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H&M will kritischen Betriebsrat loswerden

Der Modekonzern H&M will einem kritischen Trierer Betriebsrat kündigen. Gegen ihn läuft ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht. Ver.di wirft H&M auch in anderen Regionen Hetze gegen Betriebsräte vor. Die Gewerkschaft bemängelt außerdem tarifvertragswidriges Verhalten des Unternehmens.

Von Ludger Fittkau | 30.05.2013
    Damiano Quinto ist ein besonders erfahrener Betriebsrat bei der schwedischen Modekette H&M. Schon seit 1999 ist er auf mehreren Ebenen als Arbeitnehmervertreter engagiert: als Betriebsratsvorsitzender der Trierer Filiale, im deutschen Gesamtbetriebsrat, sogar im europäischen Betriebsrat von H&M. Gerade deswegen wolle man ihn wohl loswerden, vermutet Jürgen Rinke-Oster von der Gewerkschaft ver.di:

    "Er ist im Prinzip freigestellt für Betriebsratstätigkeiten, übt dieses Amt sehr engagiert aus. Kennt sich auch intern sowie im Tarifvertragsrecht gut aus, sodass H&M hier natürlich hier einen Mitstreiter auf der anderen Seite hat, den sie gerne los sein würden. Weil sie wirklich befürchten, dass er mit den Kenntnissen, die er hat, für die Arbeitnehmer deutlich mehr herausholt als jemand mit weniger Kenntnissen."

    Für ein Interview stehen weder Damiano Quinto noch ein Vertreter von H&M zur Verfügung. Die Hamburger Pressesprecherin der Modekette verweist auf das laufende Arbeitsgerichtsverfahren gegen den Betriebsrat und antwortet per E-Mail.

    "Auf laufende Verfahren möchten wir auch zum Schutz des Mitarbeiters nicht im Einzelnen eingehen. Diesbezüglich fand bereits ein Austausch mit der zuständigen Gewerkschaft statt."

    Der zuständige Gewerkschafter Jürgen Rinke-Oster schüttelt den Kopf. Zwei Briefe habe man H&M geschrieben und vorgeschlagen, die Angelegenheit außergerichtlich zu klären. Die letzte Antwort, in der das Unternehmen das ablehnte, stammte aus dem Februar 2013, so der Gewerkschaftssekretär:

    "Seitdem haben wir keine Antwort mehr. Es gab mal ein kurzes Telefonat eines Pressesprechers, aber der hat nicht auf Augenhöhe mit uns diskutieren können. Der konnte nur das sagen, was Geschäftsführung ihm vorgibt. Und ich denke, wenn man eine Lösung haben will, muss man mit jemandem am Tisch sitzen, der auch eine Lösung herbeiführen kann. Und da ist offensichtlich Funkstille und da müssen nun die Rechtsanwälte sich nun mit viel Geld austauschen."

    400 Filialen betreibt der schwedische Modekonzern H&M in Deutschland. In 113 der Läden gibt es einen lokalen Betriebsrat. Die Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Unternehmen sei in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle vertrauensvoll und konstruktiv, behauptet H&M. Jürgen Rinke-Oster von ver.di sieht das ganz anders. Vor allem Gesundheitsschutz und Gesundheitsprävention spielten bei H&M im Arbeitsalltag kaum eine Rolle, so der Gewerkschaftssekretär. H&M wolle etwa tarifvertragswidrig total flexible Arbeitnehmer, die bei Handyanruf jederzeit sofort in den Betrieb eilen. Weil der Trierer Betriebsrat Damiano Quinto das nicht akzeptiere und auf die Einhaltung des Tarifvertrags poche, sei er H&M lästig, so ver.di-Sekretär:

    "Sie möchten die absolute Flexibilität. Sie möchten Arbeit auf Abruf haben. Als das, was nach unserem Tarifvertrag nicht möglich ist. Der Tarifvertrag sieht bei uns vor, dass eine im Voraus planbare Freizeit vorhanden und auch vereinbart werden muss. Und das stört H&M, weswegen sie Betriebsräte, die sich streng an Tarifverträge halten wollen, wie in diesem Beispiel, mit einer Kündigung bedrohen."

    H&M weist das zurück. Grundsätzlich schätze man engagierte Betriebsräte, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des Unternehmens. H&M wolle weder eine Benachteiligung noch eine Bevorzugung von Betriebsräten dulden.

    Die Gewerkschaft ver.di sowie die Katholische Arbeitnehmerbewegung in Trier befürchten jedoch, dass die Kündigung des Trierer H&M-Betriebsrats Damino Quinto Schule machen könnte. Deshalb sammeln sie Unterschriften vor der Trierer H&M-Filiale. Mehr als 1000 sind schon zusammengekommen. Bis zum Arbeitsgerichtstermin am 18. Juni soll die Aktion weitergehen.