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Griechenlands Reformpläne
Varoufakis und die "produktive Undeutlichkeit"

Mit großer Mehrheit hat der Bundestag für eine Verlängerung der Griechenland-Hilfen gestimmt. Und die Regierung in Athen? Finanzminister Varoufakis verriet, welchen Tipp er von den Europartnern für die griechische Reformliste bekommen hat.

27.02.2015
    Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis.
    Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis. (AFP / Emmanuel Dunand)
    Man habe die eigenen Reformpläne absichtlich unbestimmt formuliert, sagte Varoufakis im griechischen im Fernsehen – und zwar in Abstimmung mit anderen Euroländern. Sonst würden sie nicht die notwendige Zustimmung der Parlamente der Euroländer erhalten, sagte er im griechischen Fernsehen. Er bezeichnete dieses Vorgehen als "produktive Undeutlichkeit".
    Vor der Einigung mit den Euroland-Partnern beim jüngsten Eurogruppen-Treffen in Brüssel habe er ein wichtiges Gespräch geführt, so Varoufakis. Mit wem genau, wollte er allerdings nicht verraten. Aber soviel, dass ihm dabei gesagt worden sei, das bisherige Ziel des griechischen Sparprogramms sei unrealistisch. Dieses sah vor, einen primären Haushaltsüberschuss von 4,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes zu erreichen. Um eine kleinere Zahl zu vermeiden, hätten die Finanzminister der anderen Eurostaaten nach Angaben von Varoufakis eine "unklare Umschreibung" vorgeschlagen. Dem habe er zugestimmt und so sei die Reformliste entstanden.
    Abstimmung im Bundestag
    Über die Verlängerung der EU-Hilfen für Griechenland hat heute der Bundestag abgestimmt. Das hochverschuldete Griechenland soll vier Monate mehr Zeit für die Umsetzung der vereinbarten Reformen bekommen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte zum Auftakt der Debatte, es gehe nicht um neue Milliarden.
    Abgestimmt wurde über eine Laufzeitverlängerung des bereits 2012 gebilligten Hilfspakets. Ohne Verlängerung liefe das Hilfsprogramm am 28. Februar aus. Und Geld gibt es ohnehin erst Ende Juni - wenn Griechenland bis dahin seine angekündigten Reformen auch umgesetzt hat.
    Konkret geht es um bislang zurückgehaltene Kredite über 5,4 Milliarden Euro aus dem laufenden Hilfspaket sowie 1,8 Milliarden Euro an Gewinnen, die die EZB mit dem Verkauf von griechischen Staatsanleihen erwirtschaftet hat. Hinzu kommen 10,9 Milliarden Euro, die ursprünglich für die Athener Banken eingeplant waren.
    Moscovici: Schritt für Schritt
    Der SPD-Bundesabgeordnete Carsten Schneider erklärte im DLF, warum er einer Verlängerung der Griechenland-Hilfen zustimmt: Er verlasse sich auf die schriftlichen Reformzusagen der griechischen Regierung. Der CDU-Abgeordnete Carsten Linnemann, der mit Nein stimmen will, bescheinigte der Währungsunion im DLF eine "falsche Konstruktion."
    EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sagte im DLF, man müsse nun "Schritt für Schritt vorgehen". Alle hätten ein Interesse daran, dass Griechenland in der Eurozone bleibe. Romano Prodi forderte Deutschland auf, seine Führungsrolle in Europa verantwortlicher auszuüben. Die USA hätten nach dem Zweiten Weltkrieg von Initiativen wie dem "Marshall-Plan" auch selbst profitiert, sagte der frühere Präsident der Europäischen Kommission im DLF. Das solle die Bundesregierung auch im Verhältnis zu Ländern wie Griechenland bedenken.
    (bor/nin)