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Gut gewirtschaftet

Bad Schwartau hat keine Geldsorgen, kann Vereine und Verbände großzügig unterstützen. Der Wohlstand der Stadt hat seinen Ursprung in den 90er-Jahren. Damals beschloss die Stadtvertretung, die verlustbringenden Kurbetriebe zu privatisieren.

Von Matthias Günther |
    19 Jugendliche sind an diesem Abend zum Handballtraining des VfL Bad Schwartau in die Ludwig-Jahn-Halle gekommen - sie üben gerade das Rückwärtslaufen.

    Dem Verein stehen noch zwei weitere Großfeldhallen in Bad Schwartau zur Verfügung. Die Sportler der 20.000-Einwohner-Stadt können sich nicht beklagen, sagt der Vorsitzende des VfL, Heinz Elendt:

    "Der VfL Bad Schwartau ist ein Verein von 2700 Mitgliedern. Wir haben ungefähr 1500 Jugendliche. Und weil Schwartau mehr Geld hat als die Durchschnittsgemeinden oder -städte, sind wir in der glücklichen Lage, dass wir sehr viele Sportstätten haben. Wir haben drei Großsporthallen und viele Zweifeldhallen, Einfeldhallen. Jetzt ist gerade wieder eine neue gebaut worden. Was besonders positiv ist: Wir können diese Sportanlagen nutzen, ohne dafür etwas zu bezahlen. Und darüber sind wir natürlich unheimlich froh und dankbar und wünschen uns, dass das noch lange so bleibt. Dass die Stadt keine Gebühren von uns für die Sportstätten verlangt, ist auch ein Grund, weshalb wir seit vielen Jahren die Beiträge nicht erhöhen mussten."

    Auch am Gymnasium am Mühlenberg in Bad Schwartau merkt man, dass die Stadt keine finanziellen Sorgen hat. Gerade hat sie die Schulträgerschaft für das Gymnasium vom Kreis Ostholstein übernommen. Direktor Wolfgang Czieslik ist froh darüber:

    "Was wir bei dem neuen Schulträger - das ist die Stadt Bad Schwartau - jetzt bekommen, was wir beim früheren Schulträger nicht bekommen hätten, ist eine Mensa. Wir sind offene Ganztagsschule und haben die Notwendigkeit, auch verpflichtenden Ganztagsunterricht in der achten und neunten Stunde zu machen, insbesondere in der Orientierungsstufe. Und das geht ohne Mittagessen nicht. Die Kosten liegen in der Größenordnung von 1,5 Millionen, die überwiegend auch von der Stadt Bad Schwartau finanziert werden."

    Die Stadt kann es sich leisten. Sie kann Straßen in gutem Zustand halten, Vereine und Verbände großzügig unterstützen, in der Stadtbücherei auf Leihgebühren verzichten. Und die Steuern sind seit 15 Jahren nicht erhöht worden. Der Wohlstand Bad Schwartaus hat seinen Ursprung in den 90er-Jahren. Damals beschloss die Stadtvertretung, die verlustbringenden Kurbetriebe zu privatisieren, berichtet Bürgermeister Gerd Schuberth:

    "Wir haben unser Kurwesen Mitte der 90er-Jahre abgegeben. Das Kurwesen hatte in jedem Jahr Defizite von circa ein bis zwei Millionen D-Mark damals eingefahren. Und das war durch die städtischen Haushalte auszugleichen. Wir haben zu diesem Zeitpunkt Mitte der 90er-Jahre einen privaten Investor gefunden, der die städtischen Kurbetriebe übernommen hat und uns praktisch davon befreit hat, die Lasten davon zu tragen. Und wir haben natürlich auch noch einen gewissen Anteil des Kaufpreises anlegen können. Das ist ein Element unser doch noch komfortablen Finanzausstattung."

    Der Bürgermeister weiß allerdings, dass es heute oft nicht mehr so leicht ist, defizitäre städtische Betriebe gewinnbringend zu privatisieren. Er verweist darauf, dass in etlichen Städten Privatisierungen inzwischen auch schon bereut oder gar rückgängig gemacht werden. Im Fall der Kurbetriebe von Bad Schwartau sieht Gerd Schuberth dafür aber keinen Grund.

    "Die Kurbetriebe haben sich erfreulich entwickelt. Es sind 60 Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen worden. Das Angebot konnte aufgrund der Privatisierung erheblich verbessert werden. Das flexiblere Dienstrecht, Arbeitsrecht, hat dazu beigetragen, dass auch Leistungen marktgerechter angeboten werden konnten, dass andere Arbeitszeiten zur Verfügung standen. Es konnten also am Sonnabend angeboten werden die Leistungen. Es konnten auch über den Abendbereich hinaus Leistungen angeboten werden, und das hat sich als richtig erwiesen, sodass man im Endeffekt sagen kann: Die Entscheidung, zu privatisieren, war nicht nur für den städtischen Haushalt richtig und wichtig, sondern auch für die gesamtwirtschaftliche Situation auch im Hinblick auf die Arbeitsplätze."

    Vor Kurzem haben die ehemals städtischen Kurbetriebe nochmals expandiert: Ein neues Bettenhaus für Reha-Patienten entstand. Aus den verlustbringenden Kurbetrieben wurde ein florierendes Unternehmen, das der Stadt Steuereinnahmen bringt.

    Bürgermeister Schuberth nennt einen weiteren Grund für die Finanzausstattung von Bad Schwartau:

    "Ein anderes Element ist natürlich auch, dass wir dieses Geld, das wir dann eingenommen haben, auch nicht mit vollen Händen ausgegeben haben, sondern auch gesehen haben, dass wir für die Zeiten, die jetzt bevorstehen auch noch genügend Mittel zur Verfügung haben, um einen Haushaltsausgleich zu erreichen."

    Bad Schwartau hat sich also ein Polster zugelegt und kann es besser als andere Kommunen verkraften, wenn jetzt die Steuereinnahmen sinken. Anders ist die Lage in der benachbarten Großstadt Lübeck: Sie hat einen gigantischen Schuldenberg, der immer weiter wächst. Neidisch blickt man auf den Wohlstand in Bad Schwartau. Und diskutiert immer wieder einmal darüber, ob man die kleine Nachbarstadt nicht eingemeinden könnte. Bad Schwartau ist regelmäßig empört über dieses Ansinnen. Bürgermeister Schuberth sagt:

    "Wir wollen selbstständig bleiben. Wir schotten uns natürlich auch in sofern ab, als wir sagen: die Leistungen, die wir jetzt für unsere Bürgerinnen und Bürger vorhalten, die könnten wir dann nicht mehr erbringen, wenn wir Teil Lübecks wären. Unsere Bürgerinnen und Bürger haben durch ihre Leistung und Steuerkraft unser finanzielles Polster erwirtschaftet, so dass auch unsere Bürgerinnen und Bürgern diese Leistungen und diese positiven Zahlen dann irgendwie zugute kommen müssen."

    Und so geht man am Gymnasium am Mühlenberg davon aus, dass es für die Stadt kein Problem sein wird, wenn demnächst ein fast 40 Jahre altes Gebäude von Grund auf renoviert werden muss. Und der Vorsitzende des VfL Bad Schwartau Heinz Elendt freut sich über einen neuen Kunstrasenplatz:

    "Ein Kunstrasen war der lange Wunsch der Fußballabteilung - auch um im Vergleich zu anderen Vereinen konkurrenzfähig zu bleiben. Wir haben einen großen Rasenplatz dort und einen Grantplatz. Aber im Sommer war der knochenhart und im Winter matschig. Und man konnte den Sport nicht so betreiben, wie die Abteilung sich das wünschte."

    Ein teurer Wunsch: Etwa eine halbe Million Euro kostet der Kunstrasenplatz. Die Stadt Bad Schwartau bezahlt.