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Grüne IT vom Rohstoff bis zum Kunden

Die "grüne" Informationstechnologie sucht nach Wegen einer möglichst umweltschonenden Herstellung, Unterhaltung und Entsorgung von IT-Geräten soll. "Green IT" heißt das schon nicht mehr so neue Schlagwort. Auf ihrer Jahreskonferenz in Berlin diskutierte die Branche über bislang Erreichtes und neue Herausforderungen.

Von Philip Banse | 26.09.2012
    Viel zu tun ist natürlich beim Abbau wichtiger Edelmetalle. Seltene Erden, Tantal, Indium - alles seltene Rohstoffe, ohne die Smartphones, Notebooks, aber auch Windräder und Solaranlagen nicht funktionieren würden. Doch diese Metalle werden oft in Konfliktgebieten abgebaut. Mehr als die Hälfte der weltweiten Kobalt-Produktion etwa stammt aus der Demokratischen Republik Kongo. Der Abbau hat dort gute Effekte, bringt Arbeit, Einkommen, ein paar Staatseinnahmen. Momentan überwiegen aber die negativen Effekte, sagt das Öko-Institut: Ökologischer Raubbau; ein Drittel der Minenarbeiter seien Kinder; pro Jahr stirbt einer von 200 Arbeitern bei Unfällen; der Rohstoff-Abbau diene der Finanzierung von Kriegen und Konflikten. Diskutiert werden hier zwei Ansätze: Den einen verfolgt die USA: Washington hat den Dodd-Frank-Act erlassen, ein Gesetz, das börsennotierten Unternehmen verbietet, Rohstoffe aus dem Kongo zu verbauen. Siddhart Prakash vom Ökoinstitut lehnt diesen strikten Ansatz ab:

    "Das hat den Nebeneffekt, dass es praktisch ein Handelsembargo ist gegen Kongo, was nicht sinnvoll ist, weil es für die lokalen Strukturen einen Rückfall in Armut bedeutet, Arbeitslosigkeit und so weiter."

    Auch die Bundesregierung setzt daher eher auf Zertifizierung "konfliktfreier Rohstoffe". Das ist extrem kompliziert und schwierig, weil Minen in Krisengebieten an Standards gebunden und auch überprüft werden müssen. Doch ein wichtiger Schritt sei bei einem Pilotprojekt in Ruanda erprobt worden, sagt Volker Steinbach von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe:

    "Wir haben eine geochemische Methode, einen geochemischen Fingerabdruck bei uns entwickelt, dass wir am Erz, also an den schwarzen Bruchstücken, an den Erzmineralen nachweisen können, aus welcher Grube kommt dieses Erz. Kommt dieses Erz aus dem Kongo oder kommt dieses Erz aus Ruanda?"

    Ein nachhaltiger Abbau ist auch deshalb so wichtig, weil das Recycling der seltenen Metalle noch nicht funktioniert. Vor allem Seltenen Erden und Tantal würden zu 100 Prozent weggeschmissen, sagt Siddhart Prakash vom Ökoinstitut. Denn Smartphones und Notebooks würden vor dem Recycling geschreddert. Dabei würden die wenigen Milligramm wertvoller Rohstoffe einfach verloren gehen. Hier sei einerseits mehr Forschung nötig. Das Recycling lasse sich aber auch verbessern, wenn wichtige Einzelteile leichter aus Handys und Notebooks auszubauen wären. Denn die begehrten Metalle befinden sich vor allem in Akkus, Hauptplatinen und Displays. Würden die nicht einfach mitgeschreddert, sondern ausgebaut, würde das enorm helfen, sagt Prakash:

    "Da ist die Technologie wirklich so weit, dass einige dieser Metalle, zum Beispiel Gold, Silber und Paladium, mit der jetzigen Technologie in Europa zu 95 Prozent zurückgewonnen werden können."

    Besseres Recycling durch modulares Design – das lasse sich am besten in der Öko-Design-Richtlinie festschreiben. Diese EU-Richtlinie wird gerade erarbeitet, konzentriert sich aber bisher nur darauf, den Energieverbrauch von Elektrogeräten zu senken – was bei Notebooks und Smartphones nicht so zentral sei, sagt Siddhart Prakash:

    "Und wir sagen immer wieder, dass es wichtig ist, auch auf Aspekte wie recyclinggerechte Konstruktion, Auf- und Nachrüstbarkeit, auf die Modularität und auf die Standardisierung von Komponenten zu achten."

    Der Wissenschaftler vom Ökoinstitut rät den Verbrauchern ihre Elektrogeräte so lange zu nutzen, wie es geht. Eigentlich sollten Verbraucher beim Neukauf eines Smartphones oder Kühlschranks auch darauf achten, dass das neue Gerät so viel Energie verbraucht als das alte, dass die Energie, die für ihre seine Produktion verbraucht wurde, nach wenigen Jahren durch den Neukauf wieder rein geholt ist. Das jedoch könnten Verbraucher heute nicht entscheiden, sagt Prakash, weil Daten fehlen. Er fordert daher mehr und genauere Daten von der Industrie, wie viel Energie bei der Produktion von Elektrogeräten wirklich eingesetzt wird.