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Gute Milch durch viel Gras

Ungesättigte Fettsäuren, so genannte Omega-3-Fettsäuren, können Herz- und Kreislaufkrankheiten vorbeugen. Sie sind vor allem in Fisch enthalten. Und da viele Leute zu wenig Fisch essen, kann man die Omega-3-Fettsäuren auch als Nahrungsergänzung in Kapseln verkaufen. Es geht aber auch einfacher, nämlich mit Rindfleisch und Käse. Vorausgesetzt allerdings, die Rinder grasen einen großen Teil des Jahres auf der Weide und ernähren sich auch vorwiegend von Gras. Dann reichern sich im Fleisch und in der Milch die begehrten Omega-3-Fettsäuren an. Inzwischen weiß man, warum das so ist. Die Zusammenhänge sind wissenschaftlich gut erforscht. Und deshalb soll in diesem Sommer der erste Omega-3-Käse auf den deutschen Markt kommen.

Von Michael Schlag |
    Wenn Kühe auf der Weide grasen, dann werden sie nicht nur artgerecht gehalten, sie produzieren auch besonders hochwertige Milch. Das belegen Studien aus der Schweiz, die das Fettsäuremuster der Milch von Kühen untersuchten, die auf Almen leben. Deren Milch enthält deutlich mehr Omega-3 Fettsäuren als die Milch von Stallkühen. Wie die Omega-3 Fettsäuren in die Milch des Weideviehs gelangen erklärt Daniel Weiß vom Bio-Bauernmarkt Chiemgau.

    " Die kommen aus dem Gras. Grünland hat einen relativ hohen Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren, das ist der Oberbegriff, unter den diese Omega-3-Fettsäuren fallen. Und frisst die Kuh viel Gras und kein Kraftfutter, dann nimmt sie viel mehrfach ungesättigte Fettsäuren auf, und die kommen schlussendlich in der Milch an. Also die Kuh extrahiert quasi die guten Stoffe aus den Kräutern bis in die Milch. "

    Zwar enthält Weidegras nur ein bis zwei Prozent Fett, doch dieses Fett besteht zu zwei Dritteln aus den langkettigen "n-3" oder Omega-3-Fettsäuren. Der Mais dagegen, das wichtigste Rinderfutter für die Stallfütterung, enthält fast keine Omega-3 Fettsäuren, auch Getreide und Sojamehl schneiden deutlich schlechter ab. Einzig die fettreichen Leinsamen weisen ähnlich hohe Omega-3-Gehalte aus wie das Gras von der Weide.

    Ungesättigte Fettsäuren aus dem Gras reichern sich auch im Fleisch der Tiere an. Das untersuchte das Forschungsinstitut für die Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere in Dummerstorf bei Rostock im Rahmen des europäischen Projektes "Healthy Beef". Karin Nürnberg vom Forschungsbereich Muskelbiologie und Wachstum verweist vor allem auf das für die Ernährung wichtige Verhältnis der lang- und kurzkettigen Fettsäuren im Weidefleisch:

    " Wenn wir Mastbullen auf der Weide halten dann finden wir am Ende im Fleisch eine zwei- bis dreifache Anreicherung der so genannten Omega-3-Fettsäuren. Und das Fett was ich aufnehme sollte ein Verhältnis von n-6 zu n-3 von fünf zu eins haben. Bei unseren Weidetieren finden wir ein Verhältnis von zwei zu eins und kleiner. "

    Fleisch von Weidevieh hat damit ähnlich hohe Omega-3-Gehalte wie Dorsch oder Kabeljau aus dem Atlantik. Das ist zwar immer noch deutlich weniger als in Lachs und Sardinen. Aber: die neuen Erkenntnisse betreffen Grundnahrungsmittel - Fleisch und Milch - die von den meisten Menschen täglich verzehrt werden. Und deshalb sieht Daniel Weiß vom Bio-Bauernmarkt Chiemgau hier eine gute Möglichkeit, die allgemeine Omega-3 Versorgung zu verbessern, ohne dass man deshalb seinen gewohnten Speiseplan umstellen muss.

    " Mitteleuropa ist in Sachen Omega-3 relativ knapp versorgt, die wichtigste Quelle ist Fisch. Gerade für Leute, die wenig Fisch essen oder gar keinen Fisch essen stellen Milchprodukte die zweite wichtige Quelle dar. Damit ist aus Gesundheitsgesichtspunkten eine Milch mit erhöhtem Omega-3-Gehalt sicher sehr positiv zu bewerten. "

    Die Idee von Omega-3-Milch und -Fleisch hat derzeit Konjunktur. In Großbritannien ist bereits eine Omega-3-Biomilch auf dem Markt, das Forschungsinstitut in Dummerstorf arbeitet an einem Omega-3 Markenfleischprogramm in der Region Greifswald mit dem Namen "Greifenfleisch", und der Chiemgauer Bauernmarkt will im Juli den ersten Omega-3-Käse in Naturkostläden in ganz Deutschland anbieten.