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Guter Bulle, böser Bulle

In dem Broadway-Stück "A Steady Rain" geben sich die Hollywood-Größen Daniel Craig und Hugh Jackman als böser und guter Bulle die Klinke in die Hand. Das Stück ist witzig und hat es in sich - die Eintrittspreise allerdings auch.

Von Andreas Robertz |
    Eine der außergewöhnlichsten Erfolgsgeschichten dieser Tage am Broadway ist das Zwei-Personen-Stück "A Steady Rain" des relativ unbekannten Chicagoer Autors Keith Huff. Mit James-Bond-Darsteller Daniel Craig in seinem Broadway-Debut und dem australischen Schauspieler Hugh Jackman, den viele als den Charakter Wolverine von X-Men vor Augen haben dürften, spielt das Stück jede Woche 1,2 Millionen Dollar ein, mehr als die meisten Musicals. Und dabei ist "A Steady Rain" kein großes Stück. Es erzählt die Geschichte der beiden Chicagoer Streifenpolizisten Joey und Denny, die, seit ihrer Kindheit beste Freunde, sich plötzlich auf verschiedenen Seiten des Gesetzes wiederfinden – und in Liebe zu derselben Frau.

    Der britische Regisseur John Crowley tut genau das, was jeder gute Regisseur mit einer solchen Besetzung getan hätte: er setzt seine beiden Stars auf leerer Bühne auf zwei Stühle - der Boden aus Beton und die große Lampen über den Stühlen lassen an ein Verhörzimmer denken – und lässt sie die Geschichte so pur wie möglich erzählen. Von Zeit zu Zeit erscheinen im Hintergrund halb gemalte, halb plastische Hinterhöfe und Häusersilhouetten, die ein bisschen an einen schön gezeichneten Comic erinnern. Die beiden Schauspieler erzählen ihre Geschichte voller Humor und Tragik und "A Steady Rain" hat viel von den kaputten Heldenstories, die die Amerikaner so lieben. Hugh Jackman spielt den rassistisch, jähzornigen Denny, der seine Familie wie eine Medaille vor sich herträgt, als Aufschneidertyp aus dem amerikanischen Mittleren Westen. Als seine Familie angegriffen wird, reagiert er wie ein verwundetes Tier und wird von seinen Rache- und Schuldgefühlen quasi aufgefressen. Daniel Craig spielt seinen alkoholkranken und vereinsamten Partner Joey. Er ist der "good cop", der Polizist, der das Herz auf der rechten Seite hat und immer wieder alles Mögliche unternimmt, um die Fehltritte seines Freundes zu vertuschen.

    Als er sich in Dennys Frau verliebt, zerbricht das Band zwischen ihnen. "A Steady Rain" ist voll jener Geschichten zwischen Sentimentalität, Gewalt und Schuld, die wir mit Schauspielern wie Robert DeNiro, Harvey Keitel oder Clint Eastwood verbinden. Immer wieder versucht Hugh Jackman alias Denny durch seine nonchalante Art, den scheuen Joey – Daniel Craig ist mit seinem blonden Schnurbart kaum wieder zu erkennen – zu manipulieren und Joey versucht den jähzornigen Denny zu beruhigen. Der Abend lebt von der Chemie zwischen den beiden Schauspielern. Sie erzählen ihre Geschichte die meiste Zeit direkt ins Publikum, nur um dann plötzlich zu dessen Freude aufeinander loszugehen, sich gegenseitig das Wort abzuschneiden, oder beleidigt nachzugeben. Obwohl es – wie die New York Times schrieb – sicher auch andere Schauspieler gibt, die diese Rollen gut gespielt hätten – machen die beiden das richtig gut. Und wenn am Schluss Denny schwer verwundet zu Joey sagt, dass er letztlich daran zerbrochen sei, dass " sie - die Menschen –sie ja unbedingt als übermenschliche Helden haben wollten" –macht es plötzlich auch inhaltlich Sinn, dass zwei Film-Superhelden dieses Stück spielen. Die Schattenseite von "A Steady Rain" ist allerdings, dass der Abend mit Ticketpreisen von 130 – 380 Dollar für viele in die Kategorie unbezahlbar fallen dürfte, also genau jener Kategorie, die - dank der Finanzkrise - kurzzeitig verschwunden zu sein schien.

    Nach einem geradezu frenetischen Beifall, bricht Hugh Jackman den Applaus ab, zieht sein Hemd aus und beginnt mit einem Lächeln sein Unterhemd mit dem Logo der Produktion zu versteigern. Das ist Fundraising auf amerikanisch, denn diese Vorstellung ist dem American Actor`s Fund gewidmet, einer privaten Organisation, die sich um in Not geratenen Schauspieler kümmert und jährlich mehr als 50 Millionen Dollar Spendengelder sammelt. Barbarra Broccoli, die Produzenten der Bond-Filme und Co-Produzentin dieses Abends, hat übrigens die Filmrechte für "A Steady Rain" bereits gekauft. Dann können auch weniger betuchte Menschen diese Geschichte sehen, leider ohne die Unmittelbarkeit, die Theater so aufregend und einzigartig macht. Der Zuschlag für die beiden Unterhemden, inklusive einem gemeinsamen Cocktail und einem Foto, ging am Ende für 8000 Dollar an einen Herrn im Parkett.