Sonntag, 28. April 2024

Archiv


Griechenlands Marshallplan

Mit einer halben Milliarde Euro soll der griechische Wachstumsfonds nach Vorbild der deutschen KfW ausgestattet werden. Damit sollen Unternehmen leichter an Kredite kommen und somit der Mittelstand gestützt werden. Erste Kredite dürften in den Tourismus fließen.

Von Michael Braun | 17.07.2013
    Es gibt sie schon in Russland, Ungarn, Kroatien, auch in Portugal und Spanien: Förderbanken nach dem Vorbild der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau). Nun bringt Finanzminister Wolfgang Schäuble diesen Exportschlager auch nach Griechenland mit. Natürlich muss eine Förderbank für Griechenland an die Größe des Landes und an die aktuelle Lage angepasst sein. Es geht dabei nicht um eine Eins-zu-Eins-Kopie, nicht um einen zweistelligen Milliardenbetrag, mit dem die KfW in Deutschland als Eigenkapital operiert.

    Es geht zunächst um etwa eine halbe Milliarde Euro, mit dem ein Wachstumsfonds ausgestattet sein wird. Der soll, vielleicht um ihn vor einem möglichen zweiten Schuldenschnitt in Griechenland zu schützen, seinen Sitz in Luxemburg haben. Vor allem soll er ähnlich starten, wie die KfW gestartet ist, als Verwalterin des Marshallplans. Na, ja, zumindest so etwas Ähnliches entstehe jetzt für Griechenland, sagt Lutz-Christian Funke, Bereichsleiter Vorstandsstab bei der KfW:

    "Marshallplan für Griechenland ist vielleicht ein bisschen zu weit gegriffen. Aber es sind sicher einmal die Ansätze zu einem solchen Vorgehen. Was dort gemacht wird, ist, dass eine 'Institution für Wachstum’ geschaffen werden soll, die für bestimmte Mittel, die zur Verfügung stehen, sicherstellt, dass diese Mittel auch in Griechenland zweckentsprechend richtig in Wachstumsmärkte untergebracht werden können."

    Man darf vermuten, dass neben dem Willen zur Hilfe auch beabsichtigt ist, das Image Deutschlands in Griechenland zu verbessern. Die Merkel-Bilder mit dem Hitler-Bärtchen in griechischen Zeitungen sind noch in Erinnerung. Etwas präziser hatte Zissis Papadimitriou kürzlich die Wahrnehmung Deutschlands in Griechenland und überhaupt in Südeuropa formuliert. Papadimitriou ist Professor der Soziologie an der Universität in Thessaloniki:

    "Man ist empört über die Arroganz der deutschen Regierung, die den Eindruck erweckt, als ob sie die Krise in der EU ausnutzt, um den anderen Ländern ihren Willen aufzuoktroyieren."

    Mit dem Wachstumsfonds für Griechenland soll nun also der Reformdruck nicht weichen, aber ergänzt werden durch eine Wachstumsinitiative. KfW-Banker Funke:

    "Nun, in erster Linie geht es natürlich immer darum, den Mittelstand zu unterstützen. Griechenland hat sicherlich einen deutlich kleineren Mittelstand als Deutschland. Aber auch dort gilt es zum einen zu verhindern, dass Mittelstand, der existiert, zusammenbricht, und man ihn einfach durch diese Zeit lang auch hindurch bekommt. Und zum Zweiten gibt es gewisse Wachstumsmärkte, die natürlich analysiert sind, wo auch die dortigen Banken momentan noch zurückhaltend sind, weiter verstärkt zu investieren."

    Die griechischen Banken sind zwar rekapitalisiert, geben aber Kredit nur an die wenigen "ersten" Adressen. Alles andere würde ihr Eigenkapital zu stark belasten. In diese Lücke will der Fonds springen, in der Methodik ähnlich wie die KfW mit ihrem "Durchleitungsprinzip": Der Kunde bekommt den Kredit zwar vom Fonds, muss ihn aber bei seiner Bank beantragen. Der Fonds will sich also auf die Banken als Helfer und Kreditprüfer stützen, nicht auf staatliche Bürokratien.

    Erste Kredite dürften in den Tourismus fließen. Griechenland könnte, ähnlich wie in der Türkei geschehen, seine Feriengebiete auf Ganzjahresangebote umstellen, also etwa mit Wellness-Angeboten Geld verdienen, wenn es keine Sommersonne gibt. In der Exportwirtschaft könnten die Produzenten von Öl, Wein, Salz und landwirtschaftlichen Produkten Förderkredite erhalten.

    Die rund 500 Millionen Euro des Wachstumsfonds soll Griechenland selbst bestücken mit seinen Ansprüchen an den EU-Strukturfonds, EU-Länder wollen einzahlen, die KfW selbst dem Vernehmen nach etwa 100 Millionen Euro. Eine vergleichbare Summe wollen die Onassis-Stiftung und andere Einrichtungen reicher griechischer Reeder beibringen.