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Griechenland
Streit über Kontrolle der EU-Außengrenzen

Die meisten Staaten des Schengenraums sind sich einig. Die Grenzkontrollen sollen verlängert werden. Notfalls wäre dies bis zu zwei Jahre möglich und zwar dann, wenn schwerwiegende Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen festgestellt werden. Im Blickpunkt dabei steht Griechenland.

Von Thomas Otto | 27.01.2016
    Flüchtlinge fahren am 29.09.2015 mit einem Schlauchboot an einem Schiff der griechischen Küstenwache vorbei.
    Flüchtlinge fahren mit einem Schlauchboot an einem Schiff der griechischen Küstenwache vorbei. (dpa / picture alliance / Gregor Fischer)
    Nun hat es Griechenland Schwarz auf Weiß: Nach einem Bericht der EU-Kommission hat das Land seine Pflichten beim Schutz der EU-Außengrenze vernachlässigt. Es gebe ernsthafte Mängel, die Griechenland abstellen müsse, so Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis:
    "Der Bericht hält insbesondere fest, dass irreguläre Migranten nicht identifiziert und registriert werden. Fingerabdrücke werden nicht systematisch aufgenommen und Reisedokumente nicht überprüft und nach Einträgen im Schengener Informationssystem oder nationalen Datenbanken gesucht."
    Im Notfall Grenzen vorübergehend schließen
    Nun liegt es an die Mitgliedsstaaten, ob sie den Bericht annehmen – dafür ist keine Einstimmigkeit, sondern nur eine qualifizierte Mehrheit notwendig. Wenn das passiert, erhält Griechenland eine Frist von drei Monaten, die notwendigen Schritte zu ergreifen und seine EU-Außengrenze besser zu schützen.
    "Wenn keine Abhilfe geschaffen wird und die Verstöße weiter andauern, kann Artikel 26 des Schengen-Abkommens aktiviert werden. Dieser würde es Mitgliedsstaaten erlauben, ihre Grenzen vorübergehend zu schließen."
    Gegenseitige Schuldzuweisungen
    Das hieße Grenzkontrollen wieder einzuführen, wobei Griechenland nur über See- und Luftgrenzen zu anderen Schengenstaaten verfügt, da das angrenzende Bulgarien noch kein Land des Schengen-Raumes ist. Diese Grenzkontrollen könnten bis zu einer maximalen Dauer von zwei Jahren aufrechterhalten werden. Die Mitgliedsstaaten müssten darüber erneut mit qualifizierter Mehrheit abstimmen.
    Die heutige Entscheidung der Kommission steht in einer langen Reihe gegenseitiger Schuldzuweisungen. Erst am Montag hatten mehrere EU-Innenminister Griechenland ermahnt, es müsse, Zitat: "seine Hausaufgaben machen". Die Kritik, dass Griechenland keine Hilfe der EU annehmen wolle, hatte Athen im Dezember zurückgewiesen und geklagt, nicht genug Unterstützung der Grenzschutzagentur Frontex zu erhalten. Vizekommissionspräsident Dombrovskis betonte heute noch einmal:
    "Die Kommission hilft Griechenland, wo sie nur kann."
    Griechenlands Bitte nach materieller Hilfe, wie Feldbetten, Erste-Hilfe-Sets oder Decken, um damit Flüchtlinge zu versorgen, wurde nach Informationen der Kommission von den Mitgliedsstaaten bisher größtenteils ignoriert. Der von der Kommission verabschiedete Bericht wird vorerst nicht veröffentlicht. Zu möglichen Gründen dafür, dass Griechenland bisher nicht in der Lage ist, seine Grenzen entsprechend den EU-Regeln zu kontrollieren, äußerte sich die Kommission nicht.