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Gute Prognosen für den Arbeitsmarkt erneuerbare Energien

Der Arbeitsmarkt erneuerbare Energien wächst nach wie vor, sagt Krischan Ostenrath vom Wissenschaftsladen in Bonn. Der Markt entwickle sich immer noch hochdynamisch. Es gäbe dabei auch Schwierigkeiten, vor allem im Bereich der Fachkräfterekrutierung.

Krischan Ostenrath im Gespräch mit Jörg Biesler | 21.06.2012
    Jörg Biesler: Während in Rio der Umweltgipfel der Vereinten Nationen läuft, da schauen wir hier bei "Campus und Karriere" auf Studiengänge und Berufsperspektiven in Umweltschutz und bei den erneuerbaren Energien. Die Energiewende, so könnte man meinen, führt zu einer gestiegenen Nachfrage an Fachkräften, gleichzeitig aber schließen einige Solarunternehmen im Osten des Landes ihre Türen. Krischan Ostenrath ist Fachmann für den Arbeitsmarkt erneuerbare Energien beim Wissenschaftsladen in Bonn. Ich habe ihn vor der Sendung gefragt, ob der Bereich denn weiterhin gute Aussichten bietet.

    Krischan Ostenrath: Das ist ganz eindeutig so. Wenn man sich die Zahlen ansieht, die letzten offiziellen Zahlen, gibt es aus dem Jahr 2012, da liegen wir bei knapp 400.000 Beschäftigten im Bereich der erneuerbaren Energien insgesamt, das teilt sich auf in etwa drei gleichgroße Säulen – der Solarenergie, der Bioenergie und der Windenergie –, und in der Summe wächst dieser Bereich nach wie vor, und man darf davon ausgehen, dass das auch in Zukunft so sein wird. Die Schätzungen laufen jetzt so, dass wir im Jahr 2020 von etwa 550.000 Stellen in diesem Bereich ausgehen können. Es gibt sogar etwas längerfristige Prognosen, die zum Jahr 2030 einen Stand von 700.000 Beschäftigten in diesem Bereich prognostizieren, das wäre dann ungefähr der Stand, den die deutsche Automobilindustrie hat. Das heißt, da ist es nach wie vor eine enorme Dynamik drin, das widerspricht nicht der Tatsache, dass natürlich auch einzelne Unternehmen insolvent gehen können, aber in der Summe entwickelt sich der Arbeitsmarkt erneuerbare Energien hochdynamisch – Klammer auf: mit all den damit verbundenen Schwierigkeiten, vor allem im Bereich der Fachkräfterekrutierung.

    Biesler: Ja, was für Fachkräfte werden denn da eigentlich gebraucht, also in welche Richtung bewegt sich da der Markt, und wie kann man, wenn man jetzt zum Beispiel drüber nachdenkt, ein Studium zu beginnen für den Markt, auch sich passend ausbilden lassen?

    Ostenrath: Die Unternehmen haben in Teilen mittlerweile eine Größe erreicht, wo sie sich zunehmend ausdifferenzieren, und damit entstehen natürlich auch Einstiegsmöglichkeiten, Berufe für Qualifikationsgruppen, die jetzt nicht unmittelbar was mit erneuerbaren Energien zu tun haben. Also ich sage mal, Verwaltungsfachkräfte, Finanzfachkräfte, Managementfachkräfte in diesem Bereich. Das ist aber nicht unbedingt der Bereich, wo die Unternehmen selbst von einem Fachkräftemangel ausgehen. Denn diese Stellen werden mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ordentlich zu besetzen sein, weil man da ja zum Beispiel auch aus anderen Branchen Quereinsteiger rüber holen kann. Schwierig wird das im Bereich der technischen Qualifikationsgruppen. Das heißt, die Einstiegsszenarien für denjenigen, der sich für diesen Bereich interessiert, sind natürlich in den technischen Dimensionen am allergrößten, das heißt, jemand, der sich mit dem Gedanken trägt, ein Ingenieurstudium aufzunehmen oder eine technische Ausbildung aufzunehmen, tut sehr gut daran, sich mit den erneuerbaren Energien zu beschäftigen.

    Biesler: Und wer sich dafür interessiert, der sucht sich am besten einen spezialisierten Studiengang, der genau für sein Fachgebiet, für das er sich interessiert, dann die richtige Ausbildung liefert?

    Ostenrath: Für denjenigen, der sich nun wirklich sicher ist, dass er in diesem Bereich arbeiten möchte, bieten sich mittlerweile immer mehr Hochschulen als Studienstandorte an. Wir sind mittlerweile bei etwa 380 Studiengängen in Deutschland, die sich mehr oder weniger stark auf den Bereich erneuerbare Energien spezialisiert haben. Diese Studiengänge richten sich vor allem an diejenigen, die von vornherein wissen, ja, in diesem Bereich möchte ich später gerne arbeiten. Derjenige, der sich die Optionen offenhalten will, sich aber noch nicht so ganz sicher ist, der fährt auch nach wie vor ganz gut damit, die klassischen Ausbildungswege zu gehen, also den Elektroingenieur beispielsweise, und dann später in der Nachstudienzeit in der Orientierungsphase sich an die Unternehmen der erneuerbaren Energien sozusagen heranzupirschen. Das ist der Bereich der akademischen Ausbildung, und im Bereich der handwerklichen und der gewerblichen Ausbildung ist es etwas schwieriger, weil wir in Deutschland nach wie vor keinen grundständigen Ausbildungsberuf haben, der sich ausschließlich oder schwerpunktmäßig mit den erneuerbaren Energien beschäftigt. Das heißt, die erneuerbaren Energien finden da vor allem in der Weiterbildung und in der Fortbildung statt, was wiederum heißt, dass man eher klassische Berufe und Gewerke erlernen muss, um dann später über Fort- und Weiterbildungen sich für den Bereich der erneuerbaren Energien zu spezialisieren.

    Biesler: Gut sind sie jedenfalls, die Aussichten im Arbeitsmarkt erneuerbare Energien, sagt Krischan Ostenrath vom Wissenschaftsladen in Bonn. Danke schön!

    Ostenrath: Bitte schön! Gern geschehen!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.