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Gut geschmiert

Korruption von der anderen Seite beleuchtet: Der Schmiergeld-Index von Transparency International bewertet Firmen und Unternehmen, die im Ausland am schnellsten zum Scheckbuch greifen, um ihre Interessen durchzusetzen. An der Spitze: China und Russland.

Von Verena Kemna | 02.11.2011
    Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat in diesem Jahr über 3000 Führungskräfte aus den 28 führenden Exportnationen befragt. Das Ergebnis: Korruption ist nach wie vor weit verbreitet. Dabei stehen Unternehmen aus Russland und China ganz unten auf der Liste des so genannten Bestechungszahlerindex, kurz BPI. Dieser Index von Transparency International gilt als Maßstab dafür, ob Unternehmen im Ausland bestechen. Deutschland bekommt in diesem Ranking wie bereits im Jahr 2008, 8,6 von 10 möglichen Punkten. Ein vierter Platz hinter den Niederlanden, der Schweiz und Belgien. Nach wie vor erfüllt Deutschland nicht alle internationalen Standards der Geldwäschebekämpfung, erklärt Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International in Deutschland. Die geplante Novelle des Geldwäschegesetzes sei längst überfällig.

    "In der nächsten Woche wird das im Deutschen Bundestag im Plenum beraten und ich vermute mal, dass diese Verschärfung kommt obwohl einige Stimmen aus der Wirtschaft im Moment bereits Sturm dagegen laufen."

    Nicht nur Banken, sondern auch Rechtsanwälte, Notare, Immobilienmakler und Spielbanken sollten demnach bei der Verbesserung von Geldwäscheprävention einbezogen werden. Außerdem sollen Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern Anti-Korruptionsbeauftragte benennen. Nur ein Schritt in die richtige Richtung, meint Edda Müller.

    "In den Strafverfolgungsinstanzen muss das verstärkt in den Blickpunkt genommen werden und da sagen zumindest die Leute, die das wissen müssten aus den Kriminalämtern, dass da noch eine Menge zu tun ist."

    So fehle der Tatbestand der einfachen Steuerhinterziehung im Katalog der Anti-Geldwäsche-Gesetze ebenso wie ein arbeitsrechtlicher Schutz von Anti-Korruptionsbeauftragten in den Unternehmen. Nach Schätzungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zahlen deutsche Unternehmen jedes Jahr etwa 50 Milliarden Euro an Bestechungsgeld.

    "Eine der Begründungen dafür ist unter anderem, dass in Deutschland nach wie vor das Bargeldverfahren eine große Rolle spielt. In vielen anderen Ländern ist eigentlich mit Bargeld zu zahlen in Geschäften und Taxis usw. mehr oder weniger aus der Mode gekommen. In Deutschland spielt es immer noch eine große Rolle. Das erleichtert natürlich denjenigen, die Geld nicht über ihre Bücher laufen lassen - auch nicht über ihre Konten, die Möglichkeit dies in den Wirtschafts- und den Geldkreislauf zu bringen."

    Die meisten Korruptionsgelder fließen bei Baumaßnahmen und anderen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. In der Baubranche können Schmiergeldzahlungen bis zu 20 Prozent der gesamten Investitionssumme ausmachen, so Schätzungen der Weltbank. Auch im Öl- und Gassektor ist das Korruptionsrisiko hoch. So mussten in Nigeria Unternehmen in diesem und im vergangenen Jahr über drei Milliarden US-Dollar Strafgelder zahlen, weil Amtsträger bestochen wurden. Vor einem Jahr haben die G20-Länder einen Aktionsplan gegen Korruption verabschiedet. Während des Gipfeltreffens das morgen in Cannes beginnt, soll ein Fortschrittsbericht veröffentlicht werden.