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Großbritannien
So will Boris Johnson die BBC angreifen

Wie in anderen europäischen Ländern auch, ist in Großbritannien die Abgabe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk umstritten. Der neue Premierminister Boris Johnson soll Pläne haben, die indirekt ein Ende der BBC bedeuten könnten.

Sandra Pfister im Gespräch mit Sebastian Wellendorf / Text: Michael Borgers |
Boris Johnson, Premierminister von Großbritannien, spricht am letzten Tag des Wahlkampfes in der Copper Box Arena im Queen Elizabeth Olympic Park.
Boris Johnson, Politiker und früher Journalist (Stefan Rousseau/PA Wire/dpa)
Rund 175 Euro Lizenzgebühr für ein Farbfernsehgerät (oder nur gut ein Drittel davon für einen Schwarzweißfernseher), so viel müssen Britinnen und Briten aktuell für ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Jahr zahlen. Wer rundfunkgebührenpflichtig ist und trotzdem nicht zahlt, begeht eine Straftat - die im schlimmsten Fall ins Gefängnis führen kann.
Wie der "Guardian" diese Woche berichtet hat, denkt die neue britische Regierung darüber nach, das zu ändern. Ein ranghoher Mitarbeiter des Finanzministeriums habe Pläne bestätigt, ein Nichtzahlen zu entkriminalisieren, schrieb die Tageszeitung.
Schon Thema im Wahlkampf
Bereits im Wahlkampf hatte Regierungschef Boris Johnson angekündigt, die Finanzierung der BBC im Falle eines Wahlsiegs überprüfen zu wollen. Er habe noch keine Pläne, die Rundfunkgebühren vollständig abzuschaffen, sagte der konservative Politiker. Aber man müsse sich fragen, ob diese Art der Finanzierung langfristig noch Sinn mache.
Boris Johnson steht während eines Interviews auf einer Terrasse oberhalb des Meeres und wird von einer Kamera gefilmt.
Am Ende des Wahlkampfs entschied Boris Johnson, der BBC keine Interviews mehr zu geben (imago/ i images)
Das Thema Rundfunkabgabe wird schon seit Monaten in Großbritannien diskutiert. Die BBC hatte erklärt, nach 2020 auch wieder von über 75-Jährigen Gebühren zu beziehen. Aktuell ist diese Altersgruppe von den Gebühren befreit.
Hintergrund war die bisherige Bereitschaft der Regierung, die dadurch für den Sender wegfallenden Einnahmen auszugleichen. Doch bereits unter Premierministerin Theresa May hatten die regierenden Tories im Sommer angekündigt, diese Praxis beenden zu wollen.
Kurzfristig würden der BBC in diesem Fall rund 235 Millionen Euro und langfristig noch mehr fehlen, sagte Journalistin Sandra Pfister im Deutschlandfunk.
Johnsons persönlicher Clinch mit der BBC
Flankiert wird diese Debatte von Boris Johnsons persönlichem Streit mit den öffentlich-rechtlichen Sendern: Der 55-Jährige – früher selbst Journalist und bereits als solcher polarisierend – hatte sich im Wahlkampf entschieden, nicht an Debatten und Interviews teilzunehmen.
Zuletzt - kurz vor der Wahl – verweigerte Johnson dem für seine konfrontativen Interviews bekannten BBC-Moderator Andrew Neil das Gespräch. Der machte sich darüber in einem Video lustig, das daraufhin millionenfach in sozialen Medien angeschaut wurde.