"Solange die öffentlich-rechtlichen Anstalten die umfassende Information sicherstellen, braucht man an die privaten Rundfunkveranstalter, auch weil sie es gar nicht können, mindere Anforderungen zu stellen."
Freiheiten für die Privaten, Pflichten für die Öffentlich-Rechtlichen. Günter Herrmann, damals Intendant des Senders Freies Berlin zeigt sich im Interview zufrieden mit dem 4. Rundfunkurteil. Bevor klar wird, warum der Intendant so einverstanden ist, muss man wissen, dass der eigentliche Auftrag des Gerichts darin bestand, festzusetzen, welche Anforderungen an den Privatfunk zu stellen sind. Roman Herzog, damaliger Bundesverfassungsrichter:
"Unabhängig davon kann vom privaten Rundfunk kein in seinem Inhalt breit angelegtes Angebot erwartet werden, weil die Anbieter zur Finanzierung ihrer Tätigkeit nahezu ausschließlich auf Wirtschaftswerbung angewiesen sind. Die Anbieter stehen deshalb vor der Notwendigkeit möglichst massenattraktive unter dem Gesichtspunkt der Maximierung Zuschauer und Hörerzahlen erfolgreichen Programme zu möglichst niedrigen Kosten zu verbreiten."
Der private Rundfunk müsse lediglich einen Grundstandard erfüllen, ein Mindestmaß an Ausgewogenheit und Pluralität im Programm gewährleisten. Aus der Notwendigkeit, den Privaten größtmögliche Freiheit zuzubilligen, leitet das Gericht besondere Anforderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab. Roman Herzog:
"In dieser Ordnung ist die unerlässliche Grundversorgung Sache der öffentlich-rechtlichen Anstalten."
Grundstandard contra Grundversorgung: Obwohl das Urteil 40 eng bedruckte DinA4-Seiten umfasst, bleibt dieser Terminus "kaugummiartig", wie ein damaliger Staatsrechtler anmerkt. Dazu der Mainzer Medienrechtler Professor Matthias Cornils:
"Grundversorgung meint danach, dazu äußert sich das Urteil aber nur ganz knapp, eine umfassende Versorgung, mit vielfältigen Meinungen, Strömungen, thematisch ganz unterschiedlicher, insbesondere Information, Bildung Unterhaltung, auch kultureller Auftrag muss erfüllt werden. In der vollen Breite."
Information, Bildung, Unterhaltung, kultureller Auftrag in voller Breite: Trotz dieser Ausführungen wird nicht klar, was genau unter Grundversorgung zu verstehen ist. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" deutet man Grundversorgung so, dass damit der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk nur auf die absolut notwendigen Funktionen reduziert werden könne. Das Gegenteil ist der Fall. Grundversorgung umfasst das komplette Spektrum programmlicher Vielfalt. Matthias Cornils:
"Diese Konzeption des Bundesverfassungsgerichts ist ein Stück paternalistische, etwas bevormundende Konzeption, weil sie im Grunde genommen die freie Entscheidung des Rezipienten, des Zuschauers, des Fernsehzuschauers für sich nicht akzeptiert und ernst nimmt, sondern ihn ein Stück weit verführen will."
Vollversorgung gegen Nische, umfassende Programmvielfalt im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, damit das Mediensystem für den Staat notwendige Aufgaben erfüllen kann: Information, Bildung auf der einen Seite und Integration der Gesellschaft auf der anderen Seite. Matthias Cornils:
"Man kann das etwas spöttisch als Honigfallenmethode oder Leimroutenmethode bezeichnen, man muss es aber auch gar nicht despektierlich betrachten, dahinter steckt natürlich durchaus eine Konzeption, die natürlich auch Gründe für sich in Anspruch nehmen kann."
Auch wenn in den 90er-Jahren der Begriff der Grundversorgung durch den Terminus des Programmauftrags ersetzt wird, bleibt die Kontinuität in dieser Frage gewahrt. Eine Entscheidung, die sich ganz deutlich zum noch jungen dualen Rundfunksystem bekennt und den Rundfunkanstalten in den Folgejahren in Gebührenverhandlungen eine Argumentationshilfe bietet.
Das treibt in der Folge allerdings seltsame Blüten, nämlich dann,
" ... wenn man die Gebührenerhebung grundrechtlich nur dadurch rechtfertigen kann, dass man ein entsprechend teures Angebot macht. Also man muss die Gebühr aus dem Angebot rechtfertigen und nicht das Angebot aus der Gebühr. Das ist, wie wir Juristen sagen, ein Zirkelschlussargument, begründet, dass was eigentlich finanziert werden soll, mit dem Finanzierungsvolumen. Während es umgekehrt der Fall sein müsste."
Sagt Matthias Cornils. Abgesehen von der Diskussion um Gebühr oder Haushaltsabgabe: Die Setzungen des Gerichts sorgen dafür, dass zum Auftrag des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks auch Programminhalte wie Sport, Unterhaltungsserien und Kulturangebote gehören.
"Auf den Punkt gebracht, Privaten Rundfunk darf es überhaupt nur geben, wenn es einen umfassenden, großartigen gut finanzierten bestandsgeschützten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk gibt, weil der Private ja so defizitär ist."
Freiheiten für die Privaten, Pflichten für die Öffentlich-Rechtlichen. Günter Herrmann, damals Intendant des Senders Freies Berlin zeigt sich im Interview zufrieden mit dem 4. Rundfunkurteil. Bevor klar wird, warum der Intendant so einverstanden ist, muss man wissen, dass der eigentliche Auftrag des Gerichts darin bestand, festzusetzen, welche Anforderungen an den Privatfunk zu stellen sind. Roman Herzog, damaliger Bundesverfassungsrichter:
"Unabhängig davon kann vom privaten Rundfunk kein in seinem Inhalt breit angelegtes Angebot erwartet werden, weil die Anbieter zur Finanzierung ihrer Tätigkeit nahezu ausschließlich auf Wirtschaftswerbung angewiesen sind. Die Anbieter stehen deshalb vor der Notwendigkeit möglichst massenattraktive unter dem Gesichtspunkt der Maximierung Zuschauer und Hörerzahlen erfolgreichen Programme zu möglichst niedrigen Kosten zu verbreiten."
Der private Rundfunk müsse lediglich einen Grundstandard erfüllen, ein Mindestmaß an Ausgewogenheit und Pluralität im Programm gewährleisten. Aus der Notwendigkeit, den Privaten größtmögliche Freiheit zuzubilligen, leitet das Gericht besondere Anforderungen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab. Roman Herzog:
"In dieser Ordnung ist die unerlässliche Grundversorgung Sache der öffentlich-rechtlichen Anstalten."
Grundstandard contra Grundversorgung: Obwohl das Urteil 40 eng bedruckte DinA4-Seiten umfasst, bleibt dieser Terminus "kaugummiartig", wie ein damaliger Staatsrechtler anmerkt. Dazu der Mainzer Medienrechtler Professor Matthias Cornils:
"Grundversorgung meint danach, dazu äußert sich das Urteil aber nur ganz knapp, eine umfassende Versorgung, mit vielfältigen Meinungen, Strömungen, thematisch ganz unterschiedlicher, insbesondere Information, Bildung Unterhaltung, auch kultureller Auftrag muss erfüllt werden. In der vollen Breite."
Information, Bildung, Unterhaltung, kultureller Auftrag in voller Breite: Trotz dieser Ausführungen wird nicht klar, was genau unter Grundversorgung zu verstehen ist. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" deutet man Grundversorgung so, dass damit der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk nur auf die absolut notwendigen Funktionen reduziert werden könne. Das Gegenteil ist der Fall. Grundversorgung umfasst das komplette Spektrum programmlicher Vielfalt. Matthias Cornils:
"Diese Konzeption des Bundesverfassungsgerichts ist ein Stück paternalistische, etwas bevormundende Konzeption, weil sie im Grunde genommen die freie Entscheidung des Rezipienten, des Zuschauers, des Fernsehzuschauers für sich nicht akzeptiert und ernst nimmt, sondern ihn ein Stück weit verführen will."
Vollversorgung gegen Nische, umfassende Programmvielfalt im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, damit das Mediensystem für den Staat notwendige Aufgaben erfüllen kann: Information, Bildung auf der einen Seite und Integration der Gesellschaft auf der anderen Seite. Matthias Cornils:
"Man kann das etwas spöttisch als Honigfallenmethode oder Leimroutenmethode bezeichnen, man muss es aber auch gar nicht despektierlich betrachten, dahinter steckt natürlich durchaus eine Konzeption, die natürlich auch Gründe für sich in Anspruch nehmen kann."
Auch wenn in den 90er-Jahren der Begriff der Grundversorgung durch den Terminus des Programmauftrags ersetzt wird, bleibt die Kontinuität in dieser Frage gewahrt. Eine Entscheidung, die sich ganz deutlich zum noch jungen dualen Rundfunksystem bekennt und den Rundfunkanstalten in den Folgejahren in Gebührenverhandlungen eine Argumentationshilfe bietet.
Das treibt in der Folge allerdings seltsame Blüten, nämlich dann,
" ... wenn man die Gebührenerhebung grundrechtlich nur dadurch rechtfertigen kann, dass man ein entsprechend teures Angebot macht. Also man muss die Gebühr aus dem Angebot rechtfertigen und nicht das Angebot aus der Gebühr. Das ist, wie wir Juristen sagen, ein Zirkelschlussargument, begründet, dass was eigentlich finanziert werden soll, mit dem Finanzierungsvolumen. Während es umgekehrt der Fall sein müsste."
Sagt Matthias Cornils. Abgesehen von der Diskussion um Gebühr oder Haushaltsabgabe: Die Setzungen des Gerichts sorgen dafür, dass zum Auftrag des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks auch Programminhalte wie Sport, Unterhaltungsserien und Kulturangebote gehören.
"Auf den Punkt gebracht, Privaten Rundfunk darf es überhaupt nur geben, wenn es einen umfassenden, großartigen gut finanzierten bestandsgeschützten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk gibt, weil der Private ja so defizitär ist."