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Grüße aus der Vergangenheit

In Leipzig läuft derzeit ein Prozess, der noch einmal an das Sommermärchen 2006 erinnert, an die Fußball-WM. Genauer: an die Schattenseite sportlicher Großevents, daran, wie bei Renommierbauten dafür bisweilen mit Steuergeldern umgegangen wird.

Von Grit Hartmann |
    Schon vor sechs Jahren stürzte Leipzigs Finanzbürgermeister Peter Kaminski über den Skandal, für den er sich nun vor dem Landgericht verantworten muss. Es geht um krumme Deals beim Umbau des Zentralstadions zur modernen Arena – ein Prestigeprojekt für die Fußball-WM 2006 und deshalb großzügig mit 50 Millionen Euro vom Bund alimentiert. Der Vorsitzende Richter am Landgericht, Johann Jagenlauf, skizziert das Problem der Ermittler. Die Frage war und ist:

    "... ob und in welchem Umfang hier Einschaltung der Gremien der Stadt Leipzig erforderlich war, und gegebenenfalls, wer in diese Entscheidungsprozesse in welchem Umfang wie involviert gewesen ist."

    Im Klartext: Hat Kaminski, CDU-Mann schon zu DDR-Zeiten und in Leipzig ehrfürchtig "schwarzer Peter" genannt, allein gehandelt? Vorgeworfen wird ihm Untreue und Steuerhinterziehung. Begünstigt haben soll er einen windigen Unternehmer, der früher Propagandafeiern organisierte. Ohne Ausschreibung bekam dessen Connect GmbH einen Millionen-Auftrag beim teuersten Sportneubau im Osten. Jagenlauf:

    "Obwohl diese Firma Connect GmbH laut der Anklageschrift allerdings keine Leistungen erbracht haben soll, soll Herr Kaminski die Anweisungen erteilt haben, dass dieser Betrag von 2,08 Millionen D-Mark ausgezahlt worden ist."

    Brisant: Der Unternehmer hatte zuvor Geld für Kaminskis Wahlkampf beschafft. Die Stadion-Millionen zahlte später der private Investor Michael Kölmel, einst Börsenstar und Finanzier vieler Traditionsvereine, an die Stadt zurück – wie es dazu kam, das ist ebenfalls ein klärungsbedürftiger Vorgang. Das Urteil wird nicht vor Januar erwartet, zehn Verhandlungstage sind angesetzt. Sie könnten unangenehm werden. Nicht so sehr fürs Stadion – das wird nach jahrelangem Fast-Leerstand nun wenigstens vom Regionalligisten und Red-Bull-Club RB Leipzig bespielt. Aber womöglich für Leipzigs Politprominenz. Etwa für den damaligen OB Wolfgang Tiefensee, der heute im Bundestag sitzt. Kaminskis Anwalt jedenfalls behauptete zum Prozessauftakt, sein Mandant habe nicht eigenmächtig agiert.