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"Grundsätzlich offen" für Provisionszahlung durch den Auftraggeber

Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des Maklerverbandes IVD, hat prinzipiell kein Problem damit, wenn der Auftraggeber auch die komplette Maklerprovision zahlen muss. "Man kritisiert den Makler, meint aber eigentlich angespannte Wohnungsmärkte in den deutschen Großstädten", bemängelt er aber die Debatte.

Jürgen Michael Schick im Gespräch mit Benjamin Hammer | 25.10.2012
    Benjamin Hammer: Immobilienmakler genießen in der Bevölkerung nicht gerade höchsten Respekt – zu sehr schmerzen Mieter die scheinbar hohen Provisionszahlungen und zu groß ist bei vielen die Skepsis, ob die Makler ihr Geld wirklich wert sind. Ein Vorstoß der Hamburger SPD hat in dieser Woche daher für viel Aufsehen gesorgt. In Zukunft, so der Vorschlag, soll die Provision für den Makler von demjenigen bezahlt werden, der ihn auch beauftragt hat. In der Regel ist das dann der Vermieter, nicht der Mieter. Wird damit alles gut? Kann sich die Stimmung zwischen Mietern und Maklern damit aufhellen?

    - Über diese Frage spreche ich jetzt mit einem Berliner Immobilienmakler. Er heißt Jürgen Michael Schick und er ist Vizepräsident des Immobilienverbandes Deutschland. Schönen guten Tag, Herr Schick.

    Jürgen Michael Schick: Guten Tag.

    Hammer: Herr Schick, ich habe mir in den letzten Tagen mal Kommentare von Mietern in Internetforen angeschaut und Makler kommen da nicht besonders gut weg. Warum ist Ihr Berufsstand bei manchen so unbeliebt?

    Schick: ..., weil Immobilienmakler verantwortlich gemacht werden für eine Situation, für die sie eigentlich keine Verantwortung tragen, nämlich für die Verknappung von Wohnraum in den Kernbereichen der deutschen Metropolen. Und darauf zielt ja auch die Bundesratsinitiative, wenn es um die Verteilung der Maklerprovision geht. Also man kritisiert den Makler, meint aber eigentlich angespannte Wohnungsmärkte in den deutschen Großstädten.

    Hammer: Da sprechen wir gleich noch drüber. Ich habe vor der Sendung mal im Internet nachgeschaut, mir eine Wohnung rausgesucht, 94 Quadratmeter in der Kölner Innenstadt, eine Warmmiete von 1180 Euro. Wenn ich da jetzt noch die Kaution und die Provision draufschlage, dann muss ich beim Einzug insgesamt eine Summe von 6533 Euro überweisen. Ist das angemessen?

    Schick: Die Angemessenheit einer Miethöhe ergibt sich aus dem Angebot und der Nachfrage von Wohnraum. Und bestimmt ist es so, dass die Mieten in den letzten Jahren in den deutschen Metropolen in den Innenstädten gestiegen sind. Bundesweit haben wir festgestellt, dass im Jahr 2012 die Mieten zwischen drei und 3,9 Prozent oberhalb des Vorjahresniveaus lagen. Aber die Steigerungen sind vor allem in den deutschen Großstädten besonders intensiv ausgefallen. Im Mittel allerdings sind die Mieten zwischen drei und 3,9 Prozent gestiegen.

    Hammer: Schauen wir jetzt mal auf den Vorschlag der Hamburger SPD. In Zukunft sollen die Mieter keine Provision mehr zahlen, wenn sie keinen Makler beauftragt haben. Das ist ja meistens der Fall. Und per Gesetz soll dann der, sagen wir, wahre Auftraggeber zahlen, meistens also der Vermieter. Was halten Sie davon?

    Schick: Wir sind als Immobilienverband IVD dem sogenannten Bestellerprinzip grundsätzlich offen gegenüber, wenn es ein wahres Bestellerprinzip ist. Das heißt, der Mieter muss nach wie vor in der Lage sein, den Immobilienmakler auch mit der Suche nach einer Wohnung beauftragen zu können. Sollte das verboten sein, ist das schlicht und einfach verfassungswidrig. Das, was wir an der Diskussion als schwierig empfinden, ist die ideologische Komponente. Eigentlich zielt man sozusagen auf dieses Problem der Wohnraumverknappung in den deutschen Innenstädten, haut aber auf die Makler. Das ist ein bisschen so, als würden Sie Meteorologen kritisieren, wenn die schlechtes Wetter ankündigen. Ich glaube, die Bundesländer sollten sich eher ihrer eigenen wohnungspolitischen Verantwortung bewusst sein und beispielsweise über die Vergabe von landeseigenen Grundstücken zur Entlastung auf den Wohnungsmärkten beitragen. Dann hätten wir nicht eine ideologisch geführte Verteilungsdiskussion über die Frage, wer kommt auf zwei Nettokaltmieten.

    Hammer: Hat die Politik Ihrer Meinung nach in den letzten Jahrzehnten beim Wohnungsbau versagt?

    Schick: Aus unserer Wahrnehmung ja, weil heute Wohnungspolitik nicht mehr Bundesangelegenheit ist, sondern Ländersache. Und insbesondere die Bundesländer haben eine hohe Verantwortung dafür, dass es ausreichend beispielsweise auch Neubau in den innerstädtischen Arealen gibt. Wenn die Bundesländer keine ausreichende Objektausweisung, Grundstücksausweisung für landeseigene Grundstücke betreiben, dann führt das natürlich unmittelbar zu einer Wohnraumverknappung in den Innenstädten. Und das ist ja eigentlich der Kernpunkt, auf den die Politik zielt. Man lenkt also eigentlich ab von der eigenen Verantwortung.

    Hammer: Jetzt höre ich aber heraus, dass Sie anerkennen, dass es ziemlich schwierig und ziemlich teuer werden kann, in manchen Innenstadtlagen 2,38 Nettokaltmieten als Provision für, sagen wir, manche Makler, die ein paar Fotos machen, das Ding ins Internet stellen. Sind da nicht auch die Makler gefordert, ein bisschen runterzugehen im Preis als gesamtgesellschaftliche Aufgabe?

    Schick: In weiten Bereichen der Bundesrepublik zahlen Mieter ohnehin keine Maklerprovision. In fast allen Bereichen der deutschen Flächenländer, in den strukturschwachen Gebieten, in Nordrhein-Westfalen, in Niedersachsen, in annähernd allen Bereichen der neuen Bundesländer ist der Mieter ohnehin nicht derjenige, der die Provision bezahlt, sondern das tut der Vermieter. Deswegen gehen wir davon aus, dass es wie immer ein Angebot-Nachfrage-Verhältnis ist. Und die Privatautonomie ist in Deutschland das höchste Gut. Deswegen hätten wir nicht nach dem Gesetzgeber gerufen. Ich glaube, solche Dinge regelt der Markt sehr gut. Wenn wiederum die Politik sich über das Bestellerprinzip Gedanken macht, sind wir, wie eingangs schon bemerkt, der Idee aber dennoch grundsätzlich offen eingestellt.

    Hammer: Herr Schick, lassen Sie uns noch kurz auf die Mietpreisentwicklung schauen in den Innenstädten. In Berlin sind die Mieten innerhalb eines Jahres mal eben um sieben Prozent gestiegen. Wann ist da ein Ende erreicht?

    Schick: Wenn mehr Menschen in eine Stadt ziehen, als Wohnungen neu gebaut werden, führt das zu einer Verteuerung von Wohnraum. Diese Mietpreisanstiege sind mit Sicherheit sozusagen sehr deutlich, wenn man sie im Vorjahresvergleich sieht. Allerdings vergessen Sie nicht, dass die Mietpreise vor 20 Jahren in weiten Bereichen höher waren, als wir sie heute haben. Das ist so ähnlich wie bei den Kaufpreisen auch. Immobilienpreise waren beispielsweise Anfang der 90er-Jahre fast überall oberhalb des Niveaus, das wir heute haben. Das heißt, der relative Vorjahresvergleich ist hoch. Gehen Sie davon aus, dass ein durchschnittlicher Haushalt zwischen 20 und 25 Prozent seines Einkommens für das Wohnen, Nettokaltmiete plus Betriebskosten plus Heizkosten, verwendet. Zirka ein Viertel des Haushaltseinkommens wird für das Wohnen warm verwendet. Und da sind die Metropolen in Deutschland fast alle gleich. Das heißt, die Wohnkostenbelastung ist in Hamburg oder München, in Köln, Düsseldorf oder auch in Berlin sehr ähnlich.

    Hammer: Jürgen Michael Schick, Makler in Berlin und Vizepräsident des Immobilienverbandes Deutschland. Besten Dank.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.