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Griechische Medien
ERT 3 sendet wieder

Zwei Jahre lang sendete das Team von ERT 3 als Piratensender, nachdem der ehemalige griechische Regierungschef Antonis Samaras den Staatssender am 11. Juni 2013 ohne Ankündigung vorher abschalten ließ. Jetzt sendet ERT 3 wieder offiziell, und die Mitarbeiter des Senders wollen nur eines: Die Syriza-Regierung im Kampf gegen Brüssel unterstützen.

Von Marianthi Milona | 04.07.2015
    Eigentlich ist es ein Tag wie jeder andere. Die offizielle Wiedereröffnung des ERT 3-Programms in Thessaloniki beginnt weder mit großen Ansprachen, noch mit einem Glas Champagner oder Wein. In der Nachrichtenredaktion herrscht eine eher nüchterne Stimmung angesichts der angespannten Lage in Brüssel. Da geht die Freude über den erfolgreichen Kampf um ERT der letzten beiden Jahre ein wenig unter.
    Die Journalisten wollen den Kampf der Tsipras-Partei gegen die vorherrschende Politik in Europa unbedingt unterstützen. Schließlich verdanken sie Syriza die Wiedereröffnung ihres Senders. Und sie fühlen sich durch die Erfahrungen der letzten Jahre gestärkt.
    "Ich könnte sagen, wir sind alle reifer geworden. Zwei Jahre lang im Status eines Piratensenders täglich Programm zu machen, war eine äußerst delikate Angelegenheit. Wir haben aber irgendwann unsere Angst überwunden, dass uns etwas passieren könnte. Wir mussten lernen, Ruhe zu bewahren. Und langsam fühlten wir alle, dass der Kampf um eine Sache, die man liebt, gewonnen werden kann."
    Einfach geblieben
    Elefteria Farandaki ist eine von 70 Angestellten bei ERT 3, die bei der Schließung am 11. Juni 2013 einfach im Sendehaus geblieben sind.
    "Die 1.000 Euro, die wir verdienten, das war doch sowieso nicht viel. Vielmehr ging es um menschliche Werte, wie Gerechtigkeit, Wahrheit, Mut, Wille und Solidarität. So wie schon Victor Hugo von Menschen in einer Gesellschaft schrieb, die an utopische Ideen glaubten, die anderen als unrealistisch oder verrückt erschienen. So ähnlich glaubten wir an den Traum von der Wiedereröffnung."
    Dimitris Karavassilis arbeitet seit 20 Jahren als Regisseur. Für ihn hat die Eröffnung nichts Spektakuläres an sich. Denn er ist ja täglich zur Arbeit gegangen. So als sei nichts passiert.
    Ganz anders als bei seiner Kollegin Elefteria Farandaki. 1.100 Euro netto hatte sie nach 20 Arbeitsjahren und einer Hochschulausbildung verdient. Ein wenig mehr ihr Mann, auch Angestellter bei der ERT. Jetzt, so steht es in den neu ausgehandelten Verträgen, werden sie noch weniger verdienen.
    Auch das ist eine der Brüsseler Forderungen. Ohne die Solidarität der griechischen Gesellschaft hätte Elefteria Faranadaki jedenfalls die letzten beiden Jahre nicht überlebt, glaubt sie:
    "Als mein Mann und ich im selben Moment arbeitslos wurden, teilte ich dem Vermieter mit, dass wir jetzt nicht mehr die Miete zahlen können. Ihn hat unser Ehrgeiz, um den Erhalt der ERT so sehr beeindruckt, dass es uns von der Miete freistellte. Wir haben ihm also zwei Jahre lang keine Miete zahlen brauchen."
    Stimme der Bevölkerung
    Für Elefteria Fanandaki und ihre Kollegen steht jetzt fest: Das Programm des Senders muss reformiert werden, mit mehr sozialen Beiträgen über die Lage der Menschen in Griechenland. Nach Schließung der ERT schnappte sie sich selbst eine Kamera und fing an Interviews zu machen. Der Kontakt zu den Menschen draußen, hat sie geprägt und offener für die Probleme der griechischen Gesellschaft in der Krise gemacht. ERT 3 wurde "Wir werden weder für die Mächtigen noch für die Regierenden mehr arbeiten. Und uns auch nicht mehr, wie die schwarzen Schafe Europas behandeln lassen",
    sagt Journalist Haris Arvanitidis und will abrechnen: Mit griechischen Politikern und ausländischen Kollegen, die nur gegen Griechenland Hetze betreiben.
    "Wir sind die größten Opfer einer Austeritätspolitik, die von Samaras und Venizelos genehmigt und mit Unterstützung der Europäischen Führung durchgesetzt wird.
    Nur wenige Kollegen aus dem Ausland schreiben ehrlich über die humanitäre Krise, die sich tatsächlich vor Ort ereignet. Warum sind sie nicht vor Ort? Wer nicht mit eigenen Augen erlebt, wie Ungerechtigkeit aussieht, kann nicht ehrlich darüber schreiben."