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Günter Grass - Zum 80. Geburtstag

Grass: "Es war einmal ein kleines Mädchen, das wurde von Waldzigeunern einem Studienrat untergeschoben, der in einer toten Fabrik Glimmersteine sortierte und Oswald Brunies hieß."

Von Uwe Pralle | 16.10.2007
    "Zeit im Funk": Berlin. Die ersten 25.000 Exemplare sind schon verkauft. "Hundejahre", ein neuer Roman von Günter Grass.
    Nicht anders als heute war es auch schon 1963 das literarische Top-Ereignis, wenn ein neuer Roman von ihm erschien. Die 25.000 Exemplare der 1. Auflage von "Hundejahre" waren sogar schon durch Vorbestellungen verkauft. Von Anfang an ist Günter Grass mit Pauken - natürlich - und Trompeten in die Nachkriegsliteratur eingezogen: "Die Blechtrommel" 1959 international ein Paukenschlag, die Novelle "Katz und Maus" zwei Jahre später eine weitere treffsicher im Nierentischambiente der Wirtschaftswunderwelt einschlagende Provokation, und "Hundejahre" schließlich ein Selbstläufer, zumal der wortgewaltige Vortrommler - aus heutigem Blickwinkel kaum zu glauben - obendrein im Ruf stand, ein "Bürgerschreck" und "pornographisch" zu sein.

    "Wer fing an mit dem Brausepulver? Die alte Streitfrage zwischen Liebenden. Ich sage, Maria fing an. Maria hat nie behauptet, Oskar habe angefangen. Sie ließ diese Frage offen und hätte, peinlich befragt, allenfalls zur Antwort gegeben: "Das Brausepulver hat angefangen.""

    "Ich bekomme ab und zu mal Briefe von katholischen Buchhändlern, die mir sagen, dass sie "Die Blechtrommel" zu Anfang überhaupt nicht verkaufen wollten, dann haben sie aber doch verkauft und jetzt sehen sie aber nach der Novelle überhaupt keinen Grund mehr, sie zu verkaufen und dass sie sich noch weitere Schritte - geeignete Schritte, sagen sie zumeist - überlegen wollen und dass man zum Boykott aufruft. Nur ist es Gott sei dank so, dass selbst katholische Buchhändler gerne Geld verdienen und dieser Boykott nach einer gewissen Zeit nicht mehr aufrechterhalten wird. Und das lässt mich für die katholischen Buchhändler und auch für die Zukunft meiner Bücher hoffen."
    So selbstbewusst und spöttisch, wie Grass 1961 auf die verbreitete Entrüstung über die Offenherzigkeiten seiner anarchischen Einbildungskraft in der "Danziger Trilogie" reagierte, scheint es fast, als seien solche öffentlichen Kontroversen geradezu Wasser auf seinen Mühlen gewesen. Festigten die Boykottdrohungen, Strafanzeigen und verweigerten Literaturpreise wie 1961 in Bremen nicht gerade seinen Ruf als "Enfant terrible" und Stimmführer der neuen deutschen Literatur? War er von Anfang an nicht auch schon immer ein Medienphänomen, weil er die Mechanismen der Öffentlichkeit und des Literaturmarktes vorzüglich zu nutzen verstand und zu Recht darauf baute, dass alle sogenannten Skandale der literarischen Substanz seiner ersten Romane nichts anhaben konnten und ihren Erfolg vielmehr sogar noch förderten? Und ebenso die Scharmützel mit den Kritikern; denn schließlich waren es nicht nur katholische Buchhändler, die sich über ihn empörten, sondern spätestens mit den "Hundejahren" etablierte sich auch ein anderes Medienritual:

    Interviewer: "Herr Grass, die Kritiken liegen inzwischen schon vor, einige wichtige. Da hat der Enzensberger gesagt: Zwölf Romane in einem, aber kein Roman, und Walter Jens hat Ihnen vorgeworfen, Sie repetieren Ihre Themen, Ihre Schauplätze von der "Blechtrommel" und von "Katz und Maus"."

    Grass: "Ja nun, ich hab's nicht nachgezählt, also ob man aus den "Hundejahren" zwölf Romänchen machen könnte. Ob die Hundejahre nun ein Roman sind oder nicht, das kann ich selber nicht beurteilen. Ich glaube, dass es eine epische Grundlage hat, deswegen war ich kühn genug, das Ganze Roman zu nennen, und das endgültige Wort, ob es sich um einen Roman handelt oder nicht, das muss ich andern überlassen. Und was das Repetieren der Schauplätze angeht, bin ich nicht ganz der Meinung von Jens. Zum Beispiel - wenn ich mich recht erinnere - kommen in der "Blechtrommel" keine Wälder vor, keine Waldszenen. In den "Hundejahren" gibt es zwei Waldszenen, zwei breit ausgebaute Waldszenen. Das ist nicht repetierend. Ich weiß nicht, ob das für Jens wesentlich ist, ob etwas auf der Straße oder im Wald spielt, für mich ist es sehr wesentlich, und ich meine, ein Kritiker müsste das merken."
    Da war es im Kern bereits: das Ritual, von dem weder die Kritiker in den Feuilletons noch Grass selbst je wieder ablassen sollten - jene, die ihn besonders aufs Korn nahmen, weil es das Machtgefühl und die Eitelkeit der Kritik reizte, es mit dem herausragenden Schriftsteller der neuen Generation aufzunehmen; und dieser, dem der Multiplikationseffekt des kritischen Geschäfts aus der Gruppe 47 nur zu gut geläufig war und dem es auch nicht an Selbstbewusstsein mangelte:

    "Die Schwierigkeiten bestanden für mich zuerst darin: Also mein bisheriger Umgang bestand aus Bildhauern, Malern und Modellen, wenn man will. Und dann kamen auf einmal schätzenswerte Menschen wie Joachim Kaiser und wie Walter Jens, die ohne weiteres, nachdem sie ein Manuskript angelesen hatten oder etwas gehört hatten, druckreif sprechen konnten. Die verblüfften mich. Und eigentlich habe ich keine Neigung zu Minderwertigkeitskomplexen, aber wenn ich welche bekommen hätte, wär damals der Moment gewesen. Also Joachim Kaiser hätte mir beim ersten Auftreten Minderwertigkeitskomplexe einjagen können."
    Und so musste Grass bei diesem äußerst öffentlichkeitswirksamen Spiel auch gar nicht erst lange gebeten werden, seine Resistenz gegen Minderwertigkeitskomplexe zu demonstrieren - etwa 1965 in seiner Dankesrede für den Büchner-Preis, in der er einen speziellen Typus kritischer Geister aufs Korn nahm:

    "Unsere Hohepriester der knitterfreien Biographie, die sich das possierliche Vorrecht, Gewissen der Nation spielen zu dürfen, jeweils im Feuilleton irgendeiner halbliberalen Zeitung abverdienen."

    Damit waren nun allerdings längst nicht mehr allein stichelnde Literaturkritiker gemeint, sondern auch schon die Gesellschaftskritiker der außerparlamentarischen Opposition, die der Wahlkampf-Trommler für die an die Regierung strebenden Sozialdemokraten Willy Brandts nun immer häufiger ins Visier nahm:

    "Das Grundgesetz, das wir hier in diesem Land haben, ist das beste, das es zu allen Zeiten gegeben hat, und solange mir einer dieser Demagogen, ganz gleich, ob sie von links oder rechts kommen, nicht eine prüfbare, überprüfbare Alternative gezeigt hat, nenne ich diese Leute Demagogen. Aber mit dem bloßen Revolutionsgeschrei, dazu mit den Methoden aus dem 19. Jahrhundert, und oft genug mit Methoden, die sich zwar links nennen, aber aus der rechten Plunderkiste gestohlen worden sind, bin ich nicht zu überzeugen."
    Der Einbruch der Politik ins vorher vor allem literarische Spiel veränderte seine mediale Präsenz noch einmal ähnlich stark wie der Erfolg der "Blechtrommel".

    "Mit dem Erscheinen der "Blechtrommel" war ich in relativ jungen Jahren - ich war da zweiunddreißig Jahre alt - eine Person der Öffentlichkeit."
    In der Tat: Mit seinem ersten Roman war Grass sofort zum Repräsentanten geworden, und zwar nicht allein seiner provozierend in der Adenauer-Ära widerhallenden Prosa, sondern der Erneuerung der jungen deutschen Literatur, und eben das hatte die Rituale zwischen ihm und der Literaturkritik von Anfang an ohnehin schon symbolisch aufgeladen. Doch durch seine Politisierung sollten sich die Tonlagen der medialen Machtspiele noch einmal erheblich verschieben.

    "Der äußere Anlass, mich politisch zu engagieren, hatte mit Literatur direkt wenig zu tun. Ich kam 1960 zurück aus Paris und erlebte ein Jahr später, 1961, als die Mauer gebaut wurde und Willy Brandt zum ersten Mal als Bundeskanzler für die SPD kandidierte, dass eine abscheuliche Diffamierungswelle gegen ihn lief, ausgelöst von dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer in Regensburg, (in) einer Rede hat er das zum ersten Mal ausgesprochen, die Diffamierung der deutschen Emigration, zusätzlich noch Brandt als uneheliches Kind. Diese Diffamierung ist sehr wirkungsvoll gewesen, und ich weiß es aus eigener Erfahrung und wir können es in der Literatur nachlesen, der Diffamierte kann sich selbst schlecht wehren. Deshalb hab ich es unter anderem als eine Aufgabe der Schriftsteller angesehen, auch nach französischem Vorbild, hier den Part des Diffamierten zu ergreifen und ihn zu verteidigen."
    Fortan forderte jedes Werk dieses deutschen Zola die Kritik zu regelrechten Staatsaktionen heraus, bei denen es noch weniger als zuvor um literarische Fragen ging, sondern um symbolische Politik: von links maliziöse Tiraden über den staatstragenden Vorzeige-Schriftsteller der Sozialdemokraten, von rechts Häme gegen den nun allmählich selbst zum "Gewissen der Nation" aufgerückten engagierten Literaten - und gleichzeitig spielten alle miteinander jenes endlose Spiel, an dem auch auf dem literarischen Aufmerksamkeitsmarkt kein Mitspieler vorbeikommt, und wenn nicht aus Eitelkeit, so allein von Berufs wegen: ob es nun die Schriftsteller sind oder die Kritiker, die den Ton angeben.

    Aber auch bei Grass selbst trat das Literarische in den Hintergrund. Mit seinen ersten nicht mehr in der Danziger Vorzeit angesiedelten, sondern direkt in der Gegenwart ansetzenden Büchern, "Örtlich betäubt" 1969 und "Aus dem Tagebuch einer Schnecke" drei Jahre später, zugleich seine ersten Misserfolge, begann er, sich aufs dünne Eis polemischer Zeitvignetten und einer politischen Literatur zu begeben.

    "Auch ich habe natürlich, sehr oft sogar, die Lust: Raus aus diesem ganzen Reibflächentheater, das nun mal unsere Gegenwart bestimmt, aber es gibt doch kein Entrinnen. Und es gibt allerdings den bei mir anhaltenden Versuch und das Bestreben, die Domäne der Kunst und die Gesetze der Kunst aufrecht zu erhalten, auch wenn ich mich an politischen Themen, sei es der Gegenwart, sei es der Vergangenheit reibe."
    Wenn er seine Bemühungen um die "Gesetze der Kunst" jedoch nicht ausreichend gewürdigt sah, zog er alle Register des eingespielten Rituals:

    "Leute, die vormals die "Blechtrommel" verrissen haben, meinen sie mir nun vorhalten zu müssen. Und wenn es nicht so ärgerlich wäre und ein Beweis auch für den Niedergang der Kritik, könnte man darüber lachen. Gerade die epischen Romane von mir sind jeweils, von der Erzählposition her, vom Klima des jeweiligen Jahrzehnts mitgeprägt."
    Allerdings verlor dieses Ritual, das - wie jedes Rollenspiel - auch auf heimlichem Einverständnis aller Beteiligten beruht, allmählich an öffentlicher Wirksamkeit: als die schneller und anders als in den politischen 70er Jahren rotierende Aufmerksamkeitskultur seit den 80er Jahren andere Stimulantien suchte, drohte es auszuleiern.

    Für Grass war es ein Glücksfall, als er Mitte der 80er Jahre auf einen jungen Göttinger Verleger traf, der mit provokanten Tönen auf der Bildfläche erschien:

    Steidl: "Diese Buchbranche ist einigermaßen vertrottelt und verschlafen, und sowie jemand eine Idee hat und vorprescht, wird er dafür geprügelt, weil das natürlich die Schläfrigkeit der Branche in Szene setzt. Ich habe mir das sehr genau überlegt, ich bin der Meinung, dass man ähnlich verfahren muss wie in der Musikbranche oder Theaterbranche, wenn ein neues Stück kommt im Herbst, wird es frühzeitig aufgebaut und man freut sich auf die Theatersaison oder man freut sich auf die Filme, die dann im Winter im Kino laufen. Und ähnlich muss es mit Büchern geschehen. Ein Buch muss ins Gespräch gebracht werden, und warum soll man nicht aggressiv werden? Die Werbemethoden haben sich in den letzten zehn oder fünfzehn Jahren dramatisch geändert und die Werbung ist auch ein Stück Kultur und es macht Spaß, mit Werbung umzugehen. Nur in dieser Buchbranche geht das eben nicht. Also ein Buch wird normalerweise so beworben: Buch wird abgebildet, untendrunter steht: 722 Seiten, Leinen, 16 Mark 80. Feierabend. Und alles was darüber hinausgeht, ist Pfui, aber ich halte mich nicht daran."
    Gerhard Steidl ist als Drucker und Verleger ein Selfmademan, der 1970 mit Druckgraphiken von Klaus Staeck begann und seither ein kleines "Imperium" schuf, auf dessen handwerklich-technische Autarkie er stolz ist:

    "Wir sind ein U-Boot, in drei Häusern, in der Göttinger Innenstadt ist alles untergebracht, und man braucht den ganzen Tag nicht herausgehen, man kann alles im Haus machen. Das einzige, was ins Haus hineingeht, ist Papier, und Papier - Bücher - gehen wieder heraus. Das macht sehr viel Spaß, wenn man den ganzen Arbeitsprozess von A bis Z miterleben kann. Das ist natürlich viel vielfältiger als in anderen Verlagen, wo nur Schreibtischarbeit gemacht wird."
    Der Sinn für alle Finessen traditioneller Druckverfahren und Typographie, aber auch neuester Technologien, einschließlich ökologischer Gesichtspunkte, die der vom linken sozialdemokratischen Milieu Göttingens geprägte Steidl stets berücksichtigt, hat seinen Verlag eine erstaunliche Entwicklung nehmen lassen:

    "Wenn man in Hongkong auf dem Flughafen Großfotos von Lagerfeld in Lichtboxen sieht, kommen die letzten Endes von uns,"
    sagt Gerhard Steidl über seine Kooperation mit Karl Lagerfeld, von dem er vor fünfzehn Jahren die ersten Bücher mit künstlerischen Photos herzustellen begann.

    "Irgendwann hat er mich gefragt, ob ich nicht für ihn, für Chanel, Einladungen, Presskits, Modekataloge drucken kann. Von der Idee, die er hat, die natürlich aus der Kollektion kommt, betreuen wir praktisch weltweit die gesamte Werbung für Chanel."
    Unterbaut ist das jedoch durch die Photoeditionen des Verlags, der mit jährlich etwa 80 Titeln inzwischen weltweit die Nummer Eins in diesem Bereich ist.

    "Also wenn ich ein hochwertiges Fotobuch herstelle, dann kann ich in Deutschland davon vielleicht drei-, vierhundert Stück verkaufen. Und da ich diese Bücher liebe und auch machen will und daran natürlich auch nicht Pleite gehen möchte, habe ich dann irgendwann überlegt, dass ich die überhaupt nur noch in englischer Sprache mache und dann für den Weltmarkt. Es gibt ein Buch, das bei uns im Haus gedruckt wird, auf dem "Steidl" steht, und das wird in cirka vierzig Ländern vertrieben. Und selbst wenn es ein ganz unbekannter Photograph ist oder ein Debütant oder ein sehr schwieriges Buch, kommt man dann weltweit doch auf eine Mindestauflage von drei- bis viertausend Stück und ist damit kostendeckend."

    Damit verglichen ist das literarische Programm eher schmal, mit dem Steidl 1986 begann - und nicht zuletzt mit Günter Grass als Zugpferd, obwohl sich der Kontakt zuerst durch Grass' künstlerische Arbeiten ergab.

    Steidl: "Ich habe mir Anfang der 80er Jahre mehrere Ausstellungen von Günter Grass angesehen, sein graphisches Werk. Und das hat mich fasziniert. Ich habe dort in den Blättern, die gezeigt wurden, Erläuterungen und Erklärungen zu seinen Büchern gefunden, die ich bisher nicht hatte. Und ich habe dann einen Brief an ihn geschrieben und habe gesagt: Wo gibt es eigentlich weitere Informationen, ich hab gemerkt, es gibt keinen einzigen Katalog, es gibt kein Buch. Da schrieb er mir dann zurück: Ja, ich sehe an Ihrem Briefkopf, Sie sind Verleger, machen Sie doch ein solches Buch. Mein Verlag hat daran kein Interesse. Und das war der Beginn der Zusammenarbeit. Wir haben uns dann kennen gelernt, haben ein Verzeichnis seines graphischen Werkes herausgegeben, 1986, und er hat dann - glaube ich - die Atmosphäre unseres Hauses genossen, das heißt im Haus die Druckerei zu haben, Druckfarbe zu schnuppern, Papier fühlen zu können und das alles in besagtem U-Boot herstellen zu können, das hat ihm viel Spaß gemacht."
    Als Steidl seit den 90er Jahren auch alle literarischen Werke von Grass herausbrachte, konnte er schließlich seine Vorstellungen eines zeitgemäß aggressiven Marketings umsetzen - und trieb erstmals mit "Ein weites Feld" das Medienritual, in das Grass seit jeher involviert war, auf die Spitze:

    "Ich war überzeugt, dass es richtig ist, was wir für das Buch machen. Das Buch wurde inszeniert. Man hat einen Spannungsbogen aufgebaut. Das habe ich mir wohl überlegt, das ist auch nicht das erste Mal, dass man das gemacht hat, da ist ein gewisses Know-how vorhanden. Ich war fest überzeugt, dass es richtig ist und muss nachträglich sagen: es hat sich alles bewahrheitet."

    Grass: "Doch alle, die an diesem Abend gekommen waren, wollten ins Kesselhaus, wo das Stehpult wartete."

    Reich-Ranicki: "Wie ist es möglich, dass er nichts erzählen kann, keine Episode, keine Geschichte, nichts."

    Steidl: "Das sind natürlich zwei Titanen, die da zusammengekommen sind, und das ist auch ein bisschen Showbusiness, das nehmen die Leute wahr und sie wollen daran teilhaben. Der Totalverriss hätte nie zu einem Absturz geführt. Da war ich fest von überzeugt. Im Grunde habe ich mir nur diese beiden Varianten gewünscht: Totalverriss oder totales Lob. "
    So hat Gerhard Steidl mit seinem Gespür für die Gesetze heutiger Aufmerksamkeitskultur Günter Grass noch einmal neu erfunden, jenen Günter Grass allerdings, der er als streitbarer Medienstar der deutschen Literatur schon immer war. Und obwohl ihn der Nobelpreis von 1999 in eine Sphäre jenseits aller Kritik katapultiert hat - so geschickt, wie "Beim Häuten der Zwiebel" im vorigen Jahr genau da placiert war, wo die Reflexe der Öffentlichkeit besonders heftig sind, kann man gespannt sein, was Günter Grass, dem nun Achtzigjährigen, und seinem Göttinger Verleger künftig noch alles so einfallen wird im literarischen Showbusiness.