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Gymnasiale Oberstufe
Mehr Vergleichbarkeit schaffen

Die Bundesdirektorenkonferenz Gymnasien fordert eine Reform der gymnasialen Oberstufe. Bundesweit müsse es eine einheitliche Qualifikationsphase geben, damit die Abiturprüfungen einem Vergleich standhalten können.

Von Franziska Rattei |
    "Man kann sich kaum vorstellen, wie viele unterschiedliche Regelungen und damit auch Konsequenzen in den Bundesländern damit verbunden sind,"
    sagt Rainer Stein-Bastuck. Er ist der Bundesvorsitzende der Bundesdirektorenkonferenz Gymnasien und saarländischer Vertreter bei der BDK. Stein-Bastuck spielt darauf an, dass sich hinter der Abiturprüfung in ein- und demselben Fach in unterschiedlichen Bundesländern ganz Unterschiedliches verbergen kann. Sein Kollege Ralf Treptow, Vertreter aus Berlin und stellvertretender Vorsitzender, illustriert die Situation an einem Beispiel:
    "Das ist sehr interessant: Das ist für 1.400 Abiturienten in Deutschland ein Fach Geschichte, besucht auf der Grundlage eines zweistündigen Kurses, für 11.900 auf der Grundlage eines dreistündigen Kurses, für 6.000 auf Grundlage eines vierstündigen Kurses und für 9.500 auf der Grundlage eines fünfstündigen Kurses. Gleichermaßen steht da für alle diese Schüler auf dem Abiturzeugnis das Fach Geschichte."
    Einen gemeinsamen Kern finden
    Die Vorgaben der Kultusministerkonferenz reichten nicht aus, so Treptow. Die gymnasiale Oberstufe werde so unterschiedlich ausgelegt, dass von einem einheitlichen oder zumindest vergleichbaren Abitur gar keine Rede mehr sein könne. Ein einheitliches Oberstufensystem werde man wohl nicht fordern können. Aber einen gemeinsamen Kern müsse man schon finden, meint er. Darauf werde dann auch die Entschließung der tagenden BDK hinauslaufen.
    "Wir wollen also sozusagen, dass die Qualifikationsphase, also die vier Semester, die die Abiturzeit umfassen, wieder vergleichbarer werden."
    Momentan bestünden extreme Unterschiede, schon bei relativ formalen Angelegenheiten, sagt auch Peter Haase, ebenfalls stellvertretender Vorsitzender und Bremer Vertreter bei der Bundesdirektorenkonferenz Gymnasien. Manche Bundesländer haben fünf Abitur-Prüfungsfächer, andere vier.
    "Und das ist für Schülerinnen und Schüler schon ein großer Unterschied, ob sie sich in fünf Fächern prüfen lassen müssen oder nur in vieren. Ja, man kann einfach nur sagen: Dahinter verbirgt sich eigentlich ein Prüfungschaos beziehungsweise ein Laufbahnchaos für die Schülerinnen und Schüler."
    Chancengleichheit: Fehlanzeige, so Haase. Es sei schlichtweg ungerecht, dass Schüler in Bremen nicht zwei naturwissenschaftliche Abiturprüfungsfächer wählen könnten, während genau das in anderen Bundesländern möglich sei. Und auch für Eltern stellen die unterschiedlichen gymnasialen Laufbahnen und Abiturprüfungen ein Problem dar; etwa wenn sie von einem Bundesland in ein anderes umziehen, sagt Peter Haase.
    "Gerade hier in Bremen - wir sind ganz von Niedersachsen umgeben. Da wird es einfach schwierig, weil Niedersachsen schon alleine völlig andere Bestimmungen hat. Und das ist in der gymnasialen Oberstufe dann schon schwierig für die Schülerinnen und Schüler, dann vernünftig ihre Schullaufbahn fortzusetzen."
    Hoffen auf Hilfe der Großen Koalition
    Das föderale System hat die Schulpolitik zum Spielball der Landespolitik gemacht - da sind sich die Oberstudiendirektoren in der BDK einig. In ihrer letzten Entschließung haben sie den Bund und die Große Koalition deshalb dazu aufgefordert einzugreifen; gymnasiale Laufbahnen sollten bundesweit vergleichbar sein. Der Bundesvorsitzende Rainer Stein-Bastuck:
    "Wir haben das unter dem Stichwort Chancengerechtigkeit ganz klar eingefordert, aber vonseiten des Bundes keine Reaktion erfahren."
    Ihren Appell, die Bildungspolitik neu zu ordnen, wird die Bundesdirektorenkonferenz also wiederholen müssen. Ihre Hoffnung ist, dass die Große Koalition einen Großteil der Landesregierungen für die Ziele der BDK gewinnen kann.