Gewerkschaftsvertreter Frederic Jung steht vor der Polizeiwache von Deuil La Barre, einer Vorstadt nördlich von Paris. Neben einem kleinen Steinhaus sind zweistöckige Bürocontainer zu sehen. Im Hof ist eine Chemie-Toilette aufgestellt.
"Diese Bürocontainer sollten nur vorübergehend benutzt und die Polizeiwache sollte vergrößert werden. Aber das Provisorium dauert jetzt schon sieben Jahre lang."
Auch in anderen Kommissariaten klagen die Polizisten über unzumutbare Zustände, berichtet der Gewerkschafter. Zum Beweis zieht er Fotos aus der Tasche:
"In Taverny mussten die Kollegen Metallplatten auf den Boden schrauben, um Löcher zu flicken. In Sarcelles befindet sich die Polizeiwache mitten in einer Hochhaussiedlung, dort werden regelmäßig Gegenstände auf die Polizeiautos geworfen. Außerdem fehlen mehrere Lichtschalter und im Umkleideraum wächst Unkraut aus den Luftschächten."
Ärger bereitet auch, dass das Innenministerium massiv Stellen streicht: In den vergangenen drei Jahren ist die Zahl der Polizisten um 9000 geschrumpft und der Stellenabbau geht weiter.
Yannick Danio, Sprecher der Polizeigewerkschaft Unité SGP, beklagt, dass die Einsparungen mit einer grundsätzlich neuen Stoßrichtung einhergehen.
"Die jetzige Regierung vertritt eine Politik, die die Verantwortung für die Sicherheit zunehmend an die städtische Polizei und an private Firmen übergibt, also an Milizen."
Der Wissenschaftler Alain Bauer, Präsident des nationalen Observatoriums für Kriminalität, verteidigt die Neuorientierung der französischen Sicherheitspolitik. Sein Institut stellt für das französische Innenministerium Fakten, Statistiken und Analysen zur Kriminalität zusammen.
"Ziel ist es, dass sich die Polizei auf ihren eigentlichen Auftrag konzentriert, nämlich Aufrechterhaltung der Ordnung und Verbrechensaufklärung, und nicht mehr durch Aufgaben wie den Transport von Häftlingen abgelenkt wird. Es geht um Qualität und nicht um Quantität. Entscheidend ist doch: Wie viele Polizisten üben welche Tätigkeit in welchem Revier aus."
Obwohl Staatspräsident Sarkozy den Kampf gegen das Verbrechen regelmäßig zur Chefsache erklärt, drängt seine Regierung die Rolle des Staates bei dieser Aufgabe deutlich zurück. Das beweist auch das neue Sicherheitsgesetz, über das derzeit im Parlament debattiert wird. Das Gesetz eröffnet privaten Sicherheitsfirmen neue Einsatzbereiche, vor allem bei der Videoüberwachung. Die Zahl der Kameras soll bis nächstes Jahr auf 60.000 verdreifacht werden.
Personal hinter Kameras statt Polizisten vor Ort - die Fachleute gehen davon aus, dass es in Frankreich bald mehr private Sicherheitsleute geben wird als staatliche, also Polizisten und Gendarmen zusammen. Doch auch innerhalb der französischen Polizei werden die Kompetenzen verschoben, die Stadtpolizei bekommt neue Aufgaben. Aus guten und aus schlechten Gründen, sagt Alain Bauer.
"Gut ist, dass der Staat die Polizisten des Innenministers dadurch entlasten und besser einsetzen will. Weniger gut ist: Der Staat will dabei sparen: Sollen doch die Kommunen bezahlen."
Ob eine Kommune eine Stadtpolizei gründet oder nicht, beschließt der Gemeinderat. Derzeit haben nur etwa 3000 von insgesamt 36.000 Kommunen in Frankreich eine solche Körperschaft. Die städtische Polizei untersteht dem Bürgermeister und wird von den Gemeindesteuern finanziert. Einige Stadtpolizisten sind bewaffnet, andere nicht. Derzeit verteilen sie vor allem Strafzettel, regeln den Verkehr, zeigen Präsenz. In Zukunft sollen sie unter bestimmten Umständen auch Personalkontrollen, Leibesvisitationen und Alkoholtests vornehmen dürfen. Der Polizeigewerkschaft Unité SGP gefällt das gar nicht. Yannick Danio:
"Das Problem ist: Wer kontrolliert die Stadtpolizisten? Es hat schon Entgleisungen gegeben. Die Sicherheit ist Aufgabe des Staates. Und wenn private Sicherheitsfirmen ins Spiel kommen, ist die Freiheit des Einzelnen in Gefahr."
Die Gewerkschaft verlangt, dass die neuen Weichenstellungen in der Sicherheitspolitik offen und ausführlich in der Gesellschaft diskutiert werden. Derzeit finde diese Auseinandersetzung nur unter Fachleuten und Technikern statt. Die Öffentlichkeit wird nicht einbezogen.
"Diese Bürocontainer sollten nur vorübergehend benutzt und die Polizeiwache sollte vergrößert werden. Aber das Provisorium dauert jetzt schon sieben Jahre lang."
Auch in anderen Kommissariaten klagen die Polizisten über unzumutbare Zustände, berichtet der Gewerkschafter. Zum Beweis zieht er Fotos aus der Tasche:
"In Taverny mussten die Kollegen Metallplatten auf den Boden schrauben, um Löcher zu flicken. In Sarcelles befindet sich die Polizeiwache mitten in einer Hochhaussiedlung, dort werden regelmäßig Gegenstände auf die Polizeiautos geworfen. Außerdem fehlen mehrere Lichtschalter und im Umkleideraum wächst Unkraut aus den Luftschächten."
Ärger bereitet auch, dass das Innenministerium massiv Stellen streicht: In den vergangenen drei Jahren ist die Zahl der Polizisten um 9000 geschrumpft und der Stellenabbau geht weiter.
Yannick Danio, Sprecher der Polizeigewerkschaft Unité SGP, beklagt, dass die Einsparungen mit einer grundsätzlich neuen Stoßrichtung einhergehen.
"Die jetzige Regierung vertritt eine Politik, die die Verantwortung für die Sicherheit zunehmend an die städtische Polizei und an private Firmen übergibt, also an Milizen."
Der Wissenschaftler Alain Bauer, Präsident des nationalen Observatoriums für Kriminalität, verteidigt die Neuorientierung der französischen Sicherheitspolitik. Sein Institut stellt für das französische Innenministerium Fakten, Statistiken und Analysen zur Kriminalität zusammen.
"Ziel ist es, dass sich die Polizei auf ihren eigentlichen Auftrag konzentriert, nämlich Aufrechterhaltung der Ordnung und Verbrechensaufklärung, und nicht mehr durch Aufgaben wie den Transport von Häftlingen abgelenkt wird. Es geht um Qualität und nicht um Quantität. Entscheidend ist doch: Wie viele Polizisten üben welche Tätigkeit in welchem Revier aus."
Obwohl Staatspräsident Sarkozy den Kampf gegen das Verbrechen regelmäßig zur Chefsache erklärt, drängt seine Regierung die Rolle des Staates bei dieser Aufgabe deutlich zurück. Das beweist auch das neue Sicherheitsgesetz, über das derzeit im Parlament debattiert wird. Das Gesetz eröffnet privaten Sicherheitsfirmen neue Einsatzbereiche, vor allem bei der Videoüberwachung. Die Zahl der Kameras soll bis nächstes Jahr auf 60.000 verdreifacht werden.
Personal hinter Kameras statt Polizisten vor Ort - die Fachleute gehen davon aus, dass es in Frankreich bald mehr private Sicherheitsleute geben wird als staatliche, also Polizisten und Gendarmen zusammen. Doch auch innerhalb der französischen Polizei werden die Kompetenzen verschoben, die Stadtpolizei bekommt neue Aufgaben. Aus guten und aus schlechten Gründen, sagt Alain Bauer.
"Gut ist, dass der Staat die Polizisten des Innenministers dadurch entlasten und besser einsetzen will. Weniger gut ist: Der Staat will dabei sparen: Sollen doch die Kommunen bezahlen."
Ob eine Kommune eine Stadtpolizei gründet oder nicht, beschließt der Gemeinderat. Derzeit haben nur etwa 3000 von insgesamt 36.000 Kommunen in Frankreich eine solche Körperschaft. Die städtische Polizei untersteht dem Bürgermeister und wird von den Gemeindesteuern finanziert. Einige Stadtpolizisten sind bewaffnet, andere nicht. Derzeit verteilen sie vor allem Strafzettel, regeln den Verkehr, zeigen Präsenz. In Zukunft sollen sie unter bestimmten Umständen auch Personalkontrollen, Leibesvisitationen und Alkoholtests vornehmen dürfen. Der Polizeigewerkschaft Unité SGP gefällt das gar nicht. Yannick Danio:
"Das Problem ist: Wer kontrolliert die Stadtpolizisten? Es hat schon Entgleisungen gegeben. Die Sicherheit ist Aufgabe des Staates. Und wenn private Sicherheitsfirmen ins Spiel kommen, ist die Freiheit des Einzelnen in Gefahr."
Die Gewerkschaft verlangt, dass die neuen Weichenstellungen in der Sicherheitspolitik offen und ausführlich in der Gesellschaft diskutiert werden. Derzeit finde diese Auseinandersetzung nur unter Fachleuten und Technikern statt. Die Öffentlichkeit wird nicht einbezogen.