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Griff ins Portemonnaie

Vom l. April an wird in Niedersachsens Hochschulen alles anders. Erstmals in der Geschichte des Landes werden Gebühren fällig für Langzeit-Studenten: 500 Euro pro Semester. Welche Auswirkungen das hat, verrät Antje Kyewski

    Man wolle damit Platz schaffen an den Universitäten und die Studienzeiten verkürzen, sagt der frischgebackene Wissenschaftsminister des Landes Lutz Stratmann. Einer Klage gegen die neue Regelung sieht er gelassen entgegen.

    Die Baden-Württembergischen Rückmeldegebühren sind verfassungswidrig, weil 51 Euro zu viel Geld für die Bearbeitung ist. 500 Euro für Alt-Studenten in Niedersachsen sind nach Meinung von Lutz Stratmann aber angemessen:

    Wir haben in Niedersachsen ein vollkommen anderes System und dieser Beitrag, der in Niedersachsen erhoben wird, liegt noch unter den ermittelten Kosten, so dass wir es hier mit einer gerichtsfesten Situation zu tun haben.

    Der Verwaltungsjurist Wilhelm Achelpöhler ist da anderer Ansicht. Der Mann, der bereits die Langzeit-Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen stoppte, meint, dass die Übergangs-Fristen in Niedersachsen mit einem Jahr zu gering seien. Ein Rechtsstreit sei durchaus erfolg-versprechend, so Achelpöhler gegenüber dem Deutschlandfunk.

    Möglicherweise eine gute Nachrichten für die rund 27 000 betroffenen Langzeit-Studenten in Niedersachsen. Klar ist bislang, jeder 5. Hochschüler soll vom Land zur Kasse gebeten werden. Beispiel Oldenburg bei Bremen. An der Carl-von-Ossietzky-Universität wurden fast 3000 Studenten aufgefordert für das Sommersemester pro Person 660 Euro zu überweisen.

    Nur wenige haben bisher gezahlt. Die Mehrheit hat noch nicht reagiert. Mehr als 2000 Hochschülern droht deshalb die Zwangsexmatrikulation, so die Uni-Verwaltung. Viele wissen nicht, wie es weiter gehen soll. Z.B. Kai, der vom Grundschullehrer auf Sozialwissenschaften umgesattelt hat:

    Druck ohne Ende, weil ich keine Zeit habe, weil ich sonst die 500 Euro blechen müsste und das ist einfach nicht machbar für mich. Langzeitgebühren sind zum Teil sinnvoll. Nur man muss sie auch ordentlich anwenden. Ich kenn ein Beispiel aus NRW. Da ist das mit den Langzeitgebühren noch nicht durch. Die haben ein anderes System. Das gestaffelt ist nach Semesterwochenstunden und Semesteranzahl, das ist um einiges plausibler und auf den einzelnen Studenten besser zugeschnitten. Das heißt, das System ist ungerecht? Ja, dass ist insofern ungerecht, weil da individuelle Fälle z.B. Mütter mit Kindern oder Studiengang-Wechsler einfach nicht berücksichtigt werden. Die Gebühren werden fällig für diejenigen, die die normale Regelstudienzeit um 4 Semester überschritten haben. Ausnahmen gibt es für Doktoranden, Examenskandidaten, Härtefälle, Urlaubssemester, Studenten, die noch Leistung nach dem BAFÖG erhalten und Mütter mit Kindern im Erst-Studium und für die Mitarbeiter im Asta.

    Die Oldenburger Universität muss das Gesetz umsetzen, auch wenn sie sich zuvor gegen die Gebühren für Langzeitstudenten aus sozialen und bildungspolitischen Gründen ausgesprochen hatte. Uni-Pressesprecher Gerhard Harms:

    Marktpolitisch macht das keinen Sinn! Marktpolitisch deshalb nicht, weil gerade im naturwissenschaftlichen Bereich werden Lehrer dringend gesucht. Und es gibt viele Naturwissenschaftler, Biologen insbesondere, die keinen Job finden und jetzt in die Lehramtsausbildung gehen und dort sehr gerne genommen würden. Da macht es für den Staat eigentlich keinen Sinn von denen Studiengebühren zu erheben. Die andere Seite der Medaille wird sein. Dass es sehr schwer sein wird einen bestimmten Bereich der Studenten ausnehmen und den anderen mit Gebühren belegen.

    Wissenschaftsminister Lutz Stratmann erklärte dazu: Man halte an den Studiengebühren für Langzeitstudenten fest. Der Oldenburger Asta will sich damit nicht zufrieden geben. Er erwägt eine Musterklage. Rechtsbeistand wird auch hier der Münsteraner Verwaltungsjurist Achelpöhler. Nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil gegen Rückmeldegebühren seien die Chancen für einen Sieg gestiegen, meint Thorsten Helibing vom Asta:

    Wir fühlen uns massiv bestätigt, nämlich, dass eine Bildungsgerechtigkeit für alle durch ein Gesetz über Langzeitstudiengebühren oder auch Studiengebühren nicht zu erreichen ist und auch dem Grundgesetz widerspricht. Also wir hoffen sehr, dass wir auf diesem Wege das Gesetz, wie es jetzt vorliegt noch stoppen können.