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Gut gefälscht ist halb gewonnen

Schäden in Milliardenhöhe verbucht die Wirtschaft in Deutschland durch gefälschte und kopierte Produkte. Politik und Behörden der Industrienationen haben dem modernen Markenklau den Kampf angesagt. Die Fälscher sind jedoch häufig einen Schritt schneller.

Von Andreas Kolbe | 11.04.2007
    Solingen, Ende März dieses Jahres. Auf einem Parkplatz in der Innenstadt schütten Arbeiter fabrikneue Ware auf einen großen Haufen. Es sind Einkaufskörbe aus Stoff und Aluminium und Leder-Schmuckkästchen aus dem Sortiment einer großen deutschen Discount-Kette. Die Waren sind billige Kopien geschützter Designer-Stücke.

    "Plagiate müssen vernichtet werden. Denn die sind beschlagnahmt und der Richter hat gesagt: Okay, zur Vernichtung freigegeben. Und da liegen sie jetzt und jetzt kommt die Straßenwalze und macht sie platt."
    Mit einer tonnenschweren Straßenwalze werden die Einkaufskörbe und Schmuckkästchen zusammengequetscht und unbrauchbar gemacht. Hinter der Absperrung beobachten zahlreiche Schaulustige, Fernsehkameras und Journalisten das Spektakel.
    Professor Rido Busse ist der Initiator dieser öffentlichen Vernichtungsaktion. Der Designer will damit auf das immer größer werdende Problem der Marken- und Produktpiraterie aufmerksam machen und die Werbetrommel für das neue Museum Plagiarius rühren. In der Solinger Ausstellung zeigt der von Busse gegründete Verein Plagiarius seit Anfang April die dreistesten Produktkopien aus mehr als 30 Jahren. Links das Original, rechts die Fälschung - zum Verwechseln ähnlich.

    "Ein chinesischer Hersteller hat die Firma Grohe, bekannt für qualitativ hochwertige Armaturen, kopiert und hat sie aber nicht Grohe genannt, sondern Grohi. Es wurde alles mit übernommen, auch die komplette Verpackung, was man hier sieht, Seifenschale eindeutig identisch."
    Die Ausstellungsstücke im Museum Plagiarius spiegeln die Entwicklung der Produktpiraterie in den vergangenen Jahren wider. Wurden anfänglich vor allem Luxusartikel und Markenkleidung gefälscht, so kommen die Plagiate heute aus allen Bereichen der Wirtschaft: Haushaltsgeräte und Accessoires, Kosmetik und Medikamente, Kinderspielzeuge und Lebensmittel. Das Highlight der Ausstellung ist ein Motorrad mitsamt dem detailgetreuen Nachbau aus Fernost.

    "Die sind funktionstüchtig, aber ich würde niemals mit dem Plagiat losfahren. Denn die Materialien sind einmal anders: Sie haben andere Stähle verwendet. Sie haben dünneres Material verwendet, sowohl was die Federn angeht. Und sie haben es schlechter verarbeitet. Das heißt, hier mit 120 einen Rahmenbruch zu erleben, ist tödlich."
    Dass solche Produktkopien aus dem Ausland möglichst nicht nach Deutschland gelangen, ist Aufgabe der Zollfahndung. Bei Kontrollen an See- und Flughäfen stoßen die Beamten immer öfter auf gefälschte Waren. Im Jahr 2006 hat der deutsche Zoll Plagiate im Wert von 1,2 Milliarden Euro sichergestellt, mehr als fünfmal so viel als im Jahr zuvor.
    Beunruhigend ist dabei, dass von immer mehr Produktfälschungen Gefahren für die Verbraucher ausgehen. Waren sich bei imitierten Luxusartikeln die meisten Käufer noch bewusst, dass sie ein Plagiat erwerben, so werden gefälschte Waren heute oft als Originalteile angeboten, sagt Rüdiger Hagen vom Zollkriminalamt in Köln:

    "Einige Aufgriffe haben wir in der Vergangenheit hier gehabt, wo es sich zum Beispiel um Autoersatzteile handelt. Mit einigen Teilen hat man in der Vergangenheit hier schon mal Tests durchgeführt. Also zum Beispiel diese Bremsscheiben mit den Bremsbelägen. Und nach der dritten, vierten Bremsung sind die Dinger in Flammen aufgegangen. Das kann schon ganz schnell ganz lebensgefährlich werden. Und das Problem daran ist ganz einfach, das haben Sie bestimmt nicht bewusst als Fälschung eingebaut, sondern das ist so ein typisches Beispiel: Da bekommen Sie so etwas angedreht als Fälschung und sie merken es gar nicht als Verbraucher. Und das ist das ganz Gefährliche daran."
    Unter den beschlagnahmten Fälschungen im Zollkriminalamt befinden sich zahlreiche weitere gefährliche Produkte: Medikamente ohne Wirkstoff oder mit viel zu hoher Dosierung, Verbandsmaterial, das nicht steril ist, Verlängerungskabel, bei denen die Schutzleiter fehlen.

    "Es kennt offensichtlich keine Grenzen. Und wir müssen einfach feststellen, es gibt keine sozialen Fälscher. Da wo das schnelle Geld zu machen ist, da werden auch ethische Hürden übersprungen. Es geht nicht mehr nur um die Fälschung, es geht ganz klar auch um Gesundheits- und Sicherheitsaspekt für den Verbraucher, "

    sagt Wolfgang Schmitz, der Sprecher des Zollkriminalamts.
    Welches Ausmaß die Produkt- und Markenpiraterie mittlerweile angenommen hat, zeigt sich an einem Fahndungserfolg des Zolls im Hamburger Hafen. Im Herbst vergangenen Jahres deckten die Ermittler dort den größten Plagiate-Fund der Welt auf: 117 Container gefüllt mit gefälschten Schuhen, Kleidung und Uhren im Wert von mehr als 380 Millionen Euro. Die dahinter stehenden Fälscher seien international vernetzt und ähnelten in ihren Strukturen der organisierten Kriminalität, beobachtet der Zoll:

    "Wir haben sehr häufig organisierte Banden in unseren Verfahren. Es geht nicht mehr nur um kleinere Mengen, die Leute im Handgepäck nach einer Urlaubsreise mitbringen. Sondern es geht wirklich darum, dass große Mengen ins Inland gebracht werden, dann hier in angemieteten Lagerhallen oder auch in Garagen deponiert werden und von dort aus verkauft werden - über Internet oder über Sonstige, Wochenmärkte, wo auch immer."

    Die Entwicklung weg von kleinen Fälscherwerkstätten hin zu organisierten Banden ist ein weltweiter Trend. Wolfgang Hübner von der internationalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz OECD, in Paris arbeitet an einer wissenschaftlichen Studie über das globale Ausmaß der Marken- und Produktpiraterie.

    "Wir haben ganze Händlerringe und wir haben das organisierte Verbrechen. Das organisierte Verbrechen widmet sich mehr und mehr der Marken- und Produktpiraterie. Es ist ganz einfach warum: Denn die Profite sind sehr, sehr hoch. Die Profite im Drogenhandel sind viel, viel kleiner als die Profite in der Produkt- und Markenpiraterie."
    Den hohen Profiten stehen nur vergleichsweise milde Strafen und eine ohnehin sehr geringe Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden, gegenüber. Das macht das Fälschen von Produkten so lukrativ. Vor allem deshalb, so die OECD-Studie, sei das Ausmaß der Marken- und Produktpiraterie in den letzten Jahren derart sprunghaft angestiegen.
    Basierend auf einer Vielzahl von Daten aus Zollbehörden und dem internationalen Handel schätzt die OECD den Anteil gefälschter Produkte im Welthandel auf cirka zwei Prozent. Das heißt, der globale Wert international gehandelter Plagiate beläuft sich auf rund 200 Milliarden US-Dollar. Das ist im Vergleich mehr als das individuelle Sozialprodukt von mehr als 150 Ländern.

    Hübner: "Nicht enthalten in dieser Ziffer sind allerdings das Ausmaß der Produkt- und Markenpiraterie, die nicht in den internationalen Handel eingeht. Das heißt also, Produkt und Markenpiraterie, die zum Beispiel innerhalb der Europäischen Union durchgeführt wird, geht in diese Zahl nicht ein. So dass man ohne weiteres sagen kann: Das wahre Ausmaß der Marken- und Produktpiraterie ist wesentlich höher. Wie hoch - das können wir allerdings nicht sagen, da wir uns nicht gern auf Spekulationen einlassen wollen. Aber es ist auf alle Fälle höher als 200 Milliarden pro Jahr."
    Andere, weniger zurückhaltende Schätzungen taxieren den Anteil gefälschter Ware am Welthandel deutlich höher, auf bis zu zehn Prozent. Das entspräche einem globalen Wert der Plagiate von rund einer Billion US-Dollar.
    Noch schwieriger als das Ausmaß lassen sich die Schäden schätzen, die durch Marken- und Produktpiraterie entstehen. Volkswirtschaftlich fallen vor allem der Verlust von Arbeitslätzen und geringere Steuereinnahmen ins Gewicht. Auch bremst der Diebstahl geistigen Eigentums Innovationen und Forschung. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag schätzt den Schaden allein für die deutsche Wirtschaft auf etwa 30 Milliarden Euro pro Jahr.
    Die Firma FAG im unterfränkischen Schweinfurt stellt Wälzlager her. Das sind Bauteile, die in nahezu allen Maschinen und Anlagen benötigt werden, in denen sich etwas dreht: von Zahnarztbohrern über Kopierer bis hin zu Windkraftanlagen. Seit einigen Jahren hat die Firma immer stärker mit Plagiaten ihrer Produkte zu kämpfen, sagt die Anti-Piraterie-Koordinatorin des Unternehmens Ingrid Bichelmeir-Böhn:

    "Das Teile gefälscht werden, haben wir sporadisch schon in den 90er Jahren gekannt. Nur waren die derart grottenschlecht, dass das ein Blinder erkannt hat. Mittlerweile ist es so, dass die optisch wirklich gut ausschauen. Und man muss da wirklich schon zwei-, dreimal hinschauen, bevor man dann erkennt: Ja, ist eine Fälschung. Das Problem steigt. Die Fälschungen werden besser im Hinblick eben auch auf die technischen Möglichkeiten, was nicht unbedingt für die technischen Spezifikationen von den Fälschungen gilt."

    Die nachgemachten Wälzlager lassen sich mit bloßem Auge kaum von den Originalteilen unterscheiden. Doch Analysen zeigen: Die verwendeten Materialien sind oft minderwertig und die schlechtere Verarbeitung führt häufig zu frühzeitigen Ausfällen der gefälschten Lager - und damit zum unfreiwilligen Stopp der Maschinen, in denen sie verbaut sind. Produktpiraterie sei deshalb in erster Linie ein Problem, das ihren Kunden schade, sagt Matthias Schweizer vom Hersteller FAG:

    "Das heißt, wenn die ein falsches Lager kaufen - vor allem im Ersatzteilbereich - und einsetzen, kann es zu ungeplanten Stillständen kommen, kann es zu Produktionsausfall kommen, können deren Kunden unzufrieden sein, weil's zu Lieferverzögerungen kommt. Für uns ist es vor allem ein Imageschaden. Das heißt, das Unternehmen wird durch falsche Produkte, die am Markt sind und die eingebaut werden natürlich sehr beeinträchtigt."

    Bichelmeir-Böhn: "Der Kunde hat ein Teil, auf dem in dem konkreten Fall FAG draufsteht, aber nicht FAG drin ist. Der Kunde geht aber ganz fest davon aus, das ist ein Teil unserer Marke und nimmt sämtliche Eigenschaften, die dieses Teil hat, und bringt's mit uns in Verbindung. Das heißt, dadurch wird massiv unser Image beschädigt. In der Regel, wenn das kleine, eher minderwertige Teile sind, sagt der Kunde: Okay, ich bau das Ding aus, kauf' nie wieder FAG und schmeiß die Dinger einfach weg. Das heißt, diese Rückmeldung kommt bei uns überhaupt nicht an, dass solche Teile am Markt sind, beziehungsweise woher diese Teile bezogen werden."
    Größere und teurere Lager, die frühzeitig kaputt gehen, werden hingegen meist beim Original-Hersteller reklamiert. Erst bei der Schadensanalyse im Labor wird dann oft festgestellt, dass die Teile gefälscht wurden. Der Imageschaden für das Unternehmen ist dann aber meist nicht mehr zu reparieren. Hinzu kommt für den Hersteller ein nicht unerheblicher finanzieller Schaden.

    Schweizer: "Das heißt, nicht nur der nicht vorhandene Verkaufserlös, den wir dadurch haben, sondern auch den Rechercheaufwand, den wir haben, den Sicherstellungsaufwand, den Vernichtungsaufwand und den Aufklärungsaufwand. Wir müssen ja unsere Kunden darüber informieren, dass es auch so etwas gibt wie Produktpiraterie, dass auch die Kunden sensibler werden."
    Im Kampf gegen die Produktfälschungen setzt der Wälzlager-Hersteller FAG auf Offensive: In der Rechtsabteilung wurden eigens Stellen geschaffen, die ausschließlich die Produktpiraterie verfolgen: in Deutschland vor allem bei dubiosen Anbietern im Internet, international vor allem bei den Herstellern der Piratenware, die meist in Asien sitzen. Über Detektive und Rechtsanwälte vor Ort gelingt es gelegentlich, eine Fälscherwerkstatt auszuheben und zu schließen, sagt die Anwältin Ingrid Bichelmeir-Böhn:

    "Letztlich: Zumachen ist ein schöner Wunschtraum. Man macht insoweit zu, dass man sagt: Okay, es wird eine Razzia gemacht. Es werden Sachen beschlagnahmt, die sie verwendet haben, dafür das herzustellen. Aber die sind in der Regel sehr gut organisiert und machen an der nächsten Ecke wieder auf. Fakt ist aber, man muss letztlich daran arbeiten, dass man möglichst viel Schaden anrichtet. Weil nur dann tut's weh, uns zu fälschen. Nur dann überlegt man sich, dass es vielleicht geschickter ist, irgendwas anderes zu tun."
    Noch sind das Fälschen bekannter Marken und der Nachbau innovativer Produkte allerdings so lukrativ, dass vor allem im asiatischen Raum ganze Landstriche von der Piraterie leben. Rund ein Drittel der vom deutschen Zoll 2006 beschlagnahmten Fälschungen stammt aus China, weitere 20 Prozent kommen aus Thailand, Malaysia und anderen ostasiatischen Schwellenländern. Auch viele Ausstellungsstücke im Solinger Museum Plagiarius wurden aus Asien importiert, sagt der Designer Rido Busse:

    "In erster Linie ist es ein asiatisches Problem und vor allem deshalb, weil die Asiaten angestiftet werden. Also es handelt sich hier in vielen Fällen um so genannte Anstiftungsplagiate. Das heißt, deutsche Firmen, die marschieren nach Fernost und sagen: Wir haben hier ein Produkt, mach uns das nach zum Zehntel des Preises. Und dann machen die das halt, ist ja ein Auftrag. Denen ist das relativ Wurst."
    Vor allem in China herrscht in der Bevölkerung wenig Unrechtsbewusstsein, wenn es um das Kopieren von Marken und Produkten geht. Vielmehr gilt das Nachahmen verbreitet sogar als Kompliment an den Originalhersteller. Dass der Schutz des geistigen Eigentums im Reich der Mitte nicht ernst genommen wird, bringt China international in Misskredit. Anfang der Woche klagten die USA China vor der Welthandelsorganisation WTO an. Aber auch im Land der Mitte selbst wirkt sich der lasche Umgang mit Markenrechten inzwischen aus.
    Im Zuge des rasanten Wirtschaftsaufschwungs gelingt es China zunehmend, eigene Patente anzumelden. Doch auch die chinesischen Hersteller sind nicht davor gefeit, von Produktpiraten im eigenen Land kopiert zu werden. Die Zentralregierung in Peking habe das Problem sehr wohl erkannt, sagt Wolfgang Hübner von der OECD, und in den letzten Jahren allerlei Maßnahmen ergriffen, um der Produkt- und Markenpiraterie Einhalt zu gebieten.

    Hübner: "Aber die Produkt- und Markenpiraterie wird in den einzelnen Provinzen vorgenommen und da sind die regionalen Regierungen, die einfach sagen: Wenn wir das abschaffen würden sofort, dann würden wir erhöhte Arbeitslosigkeit haben. Das heißt natürlich nicht, dass das eine Rechtfertigung ist, ganz klar, aber dass der Einfluss der Zentralregierung auf die Provinzregierung einfach - wenigstens soweit wir das gesehen haben - nicht so groß ist, dass sie das alles unterbinden können."

    Im Kampf gegen die Auswüchse der Marken- und Produktpiraterie werden zunehmend auch die Regierungen der westlichen Industrienationen aktiv - nicht zuletzt auf Initiative Deutschlands. Die Bundesregierung hat das Thema sowohl im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft als auch ihres G8-Vorsitzes auf die Tagesordnung gesetzt. Ziel sei es, alles zu unternehmen, um das geistige Eigentum als Wertschöpfung zu garantieren und zu sichern, sagt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries im Gespräch mit dem Deutschlandfunk:

    "Denn wir sind in Deutschland ein rohstoffarmes Land und geistiges Eigentum ist das Produkt was wir haben und wir sind da ja auch sehr gut. Wir stehen ja auf der Liste der Länder, in denen Patente angemeldet werden, ganz oben. Deswegen ist es unser Ziel auf diesem Status auch zu bleiben, besser gesagt, ihn auch noch zu verbessern. Und dazu gehört eben, dass wir den Schutz des geistigen Eigentums in jeder Hinsicht fördern."
    Mit den internationalen Initiativen will die Bundesregierung vor allem den Erfahrungsaustausch zwischen den betroffenen Staaten fördern und eine bessere Zusammenarbeit der Behörden erreichen, etwa im Bereich der Zollkontrollen und der Beschlagnahme gefälschter Ware an den Grenzen.
    Auf nationaler Ebene setzt Deutschland gerade eine Richtlinie der Europäischen Union zum Schutz des geistigen Eigentums um. Dabei sollen die Auskunfts- und Schadensersatzansprüche der geschädigten Unternehmen verbessert werden.
    Im alltäglichen juristischen Kampf gegen die Produktpiraten sei das allerdings nur eine kleine Hilfe, bemängeln mit dem Sachverhalt vertraute Anwälte und Wirtschaftsvertreter. Sie fordern vor allem höhere strafrechtliche Konsequenzen. Produkt- und Markenpiraterie würde von vielen Staatsanwälten und Gerichten nach wie vor als Kavaliersdelikt betrachtet. Die Täter kämen erfahrungsgemäß mit Geldstrafen davon, obwohl das Gesetz Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vorsieht. Plagiarius-Initiator Rido Busse:

    "Wir haben seit 1989/90 das neue Gesetz gegen Produkt- und Markenpiraterie. Und mit dessen Hilfe ist es möglich, die Kerlchen auch bis zu fünf Jahre hinter Gitter zu setzen. Und das muss erstmal passieren. Ich habe damals schon gesagt: Wahrscheinlich, bei unserer Gerichtsbarkeit, erlebe ich das nicht mehr. Und bis jetzt ist es auch noch nicht passiert."
    Die Bundesjustizministerin reagiert auf diese Kritik mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Länder:

    "Es wäre Sache der Länder, da Schwerpunktstaatsanwaltschaften zu schaffen, Polizei gesondert auszubilden, insbesondere vielleicht auch Richterinnen und Richter fortzubilden, damit die Kenntnis über diesen Rechtsbereich vertieft wird."
    Juristische Konsequenzen, so eine weitere Forderung der betroffenen Unternehmen, sollten sich jedoch nicht nur auf die Hersteller und Händler von gefälschten Waren beziehen, sondern auch auf die Konsumenten. Die Bundesjustizministerin ist skeptisch. Brigitte Zypries:

    "Ich halte das für schwierig. Wir haben die Strafbarkeitsschwelle in Deutschland ja immer erst, wenn es um geschäftsmäßiges Handeln geht. Und das, glaube ich, ist auch eine vernünftige Abgrenzung, weil es ansonsten doch hinreichend schwierig wird. Und wir wollen ja auch nicht, dass die Polizisten über die Straße gehen und gucken, welche Handtasche trägt die Frau da am Ärmel, ist die nun echt oder nachgemacht? Ich glaube, da kriegen wir eine Form des Staates, die wir nicht gerne wollen."
    Muiseumsgründer Rido Busse mit "Plagiarius"-Zwerg
    Muiseumsgründer Rido Busse mit "Plagiarius"-Zwerg (Aktion Plagiarius e.V.)