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Griechenland
Entschlossenheit bei Reformen erwartet

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, will von der griechischen Regierung weitere Reformtaten sehen. Bis Mitternacht hat Premier Alexis Tsipras Zeit, das Parlament von der zweiten Reformwelle zu überzeugen, zu der er von den internationalen Geldgebern und den EU-Staats- und Regierungschefs verpflichtet wurde.

Von Ralph Sina | 22.07.2015
    Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras
    Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras (dpa / picture alliance / Orestis Panagiotou)
    Aufmerksam und mit Erleichterung wurde in Brüssel, Washington und Frankfurt registriert, dass die griechische Regierung in dieser Woche nicht nur die aufgelaufenen Schulden beim Internationalen Währungsfonds und bei der Europäischen Zentralbank beglich. Auch die Tatsache, dass Regierungschef Tsipras - wie von den Geldgebern gefordert - bereits ein weiteres Reformgesetz ins Parlament eingebracht hat, kam gut an. Es entspricht der EU-Richtlinie zur Abwicklung von angeschlagenen Banken und legt fest, dass zuerst Aktionäre und Gläubiger herangezogen werden, bevor die angeschlagene Bank auf Kosten der Steuerzahler gerettet wird.
    Mehr Klarheit und weniger Ungewissheit. Das ist es, was sich IWF-Chefin Lagarde und die EU-Staats-und Regierungschefs von Tsipras wünschen. Und den Mut zu unpopulären Sofortmaßnahmen, um das Vertrauen der Geldgeber zurückzugewinnen. Beim neuen Bankengesetz sind dem griechischen Premier die Unterstützung des Parlaments und der Bevölkerung sicher, aber bei der Abschaffung der Frühpensionierung sowie bei der Streichung fast aller Steuervorteile für griechische Landwirte erheblicher Widerstand vorprogrammiert. Keineswegs gehörten diese Maßnahmen zur Liste der unverzüglichen Sofortmaßnahmen, behauptet die Sprecherin der griechischen Regierung. Und deswegen werde heute im Athener Parlament auch nicht über diese beiden Punkte abgestimmt.
    Neue Verzögerungstaktik befürchtet
    Das lässt nicht nur in der Finanzbranche, sondern auch bei der EU-Kommission und der Eurogruppe alle Alarmglocken läuten: Sie stellen sich die Frage, ob Athen schon wieder mit einer Reform-Verzögerungstaktik beginnt, kaum dass die EU einen Überbrückungskredit von mehr als sieben Milliarden Euro zur Begleichung der Schulden beim IWF und der Europäischen Zentralbank nach Athen überwiesen hat. Der ehemalige Finanzminister Yannis Varoufakis gab nun in einem CNN-Interview zu, man habe in der Vergangenheit Fehler gemacht - und für eine ganze Reihe dieser Fehler sei er selber verantwortlich.
    In Brüssel, Washington und Frankfurt hoffen jetzt die EU und die internationalen Griechenland-Geldgeber, dass Tsipras nicht erneut den Fehler macht, Reformen zu verschleppen. Ohne die gibt es kein 86-Milliarden-Kreditprogramm und keine dringend notwendige Erhöhung der Notkredite durch die Europäische Zentralbank.
    Auch eine baldige Schuldenerleichterung wäre ohne Reformen in weiter Ferne: Denn der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank machen sich zwar gleichmaßen stark dafür, aber Bundeskanzlerin Angela Merkel wird darüber erst diskutieren, wenn Athen mit Reformen überzeugt hat - und zwar vor allem mit unpopulären.