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Großbritannien konkretisiert Richtlinien zur Ausweisung

Die britische Regierung hat Kriterien für eine raschere Ausweisung so genannter Hass-Prediger festgelegt. Danach sollen Ausländer, die mit ihren Aussagen terroristische Gewalt fördern, verteidigen oder verherrlichen, nicht ins Land einreisen oder dort leben dürfen. Die britische Regierung hatte nach den Londoner Anschlägen im vergangenen Monat neue Anti-Terror-Maßnahmen angekündigt.

Von Martin Zagatta | 25.08.2005
    Namen werden noch nicht genannt – aber zehn so genannte Hassprediger oder extremistische Islamisten haben die die britischen Behörden eigenen Angaben zufolge in Abschiebehaft genommen nach den Anschlägen von London. Sie sollen so schnell wie möglich außer Landes geschafft werden. Und in den nächsten Tagen sei mit weiteren Festnahmen zu rechnen. So jedenfalls hat das Innenminister Charles Clarke angekündigt, als er jetzt die neuen Richtlinien zur Terrorismusbekämpfung vorgestellt hat.

    Innenminister Charles Clarke will sicherstellen, so sagt er, dass diejenigen, die Terrorismus schüren, rechtfertigen oder verherrlichen, keine Möglichkeit haben, sich in Großbritannien aufzuhalten. Damit versucht die Regierung offenbar auch dem Vorwurf entgegen zu wirken, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern dem Treiben extremistischer Islamisten nahezu tatenlos zugesehen zu haben. Neu auf der Liste so genannten "unakzeptablen Verhaltens" ist vor allem die Verherrlichung von Terrorismus, so wie sie etwa Omar Bakri vorgeworfen wird, der im Internet Osama Bin Laden als einen von allen bewunderten Emir bezeichnet und Al Kaida als eine siegreiche Organisation.

    Dem gebürtigen Syrer Omar Bakri hat das Londoner Innenministerium die Aufenthaltsgenehmigung gerade entzogen während einer Reise in den Libanon. Die jetzt erlassenen Richtlinien des Innenministeriums sollen ihm eine erneute Einreise unmöglich machen und haben zum Ziel, mutmaßliche Extremisten erst gar nicht mehr ins Land zu lassen. Mit Hilfe ihrer Botschaften und Sicherheitsdienste will die britische Regierung ein entsprechendes Register anlegen. Und auf der Insel selbst sollen die Sicherheitskräfte nun effektiver gegen diejenigen vorgehen können, die ihr Unheil in Moscheen treiben, aber auch bei Lehrveranstaltungen oder im Internet.

    Dabei geht es offenbar um eine Handhabe gegen Personen wie Mohammed Al Massari. Ihm ist als Dissident aus Saudi Arabien Asyl gewährt worden. Nun wird ihm vorgeworfen, von London aus eine Webseite zu betreiben, auf der Selbstmordattentate im Irak gezeigt werden und die Ermordung von Geiseln. Gegen ihn, so wir gemutmaßt, könnten die Behörden nun genauso vorgehen wie gegen eine ganze Reihe von Hasspredigern, die erst in den letzten Monaten mit Besucher-Visa nach Großbritannien gekommen sein sollen.

    Zur Bewährungsprobe für das härtere Durchgreifen der britischen Regierung dürfte allerdings die Ausweisung von Abu Katada werden, der von Sicherheitsexperten als Europa-Chef des Al-Kaida-Netzwerkes angesehen wird. Der Palästinenser, der zu den zehn Festgenommenen gehören soll, ist in Jordanien zu lebenslanger Haft verurteilt worden, wegen Beteiligung an Anschlägen. Ihm droht nun die Auslieferung, weil London mit Amman gerade ein entsprechendes Abkommen geschlossen hat, zum Leidwesen von Menschenrechtsorganisationen.

    Eric Metcalfe, Direktor der Menschenrechtsorganisation "Justice", sei optimistisch, dass Gerichte diese Abkommen nicht akzeptieren werden. Schließlich gehe es um Länder, die Anti-Folter-Konventionen unterzeichnet hätten und in denen dennoch gefoltert werde, sagt er. Dem hält die Regierung entgegen, das Risiko von Misshandlungen sei durch Kontrollen nahezu ausgeschlossen und müsse gegen die Gefährdung abgewogen werden, die diese Männer für die Sicherheit Großbritanniens darstellten. Eine Politik, die von der Londoner Opposition ausdrücklich unterstützt wird. Und wenn nötig – so David Cameron von den konservativen Tories – dann müsse Großbritannien eben die Europäische Menschenrechtskonvention aufkündigen.

    Großbritanniens Konservative haben sich auch die Forderung der Polizei zu eigen gemacht, Terrorverdächtige ohne Anklage künftig drei Monate festhalten zu können, statt wie bisher zwei Wochen. Ein Ansinnen, das die Mehrheit der Bevölkerung ebenfalls gutheißt. Zwei von drei Briten sind laut einer jüngsten Umfrage sogar dafür, militante Islamisten auch in Länder abzuschieben, in denen ihnen Folter droht.