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Grüne Neonazis
Kampf gegen rechtsextreme Naturschützer

Die Jugendorganisation der NPD bietet Zeltlager und Wanderungen durch heimische Wälder an. Mit Parolen wie 'Umweltschutz ist Heimatschutz' wollen die Rechten umweltbewusste Jugendliche anlocken. Etablierte Umweltschutzorganisationen sehen darin eine Gefahr. Jetzt reagiert die Politik mit einer neuen Broschüre für Jugendliche.

Von Ludger Fittkau | 26.02.2014
    Abrams Creek
    Die heimischen Wälder als Begegnungsort für umweltbewusste Jugendliche: Hier will die NPD Jugendliche anlocken. (Rudi Schneider)
    Ein Bolzplatz in Hassloch, einer Kleinstadt in der Pfalz. Hier treffen sich regelmäßig Mitglieder der Jungen Nationaldemokraten, der Jugendorganisation der NPD. Übers Internet laden die Neonazis Jugendliche aus der Umgebung ein, mit zu trainieren oder gemeinsam in der herrlichen Natur des nahen Pfälzer Waldes zu wandern und zu zelten. Auch Boxtraining im Freien wird angeboten, Ausländer sollen sie bitte nicht zum Training mitbringen, heißt es. Nils Franke hat dieses Beispiel für die neue Jugend-Broschüre des Landes Rheinland-Pfalz aufgegriffen:
    "Das ist ganz klar, man geht raus in die Natur, das ist Bestandteil und dann natürlich Lust auf Zeltlager. Natürlich werden regelmäßig Zeltlager angeboten für die Jugendlichen. Und dann haben sie die Hand auf den Jugendlichen ohne die Eltern."
    Umweltschutz ist Heimatschutz – das ist eine der Parolen, die in der rechtsradikalen Szene dazu dient, Jugendliche mit Umweltschutzinteressen anzusprechen. Ulrike Höfken, rheinland-pfälzische Umweltministerin:
    "Auch ich bin daran interessiert, unsere Heimat zu schützen. Aber der Hintergrund ist natürlich im Fall des Rechtsextremismus ein anderer. Es geht letztendlich hier um Menschenfeindlichkeit und Rassismus."
    BUND und Greenpeace sehen Gefahren
    Andreas Müller vom rheinland-pfälzischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet seit Langem die Öffnung der Rechtsradikalen für Umweltthemen:
    "Es ist ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Entwicklung des Rechtsextremismus zieht. Es hat etwas mit der rechtsextremistischen Weltanschauung zu tun, wenn beispielsweise in einem Parteiprogramm einer recht jungen Partei, die nennt sich 'Der dritte Weg', die ist erst Ende des vergangenen Jahres entstanden, die hat auch in Rheinland-Pfalz Strukturen. Wenn in dem Parteiprogramm unter 'Umweltschutz ist Heimatschutz' steht, dass es da um 'die Erhaltung der biologischen Substanz des Volkes' geht. Da fällt mit sofort der Begriff Eugenik auch ein, ein unsäglicher Begriff aus der Vor-Nazi- und der Nazizeit. Das hat etwas mit dem Rassedenken im Rechtsextremismus zu tun und die Gefahr liegt darin, dass das leicht übersehen wird."
    Viele Jugendliche – auch Studenten – können nicht sofort erkennen, wenn Umweltschutzanliegen im Kontext rechtsextremen Gedankenguts auftauchen.
    Etablierte Umweltschutzvereine wie Greenpeace und der BUND halten die braune Konkurrenz deshalb für hochgefährlich. Lukas Prinz, Sprecher der B.U.N.D –Jugend Rheinland-Pfalz.
    "Weil für uns als B.U.N.D.-Jugend das ein großes Problem darstellt, das eben durch die scheinbare Legitimität von rechtextremen Naturschutzargumenten da so ein Einfallstor gegeben wird für Grundgedanken rechtsextremer Natur irgendwie Jugendliche vereinnahmt, ohne das denen bewusst wird, auf was sich das zurückführen lässt, was sie da denken."
    Besonders auffällig aus dem Spektrum der rechten Öko-Sprüche: Der Vergleich eingewanderter Tier- oder Pflanzenarten mit Menschen, die nach Deutschland kommen. Die NPD verweist auf Biologen, die unterschiedslos von einer "Invasion fremder Arten" sprechen. Jannis Graber, Koordinator des Freiwilligen Ökologischen Jahres in Rheinland-Pfalz:
    "Oder eben auch wie es einmal der Fall war. Dass relativ viele Biobetriebe von NPD-Funktionären geführt wurden. Das ist auf jeden Fall eine Rufschädigung, die nicht im Sinne der Sache ist. Von daher sollte man sehr sensibel mit dem Thema umgehen."
    Die neue Broschüre "Klartext gegen rechtsextreme Sprüche" ist 156 Seiten stark – mit vielen Bildern und wenig Text ist sie für Jugendliche zwischen 11 und 20 Jahren gedacht. Das Heft gibt es kostenlos bei der Landeszentrale für Umweltaufklärung Rheinland-Pfalz