Archiv


GSSS Bremen

Die GSSS – die Graduate School of Social Sciences: Ein rotes Gebäude aus Backstein und Glas, gleich neben der Bremer Universität. Hier werden Doktorandenträume wahr: Ein eigenes Büro, vernünftige Computer, der Professor ist allzeit bereit für Fragen, die Mit-Doktoranden sitzen nebenan und helfen, wenn es möglich ist. Die GSSS – keine Traumwelt, sondern ein Eliteprojekt. Hier schreibt auch Bettina Kohlrausch an ihrer Arbeit über Lebenslaufforschung. Und konnte feststellen, dass sich ihr Alltag doch erheblich von dem anderer Doktoranden unterscheidet:

Von Folkert Lenz |
    Ein Unterschied ist, dass ich überhaupt jeden Morgen hier her komme. Normale Doktoranden bleiben ja in ihrer Wohnung. Dann haben wir im ersten Jahr, vor allem im ersten Halbjahr, da haben wir Kurse: Acht Wochenstunden, das ist recht viel. Das muss vor- und nachbereitet werden. Und ansonsten schreibe ich meine Promotion.

    Auch Lehren muss die Sozialwissenschaftlerin: Zwei Stunden pro Woche. Wie das geht, das bekommt sie zuvor im Unterricht vermittelt. Die GSSS ist so etwas wie eine Ganztagsschule für Doktoranden - mit festem Stundenplan. Und die Fellows, wie sich die Schüler an diesem international ausgerichteten Institut nennen, sind ganz schön privilegiert, gibt Bettina Kohlrausch zu. Vor allem der enge Austausch mit den anderen Graduate-Anwärtern hat es ihr angetan.

    Es ist eine schöne Arbeitsatmosphäre, weil man eben nicht alleine ist. Teilweise sind es ja nur kleine Probleme, an denen es hakt. Dieser Austausch, ich glaube, der beschleunigt das auch ungemein, den ganzen Prozess. Und man sieht natürlich auch, wie schnell andere sind. Dass man gewissermaßen auch selber eine positive soziale Kontrolle hat. Dass man selber sieht, wo man ungefähr stehen müsste.

    Denn die Fellows haben ein ehrgeiziges Ziel: Nach drei Jahren schon soll die Promotion fertig sein. Die Bremer Graduiertenschule sieht sich als Prototyp für eine neue Form der Doktoranden-Ausbildung in Deutschland, sagt der Geschäftsführer Werner Dressel. Denn bislang mangele es an einer vernünftigen Fortbildungsstruktur nach dem Diplom oder dem Master. Mit ihrem Curriculum will die GSSS jetzt Nachhilfe leisten. <0.21>

    Hier sollen die Absolventen nicht nur mit ihrer Dissertation durch geschleust werden. Wir wollen sicher sein, wenn unsere Fellows auf den Arbeitsmarkt kommen, dass dann gesichert ist, dass sie eine breite Ausbildung haben. Wir haben ein Theorieseminar. Sie lernen qualitative und quantitative Methoden. Und man wundert sich, dass dann auch Doktoranden dann die Schulbank wieder drücken müssen. Denn in vielen Dingen ist die Ausbildung da einfach nicht weit genug.

    "Elite in progress" – so ist das Konzept der GSSS überschrieben. Kurze Wege und ein direkter Draht zu seinen Schülern, Einzelbetreuung: All das hat auch Steffen Mau als Juniorprofessor nach Bremen gelockt.

    An der normalen Universität ist ein Professor hauptsächlich damit beschäftigt, Kurse für Leute im BA- oder MA- oder Diplomstudiengang zu geben. Und hier ist es eben so: Man wird drei Jahre kontinuierlich mit Leuten zusammen arbeiten. Und auch vielleicht die Idee, dass die Leute irgend wie miteinander einen engeren Kooperationszusammenhang formen: Das ist auch sehr unüblich, weil deutsche Doktoranden in der Regel sehr isoliert sind.

    30 junge Sozialwissenschaftler aus acht Ländern arbeiten derzeit an der Graduate School of Social Sciences. Für die 15 neuen Plätze rechnet Geschäftsführer Werner Dressel mit 300 Bewerbungen. Daraus will er sich die klügsten Köpfe heraussuchen. <0.13>

    Vor allen Dingen die Qualität des so genannten Proposals, also die Vorstellung darüber, was denn nun in der Doktorarbeit gemacht werden soll, das ist die Grundlage. Dazu kommt das Übliche: Empfehlungsschreiben von Professoren und so weiter. Und auch die Zeugnisse guckt man natürlich an. Meistens sind es Einser-Kandidaten, die wir hier haben. Es kann auch mal ein Zweier dabei sein. Aber entscheidend ist die Qualität des Proposals.

    Absolventen der GSSS sollen später die wissenschaftliche Elite bilden – so die Idee. Die Sozialwissenschaftler aus Bremen könnten zum Beispiel die Vereinten Nationen beraten, Wohlfahrtsverbände bei ihrer Arbeit begleiten oder neue Rentensysteme austüfteln.