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Grindel und das ZDF
So werden aus Politikern wieder Journalisten

Kann ein Ex-Politiker und Ex-Funktionär wie der zurückgetretene DFB-Präsident Reinhard Grindel glaubwürdig als Journalist arbeiten? Das ZDF hält ihm jedenfalls eine Stelle frei. Grindel ist kein Einzelfall bei den Öffentlich-Rechtlichen. Wie gehen die Sender mit Rückkehrern um?

Von Mike Herbstreuth und Stefan Fries |
    Reinhard Grindel steht vor einem Schild mit der Aufschrift "ZDF Landesstudio Berlin"
    Reinhard Grindel im März 1997, als er gerade Leiter des ZDF-Landesstudios Berlin geworden war. (picture alliance / dpa / Nestor Bachmann)
    Was Reinhard Grindel nach seinem Rücktritt als DFB-Präsident macht, ist noch offen. In seiner Rücktrittserklärung am Dienstag verlor er dazu kein Wort. Eine Option wäre, zum ZDF zurückzukehren, das Grindel im Jahr 2002 beurlaubt hat, als er für die CDU in den Bundestag ging. Von 1992 bis 1997 hatte Grindel beim ZDF in Bonn gearbeitet, bis 1999 leitete er das Landesstudio in Berlin und anschließend das ZDF-Studio in Brüssel.
    "Herr Grindel hat aufgrund seiner früheren Mitgliedschaft im Bundestag ein im Abgeordnetengesetz geregeltes gesetzliches Rückkehrrecht", teilte das ZDF auf Anfrage von @mediasres mit. Doch wo ein Ex-Politiker und Ex-Funktionär nach seiner Rückkehr arbeiten könnte, ist offen. "Mit der Frage, wo ein ehemaliger Mitarbeiter eingesetzt werden könnte, der aufgrund einer Abgeordnetentätigkeit ein gesetzliches Rückkehrrecht in Anspruch nähme, wird sich das ZDF dann befassen, wenn es einen konkreten Anlass gibt", schreibt der Sender weiter. Das sei derzeit nicht der Fall.
    In Abgeordnetengesetzen steht in der Regel, dass der Arbeitsplatz eines Mandatsträgers oder einer Mandatsträgerin geschützt werden muss, damit den Abgeordneten keine Nachteile entstehen, wenn sie als Politiker in ein Parlament gehen oder ein Amt übernehmen.
    Wie stehen die Rundfunkanstalten zum Rückkehrrecht?
    @mediasres hat bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angefragt, ob sie festen oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Rückkehrrecht einräumen, wenn diese sich für ein politisches Mandat freistellen lassen.
    Der Hessische Rundfunk sei nicht verpflichtet, seinen Journalistinnen und Journalisten ein Rückkehrrecht einzuräumen, so der HR auf Anfrage per Mail. Im Sender gäbe es allerdings aktuell einen solchen Fall, bei dem ein Angestellter oder eine Angestellte ein politisches Mandat übernommen habe. "Da wir das gesellschaftliche Engagement unserer Mitarbeiter*innen grundsätzlich positiv sehen, wurde ein befristetes Rückkehrrecht eingeräumt. Um welche Tätigkeit es sich dann gegebenenfalls handelt, ist nicht geregelt und würde mit Blick auf Vakanzen zu entscheiden sein."
    MDR, WDR, Radio Bremen und dem Deutschlandradio sind aktuell keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekannt, die sich für politische Mandate haben freistellen lassen. Beim BR gibt es dagegen mehrere Personen - wieviele, teilte der Sender nicht mit. Auf die Frage, welche Tätigkeit diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach einer eventuelle Rückkehr beim BR ausüben könnten, schrieb der Sender: "Für den Fall einer Rückkehr, zum Beispiel aus einem politiknahen Aufgabengebiet, achtet der BR sorgfältig darauf, dass es keinen Einsatz im gleichen Themenfeld gibt."
    So verfährt nach eigenen Angaben auch der SWR. Rückkehrer dürften nicht in einer Politikredaktion arbeiten: "Bei einer Rückkehr wird es keinen Einsatz im gleichen Themenfeld geben." Um wie viele Mitarbeiter es sich handle, werde nicht zentral erhoben.
    Der NDR gab an, dass es beim Sender "Vorschriften allgemeinverbindlicher Art speziell für einen Wechsel in Politik oder Wirtschaft" nicht gebe - dies sei "auch nicht notwendig, da diese Fälle sehr selten" seien. Falls beim NDR ein Wechsel anstehe, würden "Risiken für journalistische Unabhängigkeit und mögliche Interessenkonflikte geprüft. Gegebenenfalls berichten betroffene Kolleginnen und Kollegen nicht mehr über tangierte Themenfelder oder werden gar nicht mehr als Berichterstatter tätig."
    Beim RBB gäbe es aktuell nur den Fall einer TV-Moderatorin, die für den brandenburgischen Landtag kandidiere und daher nicht mehr im Sender auftrete. "Das ist aber keine Freistellung, sondern entspringt der gängigen Praxis, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die für politische Ämter kandidieren, bei uns keine Sendungen bestreiten", so der RBB.
    Nur wenige kehren aus Politik in Journalismus zurück
    Bislang wurde von so einem Rückkehrrecht in den Journalismus wie im Fall Grindel allerdings selten Gebrauch gemacht. Ehemalige Pressesprecher der Bundesregierung wie Klaus Bölling, Lothar Rühl und Friedhelm Ost kündigten ihre Verträge bei den Öffentlich-Rechtlichen. "Ich habe damals alle Kontakte zum ZDF abgebrochen", so der ehemalige ZDF-Mann Friedhelm Ost, der Mitte der 80er vier Jahre lang Sprecher von Helmut Kohl war, im Gespräch mit dem Spiegel. "Es hätte doch sofort geheißen: 'Du bist noch mit einem Bein in Mainz'. Das wäre für meine und Kohls Glaubwürdigkeit schwierig geworden."
    Sabine Adler vom Deutschlandradio ist einer der wenigen Fälle, bei denen ein Rückkehrrecht in Anspruch genommen wurde. Sie leitete bis 2011 das Hauptstadtstudio des Deutschlandradio, bevor sie den Bereich Presse und Kommunikation des Deutschen Bundestags als Sprecherin des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert übernahm. Bereits ein Jahr später wechselte sie allerdings wieder zurück in den Journalismus und wurde Osteuropakorrespondentin beim Deutschlandradio. "Man büßt doch ein hohes Maß an Freiheit ein, weil man sich eben in den Dienst einer solchen Person stellt", so Adler gegenüber dem NDR. "Ich habe für mich herausgefunden: Mir fehlt dieses dienende Gen. Ich habe das nicht."
    Und auch der ehemalige Kohl-Sprecher Peter Hausmann ging den Weg vom Journalismus in die Politik-PR und wieder zurück - allerdings nicht per Rückkehrrecht zum BR, bei dem er vor seiner Zeit in der Politik als Redakteur beschäftigt war. Er wurde stattdessen Chefredakteur der CSU-Wochenzeitung Bayernkurier.