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Gründlicher Schonwaschgang für Schmieröl

Technik. – ''Wer gut schmiert, der gut fährt'' ist sich der Volksmund einmal mehr sicher. Doch während moderne Automotoren genügsam sind und sich mit wenigen Litern Öl im Jahr begnügen, liegt der Fall bei Hightech-Fräsen, Hydraulikpressen oder gar ganzen Produktionsstraßen anders. Hier gefährden geringste Verunreinigungen der Schmiermittel Maschine und Produkt. Ein von Wissenschaftlern in Erlangen entwickeltes Verfahren löst das Problem, indem es Öl während des Betriebs reinigt und dabei kleinste Partikel und sogar Bakterien entfernt.

    Kernstück des neuartigen Filtersystems für Schmierstoffe bildet eine Hochleistungspumpe sowie ein gerade 30 Zentimeter hoher Zylinder. Zusammen würden beide bequem in eine Minibar passen, doch die Größe steht in keinem Verhältnis zur Leistung, denn die Apparatur soll auch den kleinsten Schmutzpartikel aus einem Schmierstoff entfernen. Trotzdem stellen potentielle Käufer das so genannte "Isopur"-Verfahren auf eine harte Probe, schmunzelt Martin Lang von der Mechanik Center Erlangen GmbH, einem Tochterunternehmen von Siemens. Dazu lieferten die Industriebetriebe Fässer mit ausgesucht verschmutzten Ölen. "Wir fangen dabei die Partikel nicht erst ab einer bestimmten Trenngröße ein, sondern letztlich jeden Partikel. Das geschieht nicht in einem Durchlauf, sondern vielmehr in einem fortwährenden Prozess." Der Trick dazu heißt Elektrostatik: Während die Kohlenwasserstoffketten der Öle apolar, also ungeladen sind, lassen sich Schmutzpartikel dagegen sehr wohl ionisieren. Dies geschieht an einer Stelle im Ölkreislauf der Maschine, an der der Schmiermittelfluss in zwei Kanäle aufgeteilt wird: Dort prägen Elektroden – eine positive in dem einen Rohr, eine negative in dem anderen – unter 15.000 Volt Gleichspannung dem Schmutz eine elektrostatische Ladung auf.

    Derart "anziehend" eingestimmt fließen beide Kanäle dann wieder zusammen. Die natürliche Folge: negativ und positiv ionisierte Teilchen finden zusammen und gehen eine quasi unzertrennliche Bindung ein. Derart angeschwollen bleiben die unfreiwilligen Pärchen dann im anschließenden Filter wirkungsvoll hängen und können die empfindlichen Teile einer Maschine nicht mehr erreichen. Herkömmliche Filtersysteme aus mehreren, unterschiedlich feinen Filterebenen haben gegen den Erlanger Elektro-Trick kaum eine Chance, erklärt Martin Lang: "Durch sehr kleine Filterporen muss das Fluid mit sehr hohem Druck gepresst werden. Damit entsteht aber ein sehr hoher apparativer Aufwand und auch der Filter selbst müsste diesem Druck widerstehen." Überdies würde sich ein solches Konstrukt sehr schnell mit Schmutzpartikeln zusetzen. Die andere Alternative, nämlich das Schmiermittel durch Zentrifugen zu leiten, in denen die schwereren Partikel mittels Fliehkraft filtriert werden, ist technisch unterlegen, denn dabei bleibt eine ganz spezielle Sorte Schädlinge völlig unbehelligt: Bakterien. Sie sind aber die Hauptursache dafür, dass sich Öl zersetzt und so seine Schmierkraft verliert.

    Der Ölwechsel industrieller Produktionsanlagen verschling zwischen 400 und 60.000 Liter Öl und schlägt allein für den Schmierstoff mit mehreren Hunderttausend Euro zu Buche. Hinzu kommt der Produktionsausfall durch den Stillstand der Maschine, denn im Ölkreislauf umherschwimmende Partikel setzen sich vor allem dort ab, wo es heiß ist, etwa in Lagerschalen oder Getrieben. "Während kleinere Partikel durch beispielsweise drei Mikrometer große Spalten durchtreten und größere gar nicht hineingelangen, können genau passende Teilchen von ebenfalls drei Mikrometern sich darin verklemmen. Sie verursachen so den Hauptschaden an einer Maschine." Daher ist die Reinigung von Lagern und Getrieben auf klassische Art bislang unumgänglich. Dagegen erlaubt die neue Methode der Erlanger Ingenieure das Entfernen des feinen Schmutzes im laufenden Betrieb einer Maschine. Überdies können so Maschinen mit noch geringeren Toleranzen konstruiert werden, da die schmalen Abstände zwischen Bauteilen nicht mehr durch Schmutzpartikel gefährdet werden.

    [Quelle: Wolfgang Noelke]