
Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Köhler, verteidigte die ablehnende Haltung seiner Partei. Köhler sagte im Deutschlandfunk, man habe immer gesagt, dass man ein solches Gesetz auf europäischer Ebene haben wolle - aber mit Regeln, die die Unternehmen nicht überlasteten. Das aktuelle Gesetz würde dies aber tun. So solle die Grenze, ab wann Firmen davon betroffen sind, von 1.000 auf 250 Mitarbeiter sinken. Zudem sorge das Gesetz für Haftungspflichten, und das sei ein Problem.
Grüne attestieren Kanzleramt Planungsmängel
Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Hofreiter, fürchtet wegen der deutschen Haltung zum EU-Lieferkettengesetz einen Ansehensverlust für die Bundesrepublik. Die FDP verstoße zum wiederholten Male gegen das Prinzip, dass man Bedenken gegen ein Vorhaben frühzeitig vorbringen müsse, und nicht erst kurz vor der Abstimmung, bemängelte der Grünen-Politiker. Er sagte im WDR weiter, er glaube, dass Kanzler Scholz nicht verstehe, welchen Schaden die Regierung mit so einem Verhalten anrichte. Planungsmängel im Kanzleramt führten immer wieder dazu, dass Deutschland auf europäischer Ebene als unzuverlässig dastehe.
Die Position der FDP zu dem bereits fertig ausgehandelten Entwurf hatte auch in Brüssel für Verstimmung gesorgt. Die Chefverhandlerin des Europaparlaments für das Lieferkettengesetz, Wolters, kritisierte, die FDP verspiele Deutschlands Ruf als verlässlicher Verhandlungspartner.
Bei der heutigen Abstimmung über das Gesetz im EU-Ministerrat wird sich Deutschland nach Angaben der Regierung der Stimme enthalten. Ob dennoch eine Mehrheit für die Richtlinie zustande kommt, gilt als offen. Das Lieferkettengesetz soll dafür sorgen, Unternehmen europaweit für Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltverschmutzung in ihren Produktionsketten verantwortlich zu machen.
Auch Nichtregierungsorganisationen kritisieren Regierung
Kritik an der deutschen Enthaltung gab es auch von weiteren kirchlichen und anderen Organisationen. Für das katholische Hilfswerk Misereor ist sie "ein fatales Signal an alle Menschen, die weltweit von Ausbeutung, moderner Sklaverei, Vertreibung und Urwaldzerstörung betroffen sind".
Die internationale Organisation Oxfam warf der Bundesregierung vor, Profitinteressen über den Schutz von Menschenrechten zu stellen. Sollte das Gesetz scheitern, werde dieser Schutz um Jahre zurückgeworfen. Die Menschenrechtsorganisation Germanwatch äußerte sich ähnlich.
Diese Nachricht wurde am 09.02.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.