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Griechenland
Der Tag der Entscheidung

Bis 18 Uhr sind die Wahllokale in Griechenland heute geöffnet, kurz danach wird es die ersten Prognosen geben. Dann wird sich zeigen, ob Alexis Tsipras und seine Syriza-Partei eine zweite Chance bekommen - oder ob die konservative Nea Dimokratia am Ende doch die Nase vorn hat.

Von Christian Buttkereit |
    Zu sehen sind Menschen an einer Wahlurne in Athen.
    Zur Parlamentswahl in Griechenland sind knapp zehn Millionen Wähler aufgerufen. (AFP / Aris Messinis)
    Seit sieben Uhr Ortszeit sind die Wahllokale geöffnet. Die Griechen werden bereits zum dritten Mal in diesem Jahr dorthin gerufen, zuerst für die Parlamentswahl im Januar, dann zum Referendum über die Sparauflagen Anfang Juli. Dementsprechend sind viele Griechen wahlmüde und können sich vorstellen, diesen schönen Spätsommertag anders zu verbringen. Deshalb wird erwartet, dass viele der knapp 10 Millionen Wahlberechtigten gar nicht wählen gehen. Andere sind extra früh ins Wahllokal gekommen, um den Tag noch gut nutzen zu können, so wie der 77-jährige Athener Rentner Yannis.
    "Ich hoffe, dass der am wenigsten nutzlose Politiker gewinnt, so dass er den geringstmöglichen Schaden für Griechenland anrichtet."
    Wen Yannis damit meint, sagt er nicht direkt. Sein 60jähriger Namensvetter Yannis Touliatos ist da eindeutiger:
    "Ich wünsche mir, dass Syriza das Mandat für vier Jahre bekommt. Dann sehen wir, was wirklich möglich ist."
    Kopf-an-Kopf-Rennen
    Im Umfragen lagen die beiden großen Parteien, das Linksbündnis Syriza und die konservative Nea Demokratia lange Zeit Kopf an Kopf. Am Ende gab es einen leichten Vorsprung für Syriza mit dem zurückgetretenen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras an der Spitze. Nach seiner nur siebenmonatigen Regierungszeit bat Tsipras bei seinem letzten Wahlkampfauftritt die Wähler um eine zweite Chance.
    "Worum es bei dieser Wahl geht ist: Kehrt das alte Regime zurück, das dieses Land 40 Jahre beherrscht und in die Verschuldung getrieben hat - oder wollen wir vorwärts gehen und uns von den Fesseln der Vergangenheit befreien".
    Nach Ansicht seines konservativen Kontrahenten Meimarakis hat Tsipras diese Chance nicht verdient. Er habe bei der letzten Parlamentswahl im Januar das Volk getäuscht und das Land dann mit falschen Entscheidungen in eine Katastrophe geführt.
    "Es ist an der Zeit, Schluss zu machen mit den Lügen. Das Experiment Syriza endet am 20. September."
    Koalitionsbildung wahrscheinlich
    Wer von beiden die Wahlen heute auch gewinnt - er wird kaum eine absolute Mehrheit erreichen, sondern auf einen oder vielleicht sogar mehrere Koalitionspartner angewiesen sein. Evangelis Meimarakis von der ND hatte Tsipras bereits im Wahlkampf eine große Koalition angeboten, Tsipras schloss das vehement aus. Die laut Umfragen drittstärkste Kraft, die Neonazi-Partei Goldene Morgenröte scheidet sowohl für Tsipras als auch für seinen konservativen Kontrahenten Meimarakis aus. Als wahrscheinliche Koalitionspartner gelten die Sozialisten von der Pasok und die liberale, europafreundliche Partei To Potami. Beide lagen in Umfragen zwischen vier und sechs Prozent. Tsipras vorheriger Koalitionspartner, die Partei Unabhängiger Griechen, muss befürchten, an der Dreiprozenthürde zu scheitern.
    Tsipras oder Meimarakis – dieser Mann, der am Morgen aus dem Wahllokal kommt und seinen Namen nicht nennen möchte, sieht diese Frage mit einer Mischung aus Gelassenheit und Resignation.
    "Es spielt doch keine Rolle, wer Premierminister wird. Ausschlaggebend sind doch andere."
    Kaum Spielraum für die nächste Regierung
    Tatsächlich wird die neue griechische Regierung nur wenig eigenen Spielraum haben. Die Reformauflagen im Zuge des dritten, 86 Milliarden Euro schweren Hilfspakets, dürften einen maßgeblichen Teil des künftigen Regierungsprogramms vorgeben. Sowohl das Linksbündnis Syriza als auch die konservative Nea Demokratia haben angekündigt, das Reformprogramm umsetzen und es lediglich in einigen Punkten etwas abzumildern. So gesehen, sagt der Athener Wirtschaftsprofessor Panagiotis Petrakis, gebe es durchaus Grund zur Zuversicht:

    "Egal wie die Wahlen ausgehen, am Ende wird es eine Regierung geben, die ein besseres Verhältnis zu den europäischen Partnern hat. Das ist der Grund, warum wir optimistisch sein können."
    Um 18 Uhr deutscher Zeit soll die erste Prognose vorliegen. Mit aussagekräftigen Hochrechnungen wird etwa zwei Stunden später gerechnet.