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Griechenlands Universitäten
Mit Kooperationen besser studieren

Seit Griechenland Geld von EZB, IWF und Europäischer Kommission bekommt, entscheiden die Geldgeber mit über jeden Cent, der von der Regierung ausgegeben wird. Für die Forschung ist schon lange kein Geld mehr da. Das soll ich jetzt wieder ändern – mit deutscher Hilfe.

Von Viktoria Kleber | 26.06.2015
    Der Mülleimer ist kaum noch zu sehen. Um ihn herum türmen sich leere Wasserflaschen, Kekspackungen, Essensreste. Kaffee ist am Boden festgetrocknet. Seit 10 Monaten bleibt an der Universität Athen der Müll liegen, niemand macht mehr sauber. Die Putzfrauen sind den Einsparungen zum Opfer gefallen. In Fluren, in Vorlesungssälen, auf dem Klo – überall liegt Schmutz. Ioannis Zabetakis, Chemie-Professor, bezahlt aus eigener Tasche für die Reinigung seines Chemie-Labors. Ihm stinkt nicht nur das. Die Zustände sind katastrophal, das Budget immer kleiner.
    "Wir sprechen hier von 30 Prozent weniger Budget in den letzten drei Jahren. Jetzt unterrichten wir die gleiche Anzahl an Studenten, aber mit viel weniger Geld. Das führt nirgendwohin. Die Qualität der Lehre geht zurück. Viele Mitarbeiter gehen in Rente und werden nicht einmal ersetzt."
    Rund 85 Prozent der griechischen Topforscher leben im Ausland. Es sind die Arbeit und die schlechten Forschungsbedingungen, die sie wegtreiben. Derzeit werden nur 0,7 Prozent des griechischen Bruttosozialprodukts in die Forschung gesteckt. In Deutschland sind es 2,9 Prozent.
    Costas Fotakis, stellvertretender Forschungsminister kennt die Probleme seines Landes. Er ist renommierter Laserphysiker und will die Forschung wieder nach vorne bringen. Mit dem deutschen Bundesforschungsministerium hat er gerade eine deutsch-griechische Forschungskooperation eingefädelt – ursprünglich nur für 2014 und 2015 angedacht – jetzt bis 2018 verlängert. Mit 18 Millionen Euro fördert das deutsche Ministerium nun deutsch-griechische Projekte in Informationstechnologie, Bioökonomie, Energie und Photonik. Und Fotakis will noch mehr:
    "Ich denke wir brauchen noch mehr Kooperationen: In Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften und Wirtschaft. Ich glaube, dass ist sehr wichtig. Besonders in der jetzigen Situation. Griechenland hat sich zu einem sozialen Labor gewandelt."
    Brain drain aus Griechenland stoppen
    Wichtig ist ihm dabei vor allem eines:
    "Um das zu erreichen müssen beide Seiten profitieren."
    Doch nicht nur mit deutsch-griechischen Kooperationen will er die Wissenschaft nach vorne bringen. Er will auch Geld aus Junckers milliardenschwerem Investitionstopf. Der sieht vor an innovative Unternehmen günstige Kredite zu vergeben. Dann werden Wissenschaft und Wirtschaft wieder enger zusammenarbeiten. Und das könnte nicht nur den Universitäten, sondern dem ganzen Land nutzen – meint auch Alexander Kritikos, Innovationsforscher mit griechischen Wurzeln vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
    "Wir wissen inzwischen aus der Forschung, dass die meisten Zuwächse durch Innovation entstehen, durch die Entwicklung neuer Produkte vor allem. Insofern ist Innovation der Schlüssel für Griechenland, um aus der Krise herauszukommen."
    Ioannis Zabetakis, Chemie-Professor an der Universität Athen ist noch skeptisch. Er denkt, die Maßnahmen reichen nicht aus. Es werde lange dauern, bis es mit den Universitäten wieder nach oben geht. Zuerst müsse der Abwärtstrend gestoppt werden.
    "Das größte Problem ist, dass die Studenten nicht mehr motiviert sind. Ich sage ihnen, wenn sie fertig sind mit dem Studium, müssen sie ins Ausland oder ihre eigene Firma gründen."
    Und auch für Ioannis Zabetakis selbst steht fest: Wenn die Reinigung seines Chemie-Labors nicht bald wieder von der Universität übernommen wird und es auf den neuesten Standard gerüstet wird, wird er den anderen Topforschern ins Ausland folgen und Griechenland den Rücken kehren.