Wir befinden uns in einer Situation, wo es nur noch eine menschliche Art gibt und das ist unsere, sagt Jean-Jacques Hublin anlässlich des Kongresses "150 Jahre der Neandertal-Erforschung". Der Direktor der Abteilung Humanevolution des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig sieht in dem Neandertaler den Schlüssel der Existenz des modernen Menschen.
"Die Neandertaler sind die letzte Verzweigung im menschlichen Stammbaum. Nur, wenn wir ihre Entwicklung und ihr Verschwinden untersuchen, können wir verstehen, was der moderne Mensch im biologischen Sinne ist. Wie er entstand, sich entwickelte und warum er alle anderen Menschenformen verdrängt hat."
Seit Beginn der Menschheit hat es immer mindestens zwei verschiedene Menschenformen gegeben, die teilweise sogar zeitgleich in denselben Gebieten lebten. Aber dann verschwanden die Neandertaler vor etwa 30.000 Jahren und unsere Ahnen waren zum ersten Mal die einzig verbliebene Menschenart.
"Ich glaube, dass die modernen Menschen sich in einer Sache deutlich von allen anderen Hominiden unterscheiden: Sie haben ja nicht nur die Neandertaler verdrängt, sondern alle anderen Menschenformen, die es gab. Ich glaube auch nicht, dass man diese Ursache lokal ansiedeln kann, denn die Neandertaler sind ja überall fast zur gleichen Zeit verschwunden. Die Erklärungsversuche, dass dieser Grund etwa in der technischen Überlegenheit lag, kann ich mir auch nicht vorstellen. Ich glaube, dass es wahrscheinlich eine Art soziale Überlegenheit war, die den großen Unterschied zwischen den modernen Menschen und allen anderen Hominiden ausmachte."
Die Neandertaler lebten nur in kleinen Gruppen von maximal 20 bis 30 Individuen. Große Stämme, Bevölkerungen oder gar Anzeichen von Nationen gab es bei ihnen nicht. Dieses Phänomen tauchte erstmals vor rund 40.000 Jahren mit der Eroberung Europas durch den modernen Menschen auf. Und diese Menschen zeichneten sich durch Netzwerke aus. Sie tauschten zum Beispiel Objekte, die keinen praktischen Nutzen hatten. Viele Forscher interpretieren dies als erste religiöse Anzeichen. Das Wissen und die Bedeutung solcher Handlungen erfordert Jean-Jacques Hublin zufolge auch eine Lautsprache. Diese Unterschiede sind auch der Grund, warum viele Forscher in dem Neandertaler eine eigene Art sehen.
"Wenn die Neandertaler keine Menschen wären, sondern zum Beispiel Nagetiere, Antilopen oder Katzen, kein Paläontologe würde davon ausgehen, dass die Neandertaler und wir zu zwei unterschiedlichen Arten gehören, denn die anatomischen Unterschiede sind äußerst gering. Diese Diskussion steht nur im Raum, weil es für viele nur schwer vorstellbar ist, dass auch eine andere Menschenform eine, vielleicht sogar die gleiche Kultur hatte."
Deshalb wird der Neandertaler auch nach 150 Jahren seit seiner Entdeckung weiter Streitobjekt in der Wissenschaft bleiben. Obwohl mittlerweile über 400 verschiedene Funde in der Wissenschat beschrieben und 15 Neandertalerskelette bereits genetisch analysiert wurden, sind noch viele Fragen ungeklärt. Jean-Jacques Hublin ist sich aber sicher, dass die Forschung am Neandertaler auch in den kommenden Jahrzehnten weitergeht. Mit neuen Methoden können immer mehr und bessere Daten gewonnen werden, die das Bild des Neandertalers Stück für Stück vervollständigen.
"Wir müssen noch viel von den Neandertalern lernen, weil sich mit jeder neuen Technik wieder neue Fragen ergeben, die wir uns vorher gar nicht zu stellen trauten, etwa die Frage nach der genetischen Ausstattung der Neandertaler, die wir bald mit unserer vergleichen können. Vor allem können wir dann auch etwas über die Evolution erfahren und nicht nur, welche Veränderungen es gegeben hat, sondern vielleicht auch, warum es sie gab: war es einfach eine Anpassung oder Zufall? Vielleicht können wir eines Tages die ganzen Erkenntnisse aus der Anatomie und Genetik verbinden und dann diese Mechanismen der Evolution tatsächlich verstehen. "
"Die Neandertaler sind die letzte Verzweigung im menschlichen Stammbaum. Nur, wenn wir ihre Entwicklung und ihr Verschwinden untersuchen, können wir verstehen, was der moderne Mensch im biologischen Sinne ist. Wie er entstand, sich entwickelte und warum er alle anderen Menschenformen verdrängt hat."
Seit Beginn der Menschheit hat es immer mindestens zwei verschiedene Menschenformen gegeben, die teilweise sogar zeitgleich in denselben Gebieten lebten. Aber dann verschwanden die Neandertaler vor etwa 30.000 Jahren und unsere Ahnen waren zum ersten Mal die einzig verbliebene Menschenart.
"Ich glaube, dass die modernen Menschen sich in einer Sache deutlich von allen anderen Hominiden unterscheiden: Sie haben ja nicht nur die Neandertaler verdrängt, sondern alle anderen Menschenformen, die es gab. Ich glaube auch nicht, dass man diese Ursache lokal ansiedeln kann, denn die Neandertaler sind ja überall fast zur gleichen Zeit verschwunden. Die Erklärungsversuche, dass dieser Grund etwa in der technischen Überlegenheit lag, kann ich mir auch nicht vorstellen. Ich glaube, dass es wahrscheinlich eine Art soziale Überlegenheit war, die den großen Unterschied zwischen den modernen Menschen und allen anderen Hominiden ausmachte."
Die Neandertaler lebten nur in kleinen Gruppen von maximal 20 bis 30 Individuen. Große Stämme, Bevölkerungen oder gar Anzeichen von Nationen gab es bei ihnen nicht. Dieses Phänomen tauchte erstmals vor rund 40.000 Jahren mit der Eroberung Europas durch den modernen Menschen auf. Und diese Menschen zeichneten sich durch Netzwerke aus. Sie tauschten zum Beispiel Objekte, die keinen praktischen Nutzen hatten. Viele Forscher interpretieren dies als erste religiöse Anzeichen. Das Wissen und die Bedeutung solcher Handlungen erfordert Jean-Jacques Hublin zufolge auch eine Lautsprache. Diese Unterschiede sind auch der Grund, warum viele Forscher in dem Neandertaler eine eigene Art sehen.
"Wenn die Neandertaler keine Menschen wären, sondern zum Beispiel Nagetiere, Antilopen oder Katzen, kein Paläontologe würde davon ausgehen, dass die Neandertaler und wir zu zwei unterschiedlichen Arten gehören, denn die anatomischen Unterschiede sind äußerst gering. Diese Diskussion steht nur im Raum, weil es für viele nur schwer vorstellbar ist, dass auch eine andere Menschenform eine, vielleicht sogar die gleiche Kultur hatte."
Deshalb wird der Neandertaler auch nach 150 Jahren seit seiner Entdeckung weiter Streitobjekt in der Wissenschaft bleiben. Obwohl mittlerweile über 400 verschiedene Funde in der Wissenschat beschrieben und 15 Neandertalerskelette bereits genetisch analysiert wurden, sind noch viele Fragen ungeklärt. Jean-Jacques Hublin ist sich aber sicher, dass die Forschung am Neandertaler auch in den kommenden Jahrzehnten weitergeht. Mit neuen Methoden können immer mehr und bessere Daten gewonnen werden, die das Bild des Neandertalers Stück für Stück vervollständigen.
"Wir müssen noch viel von den Neandertalern lernen, weil sich mit jeder neuen Technik wieder neue Fragen ergeben, die wir uns vorher gar nicht zu stellen trauten, etwa die Frage nach der genetischen Ausstattung der Neandertaler, die wir bald mit unserer vergleichen können. Vor allem können wir dann auch etwas über die Evolution erfahren und nicht nur, welche Veränderungen es gegeben hat, sondern vielleicht auch, warum es sie gab: war es einfach eine Anpassung oder Zufall? Vielleicht können wir eines Tages die ganzen Erkenntnisse aus der Anatomie und Genetik verbinden und dann diese Mechanismen der Evolution tatsächlich verstehen. "