Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Grigori Rodschenkow
Doping im russischen Fußball laut Kronzeuge vertuscht

Doping im russischen Fußball sei auf höchster Ebene vertuscht worden, behauptet Grigori Rodschenkow, ehemaliger Leiter des Moskauer Dopingkontroll-Labors, der in die USA floh. Zu einigen seiner Dokumente hat die ARD-Dopingredaktion jetzt erstmals Zugang erhalten. Betroffen ist demnach auch ein Spieler, der zunächst im WM-Kader war.

Von Hajo Seppelt, Florian Riesewieck und Andrea Schültke | 18.06.2018
    Ruslan Kambolov von Rubin Kazan beim Spiel in der ersten russischen Liga gegen den FC Ufa in der Kazan Arena.
    Die FIFA hat ermittelt, den russischen Nationalspieler Ruslan Kambolov aber schließlich freigesprochen - aus Mangel an Beweisen. (imago sportfotodienst)
    Proben-Behälter knacken, Doping-Urin gegen sauberen austauschen, Behälter spurenfrei wieder verschließen. So hat es funktioniert, das groß angelegte russische Doping-Vertuschungssystem bei den Olympischen Winterspielen von Sotschi 2014.
    Jetzt wird klar: Diesen Betrug gab es auch im Fußball. Betroffen: ein Spieler, der in den russischen Kader für die WM 2018 berufen wurde: Ruslan Kambolov.
    "Kambolovs Urin wurde ausgetauscht"
    "Kambolovs Urin ist definitiv ausgetauscht worden; in einer Sitzung am 10. Juni 2015 wurden Proben dem Urinaustausch unterzogen, wie ich das in meinem Tagebuch geschrieben habe. Kambolov wurde als Dopingfall eingestuft. Die FIFA weiß das."
    Grigori Rodschenkow bestätigt und "übersetzt" der ARD jetzt seine Tagebuch-Einträge, dass sich der Austausch so zugetragen hat. Das Tagebuch liegt der ARD-Dopingredaktion jetzt in Auszügen vor.
    Am 10. Juni 2015 hatte er darin notiert, ein Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes FSB sei mit - Zitat - "Zauberkünstlern" ins Labor gekommen.
    Betrug wie in Sotschi auch im Fußball
    Das heißt: Auch im russischen Fußball war mindestens bei einem Nationalspieler der Geheimdienst aktiv. Ähnlich wie bei den Winterspielen von Sotschi fand der Betrug also auch im Fußball statt.
    Die FIFA weiß das, hat Kronzeuge Rodschenkow auf ARD-Anfrage erklärt. Tatsächlich hat die FIFA ermittelt, den Nationalspieler Ruslan Kambolov aber schließlich freigesprochen – aus Mangel an Beweisen.
    Kambolov nicht mehr im Kader
    Kurze Zeit später aber stand er nicht mehr im russischen Nationalkader. Er sei verletzt, hieß es. Fragezeichen bleiben, auch bei anderen Spielern des russischen WM-Kaders.
    Nämlich die nach den anderen Fußball-Proben von Spielern aus dem aktuellen russischen WM-Kader. Beschlagnahmt bei einer Razzia der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) Ende 2014 im Moskauer Labor.
    Alle nachgetestet – alle sauber, erklärte der Weltfußballverband FIFA kürzlich. Wurde bei den Tests tatsächlich aber nach allen entdeckbaren Substanzen gesucht?, wollte die ARD-Dopingredaktion wissen?
    Zweifel bleiben
    Antwort der FIFA: "Wir können Ihnen versichern, dass die Nachtests gemäß Empfehlungen der WADA erfolgten. Für weitere Anliegen schlagen wir vor, Sie kontaktieren die WADA."
    Das hat die ARD-Dopingredaktion getan. Die Antwort der WADA: "Das sind tatsächlich Fragen für die FIFA und nicht für die WADA."
    Transparenz – Fehlanzeige. Fazit: Zweifel am sauberen russischen Fußball bleiben.