Sein einziges Streichtrio entstand 1945 im Auftrag der Coolidge-Stiftung. Abgesehen davon, dass Villa-Lobos mit der Dreistimmigkeit ausgesprochen souverän umging, freilich auch der Doppelgriffe genug notierte, stellt dieses Werk so etwas wie ein Kompendiums seines Personalstils dar. Darin spielen polyphone Prozesse eine entscheidende Rolle. Doch immer wieder ist es ein schwer fassbares rhapsodisches Element, das diese Musik ausmacht, das sie vorantreibt und eigentlich Gestalt gewinnen lässt. Und hier liegen die Stärken der vorliegenden Einspielung. Das Deutsche Streichtrio - Hans Kalafusz, Jürgen Weber und Reiner Ginzel - erzählt die Stücke und besonders das Trio mit großer Intensität. Das hat Ton für Ton Bedeutung. Und doch wird eine gewisse Leichtigkeit gewahrt. Da haben sie völlig Recht. Villa-Lobos will ernst erzählt sein, aber ohne jeden falschen Drücker. Zugleich sind die Veränderungen des Tonfalls, die sich im Verlauf des Erzählens ergeben, Bestandteile des kompositorischen Prozesses. In all diesen Dingen wahrt das Deutsche Streichtrio eine kluge Balance. Es ist übrigens ein sehr europäischer Blick, den die drei auf Villa-Lobos werfen. Hören Sie den ersten Satz aus dem Streichtrio von 1945, Allegro. * Musikbeispiel: H. Villa-Lobos - 1. Satz 'Allegro’ aus: Streichtrio Das war das Deutsche Streichtrio mit dem 1. Satz aus dem Streichtrio von Heitor Villa-Lobos, eingespielt für das Versandlabel cpo.
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H. Villa Lobos: "String Trio & Duos"
Heitor Villa-Lobos, der bis 1959 lebte, wird in Europa gern auf die Momente von Folklore reduziert, die ja tatsächlich für sein Œuvre auch von erheblicher Bedeutung sind. Aber Villa-Lobos ist wahrhaftig mehr als nur Folklore plus Bach; er ist auch mehr als nur ein paar Bachianas brasileiras nebst einiger Hände voll Preludes und Chôros für Gitarre. Doch schon sein hinreißend poetischer, allerdings auch eminent schwerer Klavierzyklus "A prole do bebé" wird kaum einmal gespielt. Und wann hört man schon einmal eines seiner Streichquartette?