Mittwoch, 08. Mai 2024

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"Guten Tag, ich hätte gern einen Kredit für mein Studium"

Was passiert, wenn das Bundesverfassungsgericht im kommenden Jahr Studiengebühren für zulässig erklärt. Wie sollen die Studierenden ihre Hochschul-Ausbildung finanzieren, vor allem dann, wenn sie nicht über finanzkräftige Eltern verfügen können? Unser Autor Kai Toss hat sich eine Legende zugelegt. Alter 22 Jahre, Studienwunsch: BWL, zwei Geschwister, der Vater ist Schlosser, die Mutter Hausfrau. Gibt es eine Bank, die das Studium finanziert?

Von Kai Toss | 13.11.2004
    Der Bedarf ist schnell ausgerechnet. Studiengebühren, WG-Miete und Lebensunterhalt, die Eltern geben 200 Euro dazu - mehr ist nicht drin, der Nebenjob an der Tankstelle bringt auch etwas ein, aber es bleibt eine Finanzierungslücke von 500 Euro pro Monat.

    Das Ganze mal 12 Monate, mal fünf Jahre für´s Studium, macht insgesamt 30.000 Euro. Die müssen also organisiert werden. Anruf bei einem Kreditinstitut, wählen, tuten:

    Die Deutsche Bank, mein Name ist …

    Die Antwort ist ernüchternd. Ohne ausreichende Sicherheiten gibt es keinen Kredit. Der gute Wille zur Rückzahlung zählt nicht. Zweiter Versuch:

    Sparkasse Duisburg, guten Morgen!

    Auch hier - Fehlanzeige. Das Haus hat eine Verpflichtung, sorgsam mit dem Geld der Kunden umzugehen. Klar. Und nun?

    Dritter Anlauf, persönliches Gespräch bei der Dresdner Bank. Marsch durch die riesige Schalterhalle, der Weg führt durch eine Sicherheitstür in den ersten Stock zur Kreditabteilung. Herr Tenbült begrüßt mich. Klaus Tenbült. Er ist zuständig für Kredite und sehr nett. Ich erzähle meine Geschichte, will wissen ob ich Geld bekomme.

    Das werden wir sehen am Ende des Beratungsgespräches. Zunächst werden wir sehen, welche Vorstellung sie haben bezüglich der Ausgaben, die sie während ihres Studiums brauchen. Dann müssen wir am Ende sehen, was wir für sie tun können.

    Ich rechne ihm meinen Bedarf vor. Insgesamt also 30.000 Euro.

    Die Frage ist dann, darüber hinaus natürlich, wie stellen sie sich vor, diese Gelder zurück zu zahlen und wir müssten natürlich auch prüfen, welche Möglichkeiten sie uns geben können, den Kredit, den wir ihnen geben sollen, abzusichern.

    Sicherheiten. Da war er wieder, der wunde Punkt. Abgesehen davon, dass es bei der Bank eigentlich keinen Kredit gibt, der kleckerweise über fünf Jahre ausgezahlt wird, müsste ich als Kunde auch sofort mit der Tilgung und Zinsrückzahlung beginnen. Genau das kann ich aber nicht. Das ist aber auch egal, weil...

    ...die Sicherheitenstellung ist bei ihnen schwierig. Das hatten sie gesagt. Wenn auch sonst kein liquides Vermögen da ist, muss man sagen, würden wir den Kredit so nicht machen können.

    Herr Tenbült hat aber einen Rat, der mir zwar nichts nutzt, aber allen, die in Zukunft zur Welt kommen.

    Man muss frühzeitig anfangen, vorzusorgen, am besten ist es, wenn die Eltern oder Großeltern schon direkt nach der Geburt eines Kindes hier vorsorgen. Wenn wir bei diesem konkreten Fall bleiben.

    Meine Großeltern haben eine kleine Rente und mehrere Enkel, müssen außerdem für Ihre Brille und für Zahnersatz vorsorgen, meine Eltern vor allem für eine zusätzliche Altersvorsorge. Das habe ich dem Herrn Tenbült dann nicht aber mehr gesagt.

    Weiter geht's. Anruf bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Die vergeben so genannte Bildungskredite, erzählt Sonja Höpfner.

    Sie können einen Kredit von uns bekommen, den Kfw-Bildungskredit, allerdings müssen sie dafür erst ihre Zwischenprüfung bestehen. Dann gibt es die Möglichkeit über das Bundesverwaltungsamt einen Kredit zu beantragen, der in monatlichen Raten von 300 Euro ausgezahlt wird.

    Als Studienanfänger nutzt mir auch das nichts. Frau Höpfners Tipp: Jobben und fix studieren. Das Hauptproblem, das wird klar, liegt in der Absicherung der Kredite für Studenten. Woher soll die Bank wissen, dass das Studium erfolgreich abgeschlossen wird, dass Studienanfänger später einen Job bekommen, um den Kredit zurückzuzahlen... In München gibt es zwar einen Bildungsfond, bei dem Mäzene und Stiftungen einspringen, aus dem aber nur ausgewählte Studierende dann ihre Ausbildung vorfinanziert bekommen. Ein anderes Beispiel ist der umgekehrte Generationenvertrag an der Privatuniversität Witten-Herdecke. Dort zahlen Absolventen in den ersten acht Jahren im Job acht Prozent ihres Brutto-Einkommens an die aktuelle Studierendengeneration. Diese und andere Beispiele funktionieren aber nicht flächendeckend. Das Hauptproblem liegt nun einmal in der Absicherung des Risikos. Jutta Wellman ist Sprecherin der Dresdner Bank im Rheinland. Ihre Anregung:

    Es sollte sicher von staatlicher Seite überlegt werden, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, hier in dem ein oder anderen Fall als Bürge aufzutreten.

    Dann und nur dann wären die Banken bereit, im großen Stil Bildungskredite zu vergeben, dann auch an Studierende, deren Eltern keine Häuser oder Aktien als Sicherheit bieten können!