Keineswegs zufällig setzte sich Albert Camus in den späten 30er und den frühen 40er Jahren mit dem durchgeknallten römischen Kaiser Caligula auseinander. Es entstand ein Drama in der Zeit, in der die großen Diktaturen Europas zum Höhepunkt ihrer Machtentfaltung und Gewaltentfesselung gelangten, dann teilweise rasch kollabierten. In der 1945 uraufgeführten Version des Stücks geht es um Anpassungswilligkeit, opportunistische Ergebenheit und die bis zur Selbstverleugnung reichende Loyalität der Paladine - und einen Führer, einen "Sonnenkönig", der alle Mitmenschen wie Planeten und Trabanten auf Umlaufbahn um seine egozentrische Person bringt.
Die erste Fassung des Werks enthielt biographische Fermente aus den Biographien Hitlers und Stalins, Details aus dem Kreml und der Reichskanzlei (Camus muss sehr gutes Material besessen haben, vielleicht von dem aus der UdSSR ausgebürgerten "abtrünnigen" Leo Trotzkij). In der endgültigen Fassung versuchte der Dichter dann aber, das Funktionieren von Diktaturen und Diktatoren allgemeiner zu fassen und psychologisch in den Griff zu bekommen. In dieser Grundlinie folgt ihm der Librettist Hans-Ulrich Treichel und der Komponist Detlev Glanert.
Glanert schrieb eine versierte Theatermusik, die sich ihrer Effekte sicher sein darf (und die vom Frankfurter Premierenpublikum in vollen Zügen goutiert wurde): Da insistiert der pochende Herzschlags eines herzlosen Caligula in den Zwischenaktmusiken auf dem Primat der "Innenansicht" von Machtverhältnissen. Ein extremer Schrei des Protagonisten angesichts des Tods seiner über alles geliebten Schwester kündigt die Exzesse an und kehrt am Ende wieder, wenn der Kaiser einem Attentat zum Opfer fällt: nur zwei Jahre liegen dazwischen - eine Zeitspanne, die Abertausende Opfer forderte, das Imperium außer Rand und Band brachte. Den Extremsituationen trägt die Tonspur Rechnung mit der Orchesterbesetzung, in der alle mittleren Instrumente fehlen - es gibt keine Bratschen, keine Holzbläser in mittlerer Lage.
Glanerts Tonsatz bekennt sich zur Tradition deutscher expressiver Musik mit mannigfachen Anspielungen auf Richard Strauss, Gustav Mahler, Franz Schreker und andeutungsweise sogar die "Mondnacht" von Eichendorff und Schumann. Eher ist seine Partitur geeignet, Schönheitssehnsucht und gleisnerische Glücksversprechungen Caligulas zu illustrieren als mit kaltem Blick die Unsäglichkeit menschlicher Überheblichkeit und staatlichen Terrors "auszudrücken". Die schwelgerischen Intensitäten aber kostet Markus Stenz mit dem Frankfurter Orchester nach besten Kräften aus. Michaela Schuster erhebt die gegenüber dem Unrecht stumpfe opportunistische Kaiserin zu einer wirklich zentralen Rolle; konsequent ist, dass auch sie sich wie ein Lamm schlachten lässt. Ashley Holland gebärdet sich in der Titelpartie wie der junge Rainer Werner Fassbinder, die Kraft der Stimme hält mit den Kraftgebärden der Darstellung des hochintelligent-feinsinnigen Zynikers nicht ganz mit.
Enttäuschend fiel die "Caligula"-Bildsphäre von Alexander Lintl aus, in deren bauhausgeprägter Abstraktion sich Caligula als Venus-Transe ebenso hervorhebt wie ein Arsenal formschöner Marterwerkzeuge für die Huldigungsdichter und andere hündische Untertanen. Die Inszenierung vermeidet jeden Bezug zu Despotien und Mediensonnenstaatstendenzen der Gegenwart und folgt darin dem Zug zu Begütigung, der in Libretto und Musik bereits massiv angelegt ist. Die Anstößigkeit Caligulas wurde auf bemerkenswerte Weise gebändigt.
Die erste Fassung des Werks enthielt biographische Fermente aus den Biographien Hitlers und Stalins, Details aus dem Kreml und der Reichskanzlei (Camus muss sehr gutes Material besessen haben, vielleicht von dem aus der UdSSR ausgebürgerten "abtrünnigen" Leo Trotzkij). In der endgültigen Fassung versuchte der Dichter dann aber, das Funktionieren von Diktaturen und Diktatoren allgemeiner zu fassen und psychologisch in den Griff zu bekommen. In dieser Grundlinie folgt ihm der Librettist Hans-Ulrich Treichel und der Komponist Detlev Glanert.
Glanert schrieb eine versierte Theatermusik, die sich ihrer Effekte sicher sein darf (und die vom Frankfurter Premierenpublikum in vollen Zügen goutiert wurde): Da insistiert der pochende Herzschlags eines herzlosen Caligula in den Zwischenaktmusiken auf dem Primat der "Innenansicht" von Machtverhältnissen. Ein extremer Schrei des Protagonisten angesichts des Tods seiner über alles geliebten Schwester kündigt die Exzesse an und kehrt am Ende wieder, wenn der Kaiser einem Attentat zum Opfer fällt: nur zwei Jahre liegen dazwischen - eine Zeitspanne, die Abertausende Opfer forderte, das Imperium außer Rand und Band brachte. Den Extremsituationen trägt die Tonspur Rechnung mit der Orchesterbesetzung, in der alle mittleren Instrumente fehlen - es gibt keine Bratschen, keine Holzbläser in mittlerer Lage.
Glanerts Tonsatz bekennt sich zur Tradition deutscher expressiver Musik mit mannigfachen Anspielungen auf Richard Strauss, Gustav Mahler, Franz Schreker und andeutungsweise sogar die "Mondnacht" von Eichendorff und Schumann. Eher ist seine Partitur geeignet, Schönheitssehnsucht und gleisnerische Glücksversprechungen Caligulas zu illustrieren als mit kaltem Blick die Unsäglichkeit menschlicher Überheblichkeit und staatlichen Terrors "auszudrücken". Die schwelgerischen Intensitäten aber kostet Markus Stenz mit dem Frankfurter Orchester nach besten Kräften aus. Michaela Schuster erhebt die gegenüber dem Unrecht stumpfe opportunistische Kaiserin zu einer wirklich zentralen Rolle; konsequent ist, dass auch sie sich wie ein Lamm schlachten lässt. Ashley Holland gebärdet sich in der Titelpartie wie der junge Rainer Werner Fassbinder, die Kraft der Stimme hält mit den Kraftgebärden der Darstellung des hochintelligent-feinsinnigen Zynikers nicht ganz mit.
Enttäuschend fiel die "Caligula"-Bildsphäre von Alexander Lintl aus, in deren bauhausgeprägter Abstraktion sich Caligula als Venus-Transe ebenso hervorhebt wie ein Arsenal formschöner Marterwerkzeuge für die Huldigungsdichter und andere hündische Untertanen. Die Inszenierung vermeidet jeden Bezug zu Despotien und Mediensonnenstaatstendenzen der Gegenwart und folgt darin dem Zug zu Begütigung, der in Libretto und Musik bereits massiv angelegt ist. Die Anstößigkeit Caligulas wurde auf bemerkenswerte Weise gebändigt.