Archiv


Gute Geschäfte

Die Verdienstaussichten für junge Landwirte in Deutschland scheinen sich für die nächste Jahre gut zu entwickeln. Denn für die Bepflanzung auf dem Acker gibt es neuerdings eine Alternative - nicht mehr nur Pflanzen für die Nahrungsmittelproduktion sind gefragt, sondern auch für die Erzeugung von Biomasse. Diese Konkurrenz bei der Landnutzung treibt natürlich die Preise. Ist der bäuerliche Nachwuchs also der Gewinner des Klimawandels? Mit dieser Frage beschäftigte sich heute die Deutsche Landjugend auf einem Kongress in Berlin.

Von Dieter Nürnberger |
    Natürlich freut sich die Deutsche Landjugend darüber, dass ihre Arbeit auch gesellschaftlich wieder mehr gefragt ist, dass auch die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse in den vergangenen Monaten nach oben gingen - gleichzeitig spricht man aber auch davon, dass der Klimawandel durchaus negative Auswirkungen habe. So seien beispielsweise durch die Wetterkapriolen in den vergangenen sechs Jahren hierzulande Schäden in der Agrarwirtschaft von mehr als drei Milliarden Euro zustande gekommen. Diese Agrar-Tagung soll dem Nachwuchs in der Branche einen Überblick verschaffen - womit muss man künftig rechnen? Und dazu hat man Experten eingeladen, zum Beispiel Andrea Lüttger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Sie stellte Ergebnisse über die Temperaturentwicklung in Deutschland vor.

    "Bis Mitte des Jahrhunderts wird es um ungefähr 2,5 Grad Celsius wärmer werden. Die Niederschläge werden in etwa konstant bleiben. Sie werden dann aber gegen Mitte des Jahrhunderts abnehmen. Dies alles wird Auswirkungen auf die Anbaumethoden, die Pflanzen und auch die Bewirtschaftung haben."

    Für die Landjugend heißt dies über Strategien nachzudenken - braucht man andere Anbaumethoden? Braucht man eventuell auch andere Pflanzen, um diesen Herausforderungen begegnen zu können? Anne Hartmann ist die Vorsitzende des Bundes des Bundes der Deutschen Landjugend:

    "Zum Beispiel die Hirse ist da eine Möglichkeit. Da gibt es verschiedene Strategien, das ist auch sehr unterschiedlich, je nach Region. Im östlichen Teil Deutschlands müssen wir schon jetzt mit mehr Trockenheit rechnen, das sind ganz andere Bedingungen wie beispielsweise im Süden des Landes. Dort wird es mehr Starkregen-Ereignisse geben. Es ist also sehr unterschiedlich, je nach Standort muss es andere Anpassungsstrategien geben."

    Der Umgang mit dem Klimawandel sei die wichtigste umweltpolitische Aufgabe der nächsten Jahrzehnte. Doch klar ist auch - und diese Entwicklung hat ja längst eingesetzt - es ergeben sich dadurch auch Chancen, zum Beispiel durch die Produktion von Biomasse und Biogas zur Energiegewinnung. Der Landwirt als Energiewirt, das ist ja schon seit Jahren ein Schlagwort, auch vom Deutschen Bauernverband. Die Klimaforscherin Andrea Lüttger sieht deshalb auf jeden Fall zwei Standbeine für die Nachwuchs-Landwirte:

    "Beide Standbeine sind die richtigen. Wenn ich die Entwicklung der Getreidepreise betrachte, dann bleibt der Getreideanbau ein sicherer und auch lukrativer Weg. Andererseits: Nachwachsende Rohstoffe, etwa der Maisanbau, sind auch lukrativ. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz macht dies interessant. Die Anbaubedingungen werden sich für Weizen und auch für Mais in den nächsten 20 oder auch 30 Jahren durchaus verbessern. Für Landwirte bleibt somit beides interessant."

    Solche Aussichten werden von der Landjugend begrüßt, allerdings sieht man sich künftig weiterhin eher als Produzent von Nahrungsmittel-Rohstoffen, das sei ohne Zweifel die Grundaufgabe. In einem Positionspapier zur Bioenergiegewinnung schlägt man aber auch vor, die Basis der Verwertung zu vergrößern. Die Bundesvorsitzende Anne Hartmann:

    "Wir müssen vor allem dahin kommen, dass mehr und mehr Restsstoffe in der Biomasse-Produktion eingesetzt werden. In den USA werden beispielsweise auch Tierfette verwendet. Es kann nicht sein, dass wir nur unsere Pflanzen wie Mais da hinein geben, vielleicht kann man auch Komposte oder Abfälle vermehrt verwenden. Die Nahrungsmittelproduktion sollte also nicht durch Bioenergiegewinnung weniger werden. Wir werden ja auch im Jahre 2050 rund 9,5 Milliarden Menschen auf der Erde sein. Die wollen alle ernährt werden. Wir müssen also hier auch an Alternativen denken."

    Die Landjugend will also eine effizientere Bioenergie-Produktion in Deutschland. So spricht man sich auch für die Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz aus, dies sollte dezentral erfolgen. Im Grunde sind die Themen dieser Tagung der Deutschen Landjugend die gleichen wie in der großen Politik. Eine recht gut informierte Nachwuchsschar der Deutschen Agrarwirtschaft trifft hier in Berlin auf Vertreter aus Wissenschaft und Politik.