. Viel wichtiger dürfte die Symbolik sein, die dahinter steckt. Denn die Initiative sorgt bei vielen Betroffenen für das Gefühl, dass ihre Lage ernst genommen wird. Von der Regierung können Arbeitslose in Griechenland ohnehin nicht viel erwarten. Geld vom Staat gibt es nur für maximal ein Jahr, danach ist Schluss. Kein Wunder also, dass vielen Arbeitslosen in Griechenland hinten und vorne nicht reicht. So wie bei diesem Athener.

    "Auch, wenn man Dir zehn, 20 oder 50 Prozent Rabatt gibt - Du brauchst trotzdem Geld, um einzukaufen. Aber die Idee dieser Initiative, die ist natürlich sehr gut."

    Ilias Kikilias, der griechische Arbeitsagenturpräsident, sagt stolz, dass er inzwischen fast täglich Post von Menschen bekommt, die sich für die Rabattaktion bedanken.

    "Vor einigen Tagen kam diese Mail von Vicki: ‚Ich möchte ihnen Danke sagen für Ihre Initiative. Ich habe nicht erwartet, dass mir der Besuch des Fremdspracheninstituts so helfen würde. Sie denken tatsächlich an uns und deshalb danke ich Ihnen.'"

    Der Metzger Giorgios Mandalaras sagt, dass inzwischen jeder Fünfte seiner Kunden den Arbeitslosenrabatt bekommt. Er habe durch die Aktion sogar neue Stammkunden gewonnen. Und nicht nur die wissen die Initiative zu schätzen, sondern offensichtlich auch wildfremde Leute.

    "Es ist schon vorgekommen, dass Leute hier dem Motorrad vor mein Geschäft gefahren sind und reingerufen haben: ‚Hey! Tolle Sache, gute Idee!' Einer hat mir neulich zugerufen: ‚Hey, Großer! Super!' Immer wieder passieren solche lustigen Sachen."

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