Thomas Hampson allerdings geht nobel mit dem Grafen Luna um. Seine ausgesprochen edle und warm timbrierte Stimme ist ein Hörvergnügen, jedoch wenig schurkentauglich. 2. Akt, Szene in der Kirche, in der Leonora den Schleier nehmen will. * Musikbeispiel: Guiseppe Verdi - aus "Il Trovatore" Im Booklet, das mit essayistischen Werkbetrachtungen eher sparsam versehen ist, gibt Roberto Alagna Auskunft über seine Interpretationsvorstellungen für die Partie des Manrico. Er sieht in ihr einen seinerzeit neuen, ganz besonderen Stimmtyp gefordert. Die Partie steht einerseits in der älteren Tradition des leicht geführten Belcanto, andererseits ist es eine moderne Partie für farbenreichere, dunklere, rundere Stimmen. Die lang phrasierte Gesangslinie, eine Höhe, die der Mittellage in der Färbung gleicht, glänzende Spitzentöne, edles portamento: All das machen den Manrico so aufregend. Roberto Alagna bricht in seiner Betrachtung auch eine Lanze für die gestalterische Initiative des Tenors. Das ganze Repertoire der Verzierungstechniken aus der Belcanto-Zeit hätte Verdi von seinen Tenören noch erwartet. Es sei selbstverständlich, so Roberto Alagna, als Sänger sein Können zu zeigen. Für eine Kadenz gäbe es immer einen Grund.
Anderthalb Seiten große Worte, aber Alagna kann sie mit jedem Ton einlösen. Im folgenden Ausschnitt aus dem dritten Akt genießen Manrico und Leonora einen kurzen Augenblick des Glücks. * Musikbeispiel: Guiseppe Verdi - aus "Il Trovatore" Zur berühmten Stretta nur soviel: bezwingender, siegessicherer kann man sie derzeit nirgends auf der Welt hören. Um das Orchester bei einem solchen vokalen Aufgebot nicht zum begleitenden Stichwortgeber im berüchtigten Verdi-Dreiertakt abgleiten zu lassen, braucht es einen Dirigenten mit ausgeprägtem Gestaltungswillen. Antonio Pappano hat ihn in frappierendem Maße. Für jede Situation der wilden Opernhandlung formt er einen anderen Klang. Dass die Tempi sitzen und dem Stück von Anfang bis Ende Stringenz geben, versteht sich fast von selbst. Unter Antonio Pappano steht das Orchester dem vokalen Luxus gleichgewichtig gegenüber.
Verdient diese Opern-Einspielung überhaupt einen kritischen Einwand, dann den, dass man zu der rundum perfekten musikalischen Überwältigung unmöglich eine zeitgemäße Inszenierung auf der Bühne imaginieren kann. Der räumliche Höreindruck fixiert die Sänger überwiegend in der vorderen Mitte, dort, wo sie gewöhnlich "ihr Können zeigen". Die in unserer Sendung vorgestellte Aufnahme von Giuseppe Verdis "Il Trovatore" ist bei EMI Classical erschienen.