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Großbritannien
Rekordzuwanderung bereitet Sorgen

Noch nie sind so viele Einwanderer nach Großbritannien gekommen wie in den vergangenen Monaten. Asylbewerber machen dabei nur einen Bruchteil aus, die meisten Zuwanderer stammen aus der EU. Die Opposition macht David Cameron für die Zahlen verantwortlich. Und auch die Regierung spricht von einer "großen Enttäuschung".

Von Friedbert Meurer | 27.08.2015
    Finanzzentrum City of London mit 30 St Mary Axe Hochhaus (the Gherkin)
    Das nationale Amt für Statistik verzeichnet ein Plus von 330.000 Zuwanderern (Daniel Kalker, dpa picture-alliance)
    Es sind schlechte Nachrichten für die britische Regierung: Noch nie sind so viele Menschen nach Großbritannien eingewandert wie zuletzt. Zum Stichtag 1. März verzeichnet das nationale Amt für Statistik ein Plus von 330.000 Zuwanderern – Personen, die auswanderten, sind gegengerechnet. Das sind knapp ein Drittel mehr Zuwanderer als im Jahr davor. Einwanderungsminister James Brokenshire nannte die Zahl eine große Enttäuschung.
    "Das sind sehr hohe Zahlen, die belegen: Bei der Einwanderung von EU-Ausländern liegen wir nicht auf Kurs. Wir haben in Europa zudem so viele Flüchtlinge wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Auf unseren öffentlichen Diensten wie dem Gesundheitsbereich lastet ein viel zu hoher Druck. Den Menschen bereitet das Sorge."
    Sorgen muss sich vor allem aber auch Premierminister David Cameron machen. Er hatte versprochen, die Netto-Zuwanderung auf unter 100.000 zu drücken.
    "Dieses Versprechen gilt ohne Wenn und Aber."
    Zum Vergleich: Deutschland hatte letztes Jahr eine Netto-Zuwanderung von 500.000. Dieses Jahr dürfte die Zahl noch höher liegen. Anders als in Deutschland machen Asylbewerber in Großbritannien nur einen Bruchteil der Zuwanderung aus, nämlich ganze vier Prozent.
    Briten ist Zuwanderung ein Dorn im Auge
    Vielen Briten ist aber vor allem die Zuwanderung aus der EU ein Dorn im Auge. Zuletzt kamen über 50.000 Rumänen und Bulgaren, doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Insgesamt stellen EU-Ausländer knapp die Hälfte aller Einwanderer. Jeder achte Einwohner ist außerhalb Großbritanniens geboren, in Deutschland ist der Anteil identisch.
    Der Chef der rechtspopulistischen UKIP, Nigel Farage sieht die Regierung jedenfalls auf ganzer Linie gescheitert:
    "Was mich und immer mehr Leute aufregt: Die Regierung tut so, als versuche sie, die Einwanderung zu reduzieren. Ganz offen: Sie sind unfähig. Als Mitglied der EU gilt für uns: Alle Grenzen sind offen."
    Auch die oppositionelle Labour-Partei kritisiert die Regierung, aber auch aus anderem Grund. Es sei unmoralisch, Einwanderer und Asylbewerber in einen Topf zu werfen. Großbritannien müsse angesichts des Kriegs in Syrien mehr Flüchtlinge aufnehmen als bisher.
    Die britische Regierung plant für den Herbst ein neues Einwanderungsgesetz. Danach werden Einwanderer mit bis zu sechs Monaten Haft bedroht, wenn sie illegal im Land arbeiten. Arbeitgebern, die illegale Einwanderer beschäftigen, sollen sogar mit bis zu fünf Jahren Haft abgeschreckt werden.