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Grüne Gentechnik

Grüne Gentechnik könnte die Zeit der Züchtung verkürzen und Pflanzen mit Eigenschaften hervorbringen, die züchterisch höchstens in sehr langen Zeiträumen, wenn überhaupt, erzeugt werden könnten, versprechen die Befürworter. Und was ist, wenn dabei Pflanzen entstehen, die sich wie Unkraut vermehren, aber unerwünschte, oder gar gefährliche Eigenschaften haben und die andere Arten verdrängen fragen die Kritiker. In Stuttgart Hohenheim findet seit gestern das 18. Kolloquium im Forschungsschwerpunkt "Biotechnologie und Pflanzenzüchtung" statt.

von Cajo Kutzbach |
    Während in Europa auf Grund eines Moratoriums von 1998 so gut wie kaum gentechnisch veränderte Pflanzen ausgebracht, geschweige denn angebaut werden, sieht das weltweit ganz anders aus, berichtet Professor Gerd Weber vom Institut für Pflanzenzüchtung, Saatgutforschung und Populationsgenetik der Universität Hohenheim in Stuttgart:

    Zahlen aus dem Jahr 2002 belegen, dass z.B. Sojabohne weit über 70 Prozent transgene Pflanzen angebaut werden; in der Größenordnung wie 20 Prozent liegt das beim Mais und da auch vor allem im Bereich Insektenresistenz. Das Gleiche gilt auch für Baumwolle, die in den 10-15 Prozent Bereich liegen und da geht es um Insektenresistenz gegen den Kapselbohrer.

    Trotzdem wird auch in Europa weiter geforscht:

    Da sind ganz sicherlich Qualitätskriterien, Geschmack, aber auch nachwachsende Rohstoffe, wie veränderte Öle für spezielle Anwendungen, veränderte Stärke bei der Kartoffel, das sind Bereiche - Vitamine - da wird intensiv gearbeitet, und da geht der Zug wohl, glaube ich, auch hin.

    Längerfristig könnten Pflanzen auch als umweltfreundliche Chemielabors arbeiten:

    Wenn ich eine transgene Pflanze habe, die mir z.B. ein Pharmazeutikum, einen hochwertigen pflanzlichen oder auch anderen Rohstoff liefert, der weiter verarbeitet werden kann, dann tut das die Pflanze ausgesprochen ökologisch günstig. Wenn ich sie erst mal habe - und das kostet Geld - kann ich sie dann doch sehr preisgünstig unter Einsatz von Sonnenlicht als Energiequelle zur chemischen Synthese einsetzen.

    Verlockende Ziele, sofern man nicht alle Ackerflächen für die Ernährung braucht. - Professor Michael Kruse befasst sich am selben Institut mit Saatgut. Und da wird es bereits schwierig, wenn man herkömmliches und gentechnisch verändertes Saatgut unterscheiden will. Der Landwirt will ja einheitliches Saatgut und der Verbraucher möchte auch wissen, was er isst. Die Forschung fand aber, dass es auf dem Feld wesentlich stärkere Vermischungen, so genannte Auskreuzungen, gibt, als angenommen. Deshalb wird man wohl nie hundertprozentig wissen, ob Saatgut, aber auch Feldfrüchte frei von anderen, eventuell auch gentechnisch veränderten Sorten sind. Wie soll man in mehreren Tonnen Getreide einige wenige Körner einer anderen Sorte entdecken?

    Das ist ein Riesenproblem und das ist auch ein Forschungsgegenstand, mit dem ich mich selber beschäftige: Wie kann ich Proben ziehen aus solch einem Material? Und da Prüfpläne zu erstellen, die trotz dieser Inhomogenität eine repräsentative Probe zu bekommen, das ist eine Herausforderung!

    Denn einerseits möchte man höchst mögliche Genauigkeit, andererseits darf das Probieren nicht so teuer werden, dass die Ware unverkäuflich wird. Es kommt darauf an:

    Wenn ich eine bestimmte Probengröße untersuche von einigen Tausend Samen, dass ich dann in der Lage bin, einzelne Samen als gentechnisch veränderte in dieser Probe ausfindig zu machen, und sie, wenn sie in der Partie existieren in der Probe auch drin habe.

    Man wird also mit großer Wahrscheinlichkeit auch dann mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln konfrontiert werden, wenn man das gar nicht möchte. Dr. Detlef Bartsch untersuchte am Lehrstuhl für Ökologie in Aachen, ob transgene Pflanzen Gefahren für die Umwelt mit sich bringen. Jetzt arbeitet er am Robert Koch Institut in Berlin in der Zulassungsstelle Gentechnik:

    Man kann natürlich nicht alle Risiken und Effekte, die man sich vorher überlegt, testen. Ist einfach zu komplex unsere Ökosysteme.

    Also muss man von Fall zu Fall prüfen. Seine Erfahrungen seit 1993 sind beruhigend. Dennoch wird man vorsichtig bleiben, wenn veränderte Pflanzen angebaut werden sollten:

    Wenn wir jetzt zu der Entscheidung kommen, eine Kommerzialisierung durchzuführen, die Pflanzen anzubauen, dann machen wir eine Umweltüberwachung. Und diese Umweltüberwachung soll halt auch unerwartete mögliche Effekte erfassen. Und so ein Monitoring ist ja auch zwingend vorgeschrieben nach der neuen EU-Richtlinie,die für das in-Verkehr-bringen von gentechnisch veränderten Pflanzen in Kraft getreten ist und was jetzt auch in nationales Recht umgesetzt wird.