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"Grundlast ist altes Denken!”

Wie kann die Wende zu erneuerbaren Energien schneller bewältigt werden? Um diese Frage wird es am Freitag beim Energiegipfel der Ministerpräsidenten um Kanzlerin Angela Merkel gehen. Kosten, Netze und Speicherungsmölichkeiten werden eine Rolle spielen.

Von Detlef Grumbach | 14.04.2011
    "So jetzt gehen wir in den Heizraum. Hier ist unser Zuhause-Kraftwerk."

    Stolz führt Uwe Thormählen seine neue Heizung vor. Seit 8 Wochen betreibt er die Anlage in seinem Haus im Hamburger Westen. Entwickelt wurde sie vom Öko-Stromanbieter Lichtblick und VW.

    "Ein großer grauer Kasten, in dem ein Vierzylinder-Gasmotor brummt, man hört ihn jetzt gerade, er arbeitet jetzt gerade. Wir machen also Heizung, wir machen Trinkwasser, und wir haben Speicher. Hier sind die Puffer, drei Speicher à 1.000 Liter, die dafür sorgen, wenn die Maschine mal nicht läuft und wir heißes Wasser brauchen oder Heizung brauchen, was Warmes brauchen, die uns dann mit Wärme und Energie versorgt."

    Die Anlage ist für große Einfamilien- und für Mietshäuser konzipiert. Die Wärme ist nur ein Abfallprodukt. Im Haus Thormählens versorgt sie etwa 450 Quadratmeter Wohnfläche, liefert knappe 50.000 Kilowattstunden Wärmeenergie im Jahr. Die Anlage liefert mit etwa 1.500 Stunden Laufzeit im Jahr vor allem rund 30.000 Kilowattstunden Elektrizität. Der Motor, so erklärt Ralph Kampwirth von Lichtblick, springt aber nur dann an, wenn der Stromlieferant auch Abnehmer hat.

    "Lichtblick steuert das Zuhause-Kraftwerk im Wesentlichen nach dem Strommarkt. Das heißt, wenn im Strommarkt nicht ausreichend Strom zur Verfügung steht, sondern wenn Windräder nicht genug Strom liefern, dann schmeißen wir das Zuhause-Kraftwerk an als Ergänzungsenergie."

    Gas ist zumindest beim CO2-Ausstoß der Kohle deutlich überlegen. Außerdem können die Anlagen auch einmal auf Biogas umgestellt werden. Das Zuhause-Kraftwerk liefert die Wärme dort, wo sie gebraucht wird, eignet sich für Millionen von Haushalten und sorgt dafür, dass bei der Stromproduktion keine Wärme zum Schornstein hinaus geht. Der Strom wird nach dem Gesetz zum Ausbau von Kraftwärmekopplung gefördert.

    Ob solche Projekte die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder überzeugen können, den schnellen Ausstieg aus der Atomkraft zu forcieren? Morgen sitzen sie in Berlin beim Energiegipfel zusammen. So wie verschiedene Expertenkommissionen beraten auch sie, welche Konsequenzen aus der atomaren Katastrophe in Japan zu ziehen sind, ob und wie sie aus der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke wieder aussteigen können, wo die Alternativen liegen und wie die Energiewende bei möglichst konstanten Strompreisen und sicherer Energieversorgung finanziert werden kann.

    Die Stromproduktion in Deutschland - das waren 2007 immerhin 637 Milliarden Kilowattstunden, im letzten Jahr noch gut 603 Milliarden Kilowattstunden. Der Stromverbrauch lag zuletzt bei circa 580 Milliarden Kilowattstunden im Jahr - Überschüsse werden exportiert. Gut 40 Prozent der Produktion liefern Steinkohle und Braunkohle, 22 Prozent liefert die Atomindustrie, 14 Prozent stammen aus Erdgas und 17 Prozent tragen die Erneuerbaren Energien bei, allen voran Wind, gefolgt von Biomasse, Wasserkraft und Fotovoltaik. Das ist wesentlich mehr als 2001 geplant, als der langsame Ausstieg aus der Kernenergie vereinbart wurde. Damals lag das Ziel für 2010 lediglich bei 12 Prozent.

    Szenenwechsel. Hamburg, im Industriegebiet auf der Elbinsel Veddel. 1,5 Milliarden Kilowattstunden, etwa so viel wie 500.000 Haushalte im Jahr verbrauchen, benötigt hier allein die Firma Aurubis, Europas größter Kupferhersteller.

    "Hier kann man das mal schön sehen. Sie haben immer eine Anode, eine Kathode, eine Anode, eine Kathode. Und Sie sehen dort, auf dem Kathodenblech sehen Sie das reine Kupfer sich absetzen von dieser Anode."

    Ulf Gehrckens erklärt die Elektrolyse, das Herzstück der Anlage. Nur bei günstiger Stromversorgung ist der Standort konkurrenzfähig, so der Prokurist und Energiebeschaffer der Firma. Allein dieser Produktionsschritt frisst 130 bis 150 Millionen Kilowattstunden im Jahr.

    "So eine Elektrolyse läuft 365 Tage im Jahr 24 Stunden durch, die braucht stetige Energie, so wie wir das nennen, Grundlast. Grundlast wird eben geliefert von Kernkraftwerken, von Kohlekraftwerken, Wasser im Übrigen auch meistens, aber nicht von Windrädern oder Solarzellen."

    Mit dieser Haltung steht Ulf Gehrckens nicht alleine da. Die Industrie ist skeptisch gegenüber den Erneuerbaren Energien, ein schneller Atomausstieg mache den Strom erst einmal viel zu teuer, der Standort Deutschland würde bedroht. Deshalb bräuchten wir als Zwischenlösung eine Brücke, also Atomstrom oder mehr fossile Energieträger.

    Das ist das eine. Das andere: Gerade das Beispiel Aurubis zeigt, dass auch jetzt schon im internationalen Vergleich hohe Strompreise und zudem hohe Standards im Umweltschutz die Triebfeder für beispielhafte, auch in anderen Betrieben erreichbare Sparmaßnahmen und Innovation sind:

    "Wenn Sie mal so die Charts sehen: Wie viel Energie brauchen wir, um eine Tonne Kupfer zu erzeugen, dann sind wir als Aurubis in der Kupferindustrie ganz vorne weg, also am wenigsten Energie pro ausgebrachte Tonne Kupfer."

    "Gerade die Energieeffizienten, die man in Deutschland sieht, sind wirklich einmalig."

    Das ist auch die Einschätzung von Claudia Kemfert. Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit sowie Abteilungsleiterin Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung:

    "Und da gehört auch die Kupferherstellung ganz sicher dazu. Man muss fairer Weise sagen, dass die Energiekosten natürlich sehr hoch sind. Ich sehe das aber nicht, ehrlich gesagt, dass die Strompreise derart ansteigen, dass man sagt, wir sind hier nicht überlebensfähig."

    Gerade die Kostenfrage rückte in den letzten Tagen ins Zentrum der Debatte. 15 Milliarden Euro, sagte der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion Thomas Bareiß dem "Spiegel", würden für Erneuerbare Energien fehlen, wenn man zum rot-grünen Ausstiegsbeschluss zurückkehrte. Von den zusätzlichen Gewinnen in Höhe von geschätzten 50 Milliarden Euro, die die Laufzeitverlängerung den AKW-Betreibern beschert, einmal ganz zu schweigen. Aus denen sollten ja die Brennelementesteuer gezahlt und Erneuerbare Energie gefördert werden.

    "Man muss immer sehen: Hat man die Netze, von denen man ausgeht, um die Erneuerbaren Energien im Land zu verteilen, das ist nur einer von vielen Punkten. Und wir haben auch die Speicherkapazitäten noch gar nicht und die Technologien gar nicht, um die Erneuerbaren schneller als bisher gedacht in den Markt zu bringen. An all dem müssen wir arbeiten."

    Auch Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft BEDW, betont zunächst die Kosten, die mit einer schnellen Energiewende verbunden sind.

    "Das heißt aktuell und das merken wir: Stromimportzahlen sind angestiegen, und wir haben auch jetzt wieder den verstärkten Einsatz konventioneller Kraftwerke. Wir haben auch eine Preisreaktion am Markt, das ist die Kurzfristreaktion, wenn man so viele Kraftwerke aus dem Markt herausnimmt. Das ist also nicht so, als ob die 7.000 Megawatt-Abschaltung folgenlos geblieben ist."

    Ein zügiger Ausstieg kostet Geld und macht den Strom wahrscheinlich kurzfristig teurer. Allerdings lässt sich diese Perspektive durch einen Blick auf die Vergangenheit deutlich relativieren. Claudia Kemfert:

    "Es ist natürlich so, dass auch in die Atomindustrie in den letzten Jahrzehnten Gelder geflossen sind, bis zu 80 Milliarden konnten wir allein in der Statistik finden. Das ist ganz sicher so, dass man das gegeneinander aufrechnen muss. Die Steinkohle wurde lange Jahre subventioniert, auch da sind viele Gelder hinein geflossen. Das ist eine gesellschaftliche Frage, was die Gesellschaft bereit ist, dafür zu bezahlen."

    "Die meisten Leute schauen einfach auf die Stromrechnung: Was steht da? Und da ist es richtig: In der Strombeschaffung ist Strom aus Kohle und Atomkraft günstiger als der Strom aus Erneuerbaren Energien."

    So Marcel Keiffenheim von Greenpeace Energy. Das Ökostromunternehmen hat gerade eine Studie vorgelegt, nach deren Berechnungen die Atomkraft seit 1970 sogar mit rund 200 Milliarden, die Steinkohle mit knapp 300 Milliarden Euro, die Braunkohle mit knapp 70 Milliarden Euro subventioniert wurden. Die Zuschüsse für die Erneuerbaren Energien betrugen im selben Zeitraum demnach nur knapp 40 Milliarden Euro.

    "Wenn man das einberechnet, dann sieht man, dass die Erneuerbaren Energien nicht nur sauberer sind, sondern sicherer, weil wir nicht auf endliche Ressourcen setzen, und auch billiger."

    "Anders gesprochen: Die Investitionen in diese neuen Märkte sind natürlich wachstumssteigernde Investitionen, volkswirtschaftlich lohnend, weil da wieder Wertschöpfung vor Ort entsteht und auch Wachstum vor Ort entsteht, wohingegen Gelder, die wir jetzt ins Ausland transferieren, wenn wir Öl von Russland oder Norwegen kaufen, das ist natürlich Geld, was wir hier nicht mehr zur Verfügung haben."

    Der Schock von Japan, das Erschrecken darüber, dass ein lange verdrängtes Restrisiko von einem Augenblick auf den anderen eintreten kann, hat alles verändert. Der gesellschaftspolitische Druck, aus diesem Erschrecken Konsequenzen zu ziehen, ist groß. Sogar der BDEW, bislang eher Sprachrohr der großen Energiekonzerne und Atomkraftbetreiber und im letzten Jahr noch energischer Befürworter der Laufzeitverlängerung, gerade hat er ein Konzept für den Ausstieg bis 2022/2023 beschlossen. Hildegard Müller:

    "Es hat vieles für die Laufzeitverlängerung gesprochen, was CO2-Themen oder Preisthemen angeht, aber wir sehen natürlich, dass wir jetzt nach Japan eine gesellschaftliche Zäsur haben und dass Risiken, die vorher akzeptiert waren, jetzt anders definiert werden und dass wir eine Lösung brauchen. Wir haben einen tragbaren Kompromiss vorgelegt, da gab es im Übrigen weder von der einen noch von der anderen Seite Austrittsdrohungen oder sonst irgendetwas. Ich glaube, wir haben damit ein konstruktives internes und auch externes Angebot an die Öffentlichkeit gemacht, wie die Energiewende leistbar ist und ich bin mir sicher, dass sich da die Unternehmen auch weiter hinter versammeln werden."

    Dennoch ist an ihren Reaktionen deutlich geworden: Die langjährigen Atomkraftbefürworter, allen voran die Betreiber der Kernkraftwerke Vattenfall, Eon, RWE und EnBW, geraten auch in den eigenen Reihen der Energieversorger in die Defensive. Ihr Argument, dass ohne Kernkraft auf längere Sicht nichts läuft, dass wir den Atomstrom sonst aus Frankreich importieren müssen, zieht nicht mehr.

    Wie dem auch sei: In allen denkbaren Ausstiegsszenarien sind Energieimporte lediglich ein kurzfristiges Übergangsproblem. Denn jetzt schlägt die Stunde vieler regionaler Energieversorger, der Stadtwerke, all jener, die auf den Ausbau der regenerativen Energie setzen. Björn Klusmann, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie BEE:
    "Wir haben eine Ausbauprognose zunächst einmal bis 2020 vorgelegt. Bis dahin trauen wir uns zu, im Stromsektor rund die Hälfte des deutschen Stromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien abzudecken. Damit ersetzen wir die Atomkraft vollständig und können auch verhindern, dass zusätzliche Kohlekraftwerkskapazitäten gebaut werden müssen."

    Neben dem BEE haben vor allem Greenpeace und das Öko-Institut Freiburg aktuelle Studien zum Atomausstieg vorgelegt. Sieben alte AKW, das bereits abgeschaltete AKW Krümmel und das erdbebengefährdete AKW Neckarwestheim 2 haben eine Kapazität von gut 10 Gigawatt. Diese Leistung kann demnach sofort kompensiert werden durch den bisherigen Exportüberschuss deutscher Kraftwerke, durch die sogenannte Kaltreserve, also vorhandene Kraftwerke, die nicht am Netz sind, und neue Kapazitäten, die aktuell bereits in Bau sind und 2011 ans Netz gehen sollen. Darunter müsste kein neues Kohlekraftwerk sein. Die Perspektive darüber hinaus, so Björn Klusmann:

    "Wir haben enorme Potenziale in der Windenergie insbesondere an Land, wir haben noch enorme Potenziale in der Fotovoltaik, und wir haben auch noch enorme Potenziale in der Bioenergie, der Wasserkraft und der Geothermie. Alle fünf Erneuerbaren werden weiter wachsen. Die Windenergie wird das große Stromvolumen liefern zu sehr günstigen Konditionen, die Fotovoltaik wird die Lastspitzen zur Mittagszeit abdecken, die Bioenergie wird die Schwankungen der anderen beiden ausgleichen. Und Geothermie und Wasserkraft sind sozusagen ein verlässliches Grundrauschen, das dann noch dazu kommt."

    Auch Claudia Kemfert hält den Ausstieg aus der Kernkraft für realistisch, obwohl sie nicht ganz so optimistisch ist wie Umweltverbände und der BEE. Die Grundlastversorgung und auch die Preisentwicklung sind für sie kaum ein Problem.

    "Die erneuerbaren Energien sind auch grundlastfähig. Biomassekraftwerke sind grundlastfähig, die können Sie auch immer einsetzen. Sie können natürlich auch die Erneuerbaren Energien so gut miteinander verbinden und speichern, dass Sie dann auch eine Grundlast haben. Da ist natürlich noch technologischer Fortschritt notwendig, aber das ist auch möglich, und da wird es ja auch hingehen."

    "In der Summe, denke ich, wird es leicht ansteigende Strompreise geben, aber nicht in einer Größenordnung, dass es jetzt gerechtfertigt wäre, sich so große Sorgen zu machen, dass die Strompreise steigen. Im Gegenteil: Die Preise für fossile Energien werden ja immer teurer. Öl wird teurer, Kohle wird auch teurer."

    Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Erneuerbaren Energien 100 Prozent des Bedarfs in Deutschland decken können, brauchen wir Brückentechnologien - da sind sich alle einig. Der Bundesverband Erneuerbare Energie, Umweltverbände und auch Claudia Kemfert setzen hierbei jedoch vor allem auf umweltfreundliche und flexible Gas-Dampf-Kraftwerke. Der Grund: Atomkraftwerke und Erneuerbare Energien passen nicht zusammen. Ab besten zeigen kann man das, so Marcel Keiffenheim von Greenpeace Energy, anhand der Frage nach der Grundlast.

    "Grundlast ist altes Denken. Früher ging man davon aus, dass es Kraftwerke gibt, die Tag und Nacht gleich Energie produzieren und die durchlaufen, und Spitzen werden dann von anderen Kraftwerken abgefangen."

    Atomkraft läuft durch. Kohle auch. Beide Kraftwerkstypen sind schwerfällig, lassen sich nicht kurzfristig und flexibel rauf- und runterregeln. Das bedeutet: Solange sie am Netz sind, sind die Erneuerbaren nur die Ergänzung, im Netz hat der Strom von Kohle und Atom aus technischen Gründen Vorfahrt. Die Folge: Windräder stehen auch bei steifer Brise still, wenn ihr Strom gerade nicht gebraucht wird.

    "Neues Denken in der Energiewirtschaft bedeutet, dass wir die Erneuerbaren Energien optimal nutzen, jeder Strom, den die produzieren, kommt ins Stromnetz, und die Lücken dazwischen, wenn die Bedingungen nicht stimmen, nur die werden noch von konventionellen Kraftwerken gefüllt."

    Deshalb müsse der schon heute festgeschriebene Vorrang der Erneuerbaren Energie durch eine neue Vorfahrtsregel tatsächlich umgesetzt werden. Das würde, so Björn Klusmann vom BEE, auch die Problematik des Netzausbaus entschärfen.

    "Denn wir gewinnen mit dem Abschalten der Kernkraft in Deutschland, was ja im Übrigen niemand fordert, dass von heute auf morgen gleich die ganze Kernenergie vom Netz geht, auch mehr Spielraum in unserem elektrischen System. Das heißt, wir können besser große Mengen Regenerativstrom integrieren, wenn weniger inflexible, träge Kraftwerke am Netz sind."

    Dennoch steht fest: Es muss in die Stromnetze investiert werden, aber auch diese Investitionen stärken die Infrastruktur und lohnen sich auch finanziell. Und: Wer aus der Atomkraft aussteigen will, muss auch neue Stromleitungen akzeptieren. Jenseits der Debatte über den Ausbau der Netze hat Greenpeace Energy jetzt eine eigentlich alte, aber etwas in Vergessenheit geratene Idee aufgegriffen und will sie endlich in die Tat umsetzen:

    Wenn es über der Nordsee stürmt, wenn offshore, an Land und auch auf den Höhenzügen die Windräder laufen und niemand gerade den Strom benötigt, soll diese Energie durch Elektrolyse in Gas umgewandelt werden. Ab Herbst will Greenpeace Energy einen WindGas-Tarif anbieten, der mit einem leichten Preisaufschlag den Ausbau der Elektrolyse fördern soll. Marcel Keiffenheim:

    "Es ist die große Chance, 100 Prozent Erneuerbare in naher Zukunft zu verwirklichen, weil wir einen Speicher nutzen, den wir in Deutschland schon haben, weil wir keine neuen Technologien erfinden müssen, sondern nur die Energienetze sinnvoll verknüpfen, das Stromnetz und das Gasnetz."

    "Das Land wird sich verändern, es wird ein anderes Gesicht bekommen, Energieerzeugung wird über Wind und andere Bereiche viel sichtbarer werden."

    So lautet die Prognose von Hildegard Müller. Die Hauptgeschäftsführerin vom BDEW fügt hinzu:

    "Da locken relativ viele Konflikte, die auch zwischen Umwelt- und Naturschutz auftreten können, wir werden Preiseffekte haben und bei aller Energieeffizienz werden wir am Ende des Tages auch neue effiziente Gas- und Kohlekraftwerke brauchen."

    Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sieht es so:

    "Also ich, ehrlich gesagt, bin ja schon lange im Geschäft, seit über 20 Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema Energiewende. Und ich habe noch keine Zeiten erlebt, wo die Chancen so groß waren, dass sich etwas verändert, weil man sich politisch überhaupt zum ersten Mal einig ist in der Interpretation der Brücke, in dem Ziel einer nachhaltigen Energiewende und auch in dem Weg, wie man dahin gehen will. Und wenn man das nicht ausnutzt, weiß ich nicht, wie es gehen kann."

    "Wir wollen ja mit 100.000 Zuhause-Kraftwerken Deutschlands größtes Gaskraftwerk aufbauen."

    So beschreibt Ralph Kampwirth das ehrgeizige Ziel des Stromlieferanten Lichtblick, seinen Beitrag dazu zu leisten. Noch klingt das utopisch, denn zunächst ist Lichtblick nur in Hamburg mit dem Projekt an den Start gegangen. Knapp 10 Anlagen werden jede Woche installiert, weitere Ballungsräume wie das Ruhrgebiet oder Berlin sollen für den Vertrieb erschlossen werden. Da, wo es läuft, gibt es zumindest zufriedene Gesichter. Denn Uwe Thormählen freut sich nicht nur über seine Kostenersparnisse:

    "Wir wollten ja auch etwas für die Umwelt tun, wir haben auch eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach, und jetzt haben wir noch diese Geschichte und erzeugen Strom im Keller, und wenn sich mehrere Leute dafür entscheiden würden, dann hätten wir tatsächlich wohl in Deutschland die Möglichkeit, die Großkraftwerke nach und nach zu ersetzen."