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Griechischer Musterpolizist

Leonidas sitzt als Dorfpolizist auf einer griechischen Insel fest, obwohl er lieber in Athen Verbrecher jagen und für Ordnung sorgen möchte. Der mysteriöse Tod eines Inselbewohners bringt Bewegung in das Leben des Musterpolizisten.

Von Josef Schnelle |
    Filmkomödien sind national. In den seltensten Fällen überspringt der regionale Humor tatsächlich einmal europäische Grenzen. Den speziellen nordfranzösischen Filmhumor am deutschen Kinogänger testete Anfang des Jahres "Willkommen bei den Chtis" – durchaus mit einem passablen Ergebnis. Til Schweiger hatte es schon schwerer seine "Keinohrhasen", den deutschen Zuschauerhit des Jahres, in anderen europäischen Ländern unterzubringen. Nun versucht es ein kleiner deutscher Verleih mit dem griechischen Erfolgsfilm "Kleine Verbrechen". Das ist möglicherweise gar nicht so schwer, denn griechische Inseln sind noch immer ein beliebtes Urlaubsziel der Deutschen. Sie könnten sich dort zwischen Ouzoseligkeit und mediterranem Schlendrian ein bisschen zu Hause fühlen. Dass Regisseur Christos Georgiou auch selbst ein Auslandsgrieche ist, der in London lebend, sein Land und dessen liebenswerten Schwächen gewissermaßen doch "von außen" sieht, erleichtert ganz deutlich den Zugang.

    So sieht Leonidas, der neue Polizist seine Mitbewohner einer kleinen Ägäisinsel. Er will endlich nach den Maßstäben der Großstadt Athen für Ordnung Sorgen und all das nicht sein, wofür seine Inselgriechen stehen. Er will nicht faul in den Tag hinein leben und auch nicht immer wieder "fünf gerade sein lassen". Die staatliche Ordnung, bislang von den Einwohnern eher milde belächelt, soll endlich einmal durchgesetzt werden. Musterpolizist will Leonidas außerdem sein, damit er alsbald von dem ungeliebten Inseljob in eine richtige Polizeidienststelle in Athen versetzt wird. Dabei helfen ihm aber kleine Verkehrsdelikte nicht weiter. Ein richtig großer Fall muss her. Geradezu beglückt ist Leonidas also, als ihm ein mysteriöser Mordfall serviert wird. Zacharias ist scheinbar abgestürzt. Doch seine Schuhe stehen ordentlich abgestellt vor dem Tatort. Unfall scheidet also aus. Selbstmord oder Mord, die Leiche muss jedenfalls aufgehoben werden, bis sie ordentlich untersucht werden kann. Die Gefriertruhe des Restaurants wird zweckentfremdet.

    Leonidas rast fortan mit seinem Moped die wenigen Inselwege entlang und befragt alle und jeden nach dem Rätsel, das sich hinter dem plötzlichen Tod des lange auf Reisen befindlichen Inselaußenseiters, verbergen könnte. Leonidas neigt schon aus Karrieregründen zu absonderlichen Verschwörungstheorien, wofür er auf wenig Gegenliebe bei den Inselbewohnern stößt, die sich in ihrer beschaulichen Ruhe unnötig aufgestöbert fühlen. Und so würde er auch schon bald wie alle seine Vorgänger dem Insel-Pflegma nachgegeben und aufgegeben, wäre da nicht Angeliki, die Inselschöne, die in Athen eine prominente Fernsehmoderatorin geworden ist, nun aber wieder da ist und ein ganz eigentümliches Interesse an dem Fall entwickelt und auch an Leonidas.

    Aus dieser Begegnung wird sich die Liebesgeschichte des Films entwickeln und als Leonidas wirklich nach Athen versetzt werden soll, hat er ein Problem, mit dem er nicht gerechnet hat. "Kleine Verbrechen" ist eine liebenswerte Selbstfeier des griechischen Nationalcharakters, dabei flott und locker inszeniert wie sonst nur italienische Urlaubskomödien. Vielleicht ist der Film ein erster Vorbote der Rückkehr des griechischen Kinos, das in den letzten Jahren nur für melancholische schwere Kost gestanden hat. In den 60er-Jahren aber einmal für seine temporeichen Komödien bekannt gewesen ist. Die Landschaftsbühne der griechischen Inselwelt und die feierselige Grundstimmung, die "Kleinen Verbrechen" eben, die das Leben leichter machen, machen diesen Film zu einem kleinen lebensfrohen Griechenlandausflug, der wesentlich billiger zu haben ist, als ein Pauschalurlaub.